Nachricht
19:36 Uhr, 10.04.2002

Wie schätzen Analysten die Entwicklung ein?

Nach Meinung von SG Cowen werden die Investitionsausgaben der Carrier im ersten Quartal nocht nicht ihren Boden erreichen. Im zweiten Quartal soll sich die Situation und Bereitschaft zur Ausgabenerhöhung eher noch weiter verschlechtern. Gespräche mit Unternehmenskontakten hätten ergeben, dass die Services weiterem Preisdruck ausgesetzt sein werden und somit auch die Investitionen zurückgehalten werden dürften. Auch wenn im ersten Quartal ein Boden erreicht würde, sei weiterhin Vorsicht angebracht, so die Experten der Investmentbank.


Stephen Massocca, Präsident und Head of Trading bei Pacific Growth Equities, sieht eine Belastung durch hauptsächlich zwei Sachverhalte.

Zum einen konnte man bisher an den Anschluss der Konjunkturerholung keine Erholung der Gewinne der Unternehmen beobachten.

Zum anderen würden die Investoren sich davor fürchten, dass anstehende Zinserhöhungen den ansteigenden Gewinnen der Unternehmen das Momentum nehmen könnten.

"Aber es gibt große Mengen von monetären Stimuli um diese beiden Fragen auszuräumen," so Massocca. "Die Berichtssaison für das erste Quartal wird ein Test für den Markt werden."


Tobias Levkovich, der leitende Aktienstratege in der institutionellen Abteilung von Salomon Smith Barney, sieht eine aktuelle Trendentwicklung an den Aktienmärkten, wie er sie erwartet hatte.

Der positive Trend im produzierenden Sektor ermöglichte so Unternehmen wie 3M, DuPont, General Motors und Maytag, positive Vorankündigungen auf ihre Quartalsergebnisse auszusprechen. Allerdings haben Unternehmen, die auf eine Erholung der Invesitionen anderer Unternehmen angewiesen sind, wie PeopleSoft, McData und CheckPoint, hätten enttäuscht.

Eine Konjunkturerholung läuft laut Levkovich die folgenden Schritte ab: Verbraucher geben Geld aus, in Folge gehen die Lagerbestände zurück und müssen durch erhöhte Produktion wieder aufgefüllt werden. Wenn sich die Gewinne wieder erholen fangen die Unternehmen an, größere Summen zu investieren.

Levkovich erwartet im ersten Quartal erstmals wieder einen Jahr-über-Jahr Zuwachs bei den EPS (Gewinn je Aktie) Zahlen des S&P 500 Index. Die Investitionen der Unternehmen würden allerdings erst im vierten Quartal wieder nennenswert wachsen.

Der Salomon Stratege warnt davor, auf angebliche "Schnäppchenjagd" bei Aktien wie Lucent, JDS Uniphase oder Nortel zu gehen, ferner sieht es es als gefährlich an, die scheinbar günstigen Bewertungen im Healthcare-Sektor zu kaufen. Hier könnte sich eine "Wertfalle" für den Investor verstecken, da sich die Aussichten für den Sektor weiterhin eintrüben.

Levkovich möchte sich noch nicht vom Industriesektor abwenden und bevorzugt weiterhin Aktien wie Deere oder Ingersoll Rand, hieß es.

Levkovich sieht eine nicht sehr große Gefahr durch den Nahostkonflikt. Der Markt solle nicht auf jede "Nuance" der neuen Entwicklungen aus Nahost achten, sondern vielmehr stünde die Erholung der Wirtschaft im Vordergrund, so Levkovich wörtlich.


Die beiden führenden Kreditratingagenturen Moody´s und S&P´s warnten davor, dass die Kreditwürdigkeit der Unternehmen selbst bei einem Wirtschaftsaufschwung sich nur geringfügig verbessern könnte.

Steigende Umsätze alleine reichten nicht aus, um die Gewinne wieder in die Höhe zu treiben. Man habe in den 90er Jahren eine exzessive Investment- und Schuldenpolitik betrieben und trage jetzt die Konsequenzen, meinte ein Volkswirt von Moody´s.

Seine Agentur stehe kurz davor, 80 Unternehmen im Q1 im Rating abzustufen und nur 10 Unternehmen ein besseres Rating zu verleihen, da die Unternehmenssituation oftmals von Ineffizienzen und schwache Margen geprägt sei. Derart schlecht habe es für Unternehmen zuletzt im Frühjahr 2000 ausgesehen, so ein Sprecher.

Auch Standard & Poors gaben an, im Q1 bislang mehr als 5mal so viele Unternehmen abgestuft wie aufgestuft zu haben.


Die Experten der Investmentbank Thomas Weisel sind der Meinung, dass der Technologie Sektor am Anfang einer Erholung zurückbleiben werde, so wie er die Rezession einleitete. Zuerst müssten sich die Unternehmensgewinne erholen, dann könne auch die Investitionstätigkeit im IT Bereich folgen. Das Problem sei die Überinvestition der Jahre 1998-2000 und der Einbruch der Nachfrage im Endverbraucher Markt.

Daher schätzen die Analysten Unternehmen und die jeweiligen Aktien umso aussichtsreicher ein, umso weniger das Tech-Unternehmen vom Endverbraucher abhängig ist. Beispielhaft werden KLA-Tencor, Broadcom, Cirrus Logic, Taiwan Semi. und Amkor Techn. angeführt.


Der US-Aktienstratege Richard Bernstein von Merrill Lynch äußerte sich heute pessimistisch zu Aktien aus den Bereichen Technologie und Telekommunikation. Diese seien in den nächsten Wochen unterzugewichten, da die Bewertung zu hoch sei und die Wachstumsaussichten eher dürftig ausfallen würden.

Eine gute Chance sehe er hingegen bei diversen Konsumwerten und Aktien aus den Bereichen Gebrauchsgüter, Industrie, Energie und Pharma. Hier sei die Bewertung noch recht günstig, außerdem hätten sich Anzeichen einer Bodenbildung manifestieren können.


Für den Analysten Alexander Paris von Barrington Research kam die jüngste Schwäche im Technologiesektor "nicht wirklich unerwartet". Zurückzuführen sei sie auf die enttäuschenden Gewinnwarnungen der Unternehmen sowie auf die steigenden Spannungen im Israel-Konflikt.

Kurzfristig sieht der Markt nach seiner Einschätzung "sehr konfus" aus, doch dürfe man nicht vergessen, dass man am Fuße eines wirtschaftlichen Aufschwunges stehe und die Gewinnsituation der Unternehmen sich noch nicht verbessert habe, aber kurz davor stehe.

Zwar könne der Konflikt im nahen Osten für erhebliche Emotionen sorgen, die daraus resultierenden Kursverluste sollten dann aber als Kaufgelegenheiten wahrgenommen werden.


Der Finanzsekretär für internationale Angelegenheiten John Taylor verkündete heute daß selbst ein stark steigender Ölpreis nicht an seiner Prognose eines 3%igen Wirtschaftswachstums in diesem Jahr in den USA rütteln könne.

Diese Bemerkungen tätigte der Experte vor seiner Abreise nach Moskau, wo er sich mit Bankenvertretern treffen wollte.

Der Ölpreis ist am Montag deutlich gestiegen nach dem der Irak angekündigt hatte, aus Protest gegen die westliche Palästina-Politik seine Ölexporte mit sofortiger Wirkung einzustellen.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen