Wie sich die aktuelle Situation bei Bitcoin und Co. wirklich darstellt
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Plötzlich, wie aus dem nichts, bricht der Bitcoin (BTC) mal wieder ein. Notierte er zum Monatswechsel Juni/Juli noch bei knapp 64.000 USD, sind es heute, wenige Tage später, nur noch rund 54.000 USD. Dies entspricht einem Kursverlust um circa 15 %. Viele Altcoins erwischt es, wie fast immer, noch deutlich härter. Und natürlich kommen sofort diejenigen, die nun – hinterher – alles vorher schon gewusst haben wollen, aus ihren Löchern gekrochen.
"Hier sind mal wieder die Zocker am Werk!", "Der intrinsische Wert von Bitcoin ist halt null!" und "Ich habe doch gewusst, dass das nichts wird!" hört man nun aus vielen Ecken. Meines Erachtens Zeit, die Situation mal nüchtern zu analysieren. Wenn man das tut, stellt man schnell fest: Ja, der Bitcoin und noch mehr die Altcoins sind zuletzt heftig unter Abgabedruck geraten. Und ja, das ist nicht schön. Aber...
Schaut man sich mal an, was so einige Aktien zuletzt vollbracht haben, sind die Kursbewegungen bei den meisten Kryptos, besonders den größeren, auch nicht viel extremer. Der Bitcoin mag rund 15 % in wenigen Tagen verloren haben. Eine Aktie wie Alfen hat aber kürzlich, infolge einer erneuten Gewinnwarnung, sogar 40 % an nur einem einzigen Tag verloren. Die Anteilseigner von Alfen hätten wohl immer noch lieber in Bitcoin (anstatt in Alfen) investiert.
Was sind die Gründe für den aktuellen Kursrutsch?
Allerdings hatte man bei Alfen einen konkreten Grund für das Kursmassaker, nämlich eine (erneute) Gewinnwarnung. Was aber ist der Grund oder was sind die Gründe für den Ausverkauf von Bitcoin und Co.? Nun, wenn man sich durch die Weiten des Internets klickt, werden zwei, drei Gründe genannt. Allerdings halte ich diese für wenig stichhaltig. Gehen wir sie mal durch!
Grundsätzlich wird zuerst einmal immer wieder angeführt, dass kurzfristig eine Menge Bitcoins auf den Markt geworfen würden. Einerseits durch die Auszahlung von Bitcoins an einst geschädigte Anleger von MtGox (MtGox war seinerzeit die weltgrößte Krypto-Börse und schlidderte dann, angeblich weil durch einen Hack Bitcoins unbemerkt gestohlen wurden, in die Insolvenz!) durch den Insolvenzverwalter von MtGox.
Andererseits durch das Bundeskriminalamt (BKA), das insbesondere durch den Fall Movie2k.to einige tausend Bitcoins konfiszieren konnte – und diese nun verkauft. Zu guter Letzt wird dann auch die weltweit restriktivere Geldpolitik der Notenbanken als Grund genannt. Auf den ersten Blick mag dies alles logisch erscheinen. Schaut man aber genauer hin, entpuppt sich das meistens als Quatsch.
So werden nicht alle Anleger, die durch den MtGox-Insolvenzverwalter Bitcoins zurückerhalten, diese umgehend und sofort auf den Markt werfen. Natürlich werden hier ein paar Bitcoins verkauft, aber doch nicht alle 142.000 Stück. Bisher wurde zudem noch so gut wie gar nichts verkauft. Die Kurse sind aber schon gefallen, wohl in vorauseilendem Gehorsam?
Gleiches gilt für die wohl rund 50.000 Bitcoins des BKA. Hier hat es zwar, immerhin, erste Verkäufe gegeben. Aber nicht in dem Umfang, als dass sie den Kursrutsch auch nur ansatzweise erklären könnten. Generell gilt ohnehin, dass ein Verkäufer doch aufpassen muss und wird, dass er sich nicht die eigenen Kurse kaputt macht, in dem er wie ein Elefant im Porzellanladen auftritt.
Übergeordnet muss man zudem konstatieren, dass es in den beiden Fällen zusammengenommen letztlich um 192.000 Bitcoins geht, die aktuell einen Gesamtwert zwischen zehn und elf Milliarden USD aufweisen. Das tägliche Handelsvolumen, allein von Bitcoin, lag zuletzt jedoch bei über 50 Milliarden USD. Mit anderen Worten: Der Markt könnte und kann das problemlos und sogar relativ schnell absorbieren.
Fokus auf die US-Geldpolitik
Bliebe noch der Grund einer weltweit restriktiveren Geldpolitik. Das Problem ist nur, dass wir tatsächlich weltweit seit einiger Zeit eine restriktivere Geldpolitik gesehen haben. Zuletzt sind die Notenbanken allerdings reihenweise umgeschwenkt, selbst die EZB hat ja erstmals die Leitzinsen gesenkt. Ja, in den USA ist das noch anders. Aber die US-Wirtschaftsdaten haben sich zuletzt zunehmend verschlechtert.
Erwartete man über den Jahreswechsel 2023/24 noch sechs bis sieben Zinssenkungen der US-Notenbank (um jeweils 0,25 %), war es zuletzt keine bis maximal eine. Inzwischen bildet sich ein Konsens von eher ein bis zwei Zinssenkungen heraus, wobei die Mehrheit sogar wieder zwei sieht. Ich würde mir sogar drei noch in diesem Jahr wünschen, aber das steht auf einem anderen Blatt.
De facto war und ist es zwar tatsächlich so, dass der Bitcoin ein sehr guter Tracker der US-Geldpolitik war und ist. Aber diese könnte doch schneller wieder lockerer werden als zuletzt von vielen gedacht. Das aber müsste die Kurse von Bitcoin und Co. dann ja eher stützen. Somit fällt selbst dieses Argument ein wenig in sich zusammen. Wenngleich ich denke, dass wir hier tatsächlich einem Grund auf der Spur sein könnten.
Anleger an den Krypto-Märkten spielen geldpolitischen Fehler
Der einzige Grund, warum die Kurse derzeit fallen, ist simpel. Es gibt derzeit mehr Angebot als Nachfrage. Dabei ist das Angebot kurzfristig gar nicht mal extrem gestiegen. Aber nachdem zuletzt im Zuge der Einführung von Bitcoin (Spot) ETFs viel Geld in den Bitcoin hineingeflossen ist, fehlt nun ein wenig die Nachfrage. Denn jeder, der kaufen wollte, hat eben schon gekauft. Was wir sehen, ist somit schlicht ein kurzfristiger Käuferstreik.
Dabei könnte der Bitcoin jedoch letztlich seinem Ruf als perfekter Tracker der US-Geldpolitik wieder gerecht werden. Denn die Anleger an den Krypto-Märkten scheinen, anders als die Anleger an den Aktienmärkten, viel stärker einen geldpolitischen Fehler der US-Notenbank zu sehen und einzupreisen. Ich hatte zuletzt einige Beiträge geschrieben, in denen ich – wie ja gerade auch – darauf hingewiesen hatte, dass die US-Wirtschaft in Richtung Rezession taumelt und die US-Notenbank schnell handeln sollte. Was sie bisher jedoch noch immer zu verweigern scheint.
Käme es zu einem solchen geldpolitischen Fehler, würde das womöglich auch Schockwellen durch die Aktienmärkte schicken können. Was dann aber wohl sehr schnell die US-Notenbank wieder auf den Plan rufen würde. Besser wäre natürlich, wenn es gar nicht erst zu einem solchen Fehler käme. Aber ehrlicherweise war und ist der "Track Record" der US-Notenbank in diesem Fall eher schlecht. Es wäre also durchaus möglich, dass die Anleger an den Krypto-Märkten die schlaueren Anleger sind.
Klarer Fahrplan im TAK, der bis dato aufgeht
In meinem Trading-Service TAK (für: Technologie-Aktien und Krypto Trading-Service) habe ich einen klaren Fahrplan gehabt und kommuniziert. Mir gefiel nicht, dass zuletzt so viele Anleger und "Experten" sich so bullish zu Bitcoin und Co. geäußert hatten. Kursziele von 200.000 USD, bis hoch zu mehreren Millionen USD, machten bekanntlich die Runde. Besonders nach dem Bitcoin-Halving sollten die Kurse durch die Decke gehen.
In der Vergangenheit war das jedoch eher anders. Der Kurs des Bitcoin stieg bis zum Halving und fiel anschließend eher zurück. Ja, der aktuelle Zyklus ist – durch die Einführung der Bitcoin (Spot) ETFs – etwas verzerrt worden. Aber grundsätzlich passt er eben noch immer. Darum warnte ich auch vor kurzfristig zu viel Euphorie und hielt Rücksetzer von 20 % (bis 25 %) nach dem Halving für gut möglich. Jetzt rechnen wir mal!
Das Top nach dem Halving lag um 74.000 USD. -20 % von 74.000 USD und wir wären bei 59.200 USD, -25 % von 74.000 USD und wir wären bei 55.500 USD. Aktuell notiert der Bitcoin zwischen 54.000 und 54.500 USD. Ein wenig mehr nach unten ist durchaus noch möglich, denn charttechnisch liegen stärkere Supports zwischen 50.000 und 52.000 US-Dollar. Aber das wäre durchaus noch im Bereich der Toleranz, was die sehr volatilen Kryptos betrifft.
Wiederholt sich der Zyklus so, wie es bis dato immer war, fallen wir jetzt also noch ein wenig weiter. Dann aber sollten sich die Kurse zunächst stabilisieren sowie langsam zu steigen beginnen. Gegen Ende des Jahres, spätestens um den Jahreswechsel herum, sollten sie dann stärker steigen, der nächste Bullrun würde beginnen. Zunächst wohl, wie immer, angeführt vom Bitcoin. Aber dann immer mehr auch von den zurzeit verpönten Altcoins.
Auf solche Schmerzen kann man Anleger leider nicht adäquat vorbereiten!
Der im TAK vorgestellte Fahrplan geht also grundsätzlich weitestgehend auf, auch wenn der ein oder andere im TAK das bestreitet. Was meines Erachtens jedoch an den Schmerzen liegt, die der aktuelle Kursverlauf (investierten) Anlegern eben bereitet. Konkret auf solche Schmerzen vorbereiten kann man Anleger jedoch nicht wirklich. Denn grau ist alle Theorie, man muss das in der Praxis schon miterlebt haben. Einige TAKler, sowie natürlich auch ich, haben das schon. Aber viele eben noch nicht.
Letztlich hilft aber alles nichts. Kein Geringerer, als André Kostolany, sagte einmal: "An der Börse gemachtes Geld ist immer Schmerzensgeld; erst kommen die Schmerzen, dann das Geld!". Auch wenn Kostolany wohl kein Freund der Kryptos gewesen wäre, trifft dieser Spruch hier noch stärker zu als an den Aktienmärkten. Auch wenn es nicht einfach ist, bereiten wir uns im TAK derzeit auf (Nach)Käufe vor. Denn nur wer die Dips jetzt nutzt und gezielt einkauft, wird am Ende belohnt.
So haben wir seinerzeit im TAK ja auch (nach)gekauft, als es zur Pleite von FTX kam. Seinerzeit gab es den Bitcoin übrigens um 15.000 USD. Wer damals mutig war, kann daher heute lachen. Selbst dann, wenn die Kurse eben mal zwischenzeitlich von 74.000 USD über 64.000 USD auf 54.000 USD fallen – und womöglich auch noch einen Tick tiefer!
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Herzlichen Dank lieber @Sascha Huber!
Mal wieder ein sehr gelungener und vor allem hilfreicher Artikel!
👍🙏
Noch ne Frage/Einschätzung vom Experten @Sascha Huber:
Hätte der deutsche BTC-Verkauf nicht eeeeetwas subtiler und trachierter verlaufen können? Es ist zwar nur ein Faktor, aber ich habe den Eindruck, dass es mit wenig Marktsensibiltät erfolgt so grazil wie ein "Elefant im Porzellanladen". Btw: Da es vermutlich Bundes- und Landeshaushalte konsolidieren wird, hätte ich persönlich auch in Seitwärts- und Konsolodierungsphase verkauft. Und es noch angekündigt, dass ich möglichst nah am Boden verkaufe ↘ 😲
Danke, sehr schöner, rationaler Beitrag!
Wenn man die erwähnten multiplen Einflussfaktoren bedenkt, ist die BTC Konsolodierung im Rahmen. Wer sich an seinen eigenen "mentalen Fahrplan" hält und nicht von hunderten Hyper-Szenarien von "Das ENDE ..." bis "500.000 €BTC in X Wochen" framen lässt, kann das auch ohne Herzkammerflimmer aussitzen und nachkaufen.
Und das Altcoins spekulativer sind gerade bärisch massiver einbrechen, sollte ebenso kein Wunder sein. Bei BTC/ETH und Solana und den Rest fasse ich in die Kategorie "alles kann, nichts muss".
Meine Selbstkonditionierung und Psychologie in der aktuellen Phase: Jede Stunde ins Krypto-Depot schauen hrenzt an Masochismus. Meiner Einschätzung nach werde die größeren Schmerzen diejenigen haben, die jetzt Panikverkäufe tätigen (ausgenommen natürlich immer Daytrading, persönliche Verhältnisse und Risikomanagement etc.)
Ich wünsche allen eine kurze Leidenszeit und wieder grüne Vorzeichen!!!