Wie man mit Dummheit den Index schlägt
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Erwähnte Instrumente
Smart-Beta-ETFs sind die neuen Wunderwaffen der ETF-Anbieter. Die Idee hinter den neuartigen Produkten: Man investiert nicht mehr in einen Index, in dem die Aktien nach ihrer Marktkapitalisierung ausgewählt und gewichtet werden, sondern man investiert in einen Korb von Aktien, bei dem sich die Zusammensetzung nach Kriterien bestimmt, die langfristig eine Überrendite erzielen sollen.
Ein solcher Ansatz, bei dem vielversprechende Aktien nach bestimmten quantitativen Kriterien ausgewählt werden, wird auch als "Factor Investing" bezeichnet. Ein bekannter "Factor" ist zum Beispiel "Value", bei dem gezielt unterbewertete Aktien ausgewählt werden, oder "Momentum", bei dem Aktien ausgewählt werden, die in der Vergangenheit eine besonders gute Performance gezeigt haben.
Doch viele der Smart-Beta-Produkte halten nicht, was sie versprechen. Insbesondere ist von der angestrebten Überrendite gegenüber dem jeweiligen Vergleichsindex in der Realität oft nichts zu erkennen. Das ist auch dem Aktienstrategen Vincent Deluard aufgefallen, der laut Bloomberg in der Vergangenheit eigentlich ein großer Anhänger von Smart-Beta-Strategien war.
Da inzwischen immer mehr Anleger auf die "smarten" Strategien setzen, funktionieren sie offenbar immer schlechter. Um das zu beweisen, entwickelte Vincent Deluard zwei eigene Indizes, einen "SMART" und einen "DUMB" Index. Im SMART-Index sind die Aktien enthalten, die in fünf populären Faktor-ETFs auf den S&P 500 enthalten sind. Die Aktien in diesen fünf Faktor-Produkten zeichnen sich zum Beispiel entwededer durch ein hohes Momentum, eine geringe Volatilität, eine hohe Unternehmensqualität oder eine attraktive Dividendenrendite oder Dividendenhistorie aus.
In seinen DUMB-Index packte Deluard laut Bloomberg die rund 200 Aktien aus dem S&P 500, die in keinem der Smart-Beta-ETFs zu finden waren. Es handelt sich also um die Aktien, die von Smart-Beta-Anlegern links liegen gelassen werden.
Das überraschende Ergebnis des Experiments: In den rund anderthalb Jahren, in denen die beiden Indizes bisher berechnet wurden, hat ausgerechnet der DUMB-Index um rund zwei Prozentpunkte besser performt als der SMART-Index. Klug war also gerade der Anleger, der gezielt auf die Aktien setzte, die von den "smarten" Anlegern ignoriert wurden. Man könnte auch sagen: Die Aktien der "dummen" Anleger waren besser als die Aktien der "smarten" Anleger.
Ein ganz ähnliches Ergebnis zeigt auch ein Beispiel aus Deutschland. Der Index "QIX Deutschland" soll zum Beispiel "die 25 besten deutschen Aktien" identifizieren. Um die Indexbestandteile auszuwählen, werden zahlreiche betriebswirtschaftliche Größen und Finanzkennzahlen ausgewertet.
Doch das Ergebnis ist enttäuschend: Seit Auflage des Index im Februar 2016 haben die Qualitätsaktien nicht etwa besser performt als der DAX, sondern schlechter. Das zeigt der folgende Chart, in dem die QIX-Performance dem DAX gegenübergestellt wird.
Qualität hat sich also in dem gezeigten Beispiel keineswegs ausgezahlt. Stinknormale Aktien oder sogar besonders "schlechte Aktien" schlagen mitunter die nach besonderen Qualitätskriterien ausgewählten Aktien, so ein überraschendes Ergebnis aus der Praxis.
Die gezeigten Beispiele bedeuten nicht, dass Smart-Beta-Strategien grundsätzlich nicht funktionieren. Über lange Zeiträume haben zum Beispiel bisher Value- und Momentum-Strategien tatsächlich eine Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt gezeigt. Aber diese Tatsache ist eben keine Garantie dafür, dass das auch in Zukunft der Fall sein muss und schon gar nicht, dass innerhalb eines begrenzten Zeitraums diese Outperformance auftreten muss.
Ganz im Gegenteil: Zumindest in den letzten Jahren hat es sich gelohnt, ausgerechnet auf die Aktien zu setzen, die von den smarten Anlegern links liegen gelassen wurden. Vincent Deluard glaubt sogar, dass die Smart-Beta-Strategien letztlich wegen ihres Erfolgs scheitern müssen. "Wenn es jeder macht, wird es nicht mehr funktionieren", ist sich Vincent Deluard sicher.
"Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln", sagt der Volksmund. Auch an der Börse gilt das – jedenfalls manchmal.
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Der Artikel dürfte Betschi aber weniger gut gefallen... ;)
Toller Artikel, Oliver!
Die Beobachtung bestätigt eine zentrale Regel der antizyklischen Vorgehensweise: Fast immer lohnt es sich, genau diejenigen Aktien genauer unter die Lupe zu nehmen, die keiner haben will.
Aktuell fällt mir nur ein Sektor ein, der mittelfristig alle anderen hinter sich lassen dürfte...
Vielen Dank, sehr guter Art. Gerne mehr davon.
vincent deluard hat mit seiner schlussfolgerung natürlich recht.
aber das ist nichts neues!
es war schon seit jahrzehnten so, dass fonds, die anfänglich oder über einen kürzeren zeitraum von zwei oder drei jahren gesehen besonders gut abschnitten, weiteres anlagekapital anziehen.
durch dieses frische geld wird der bisherige erfolg verwässert und zwingt die fondsmanager zudem noch zu neuen investments, und zwar zu den dann aktuellen bewertungen.
irgendwie und/oder ungefähr vergleichbar mit altaktionären, die sich an einer kapitalerhöhung nicht beteiligen bzw. nicht beteiligen können.
deren dividendenrendite wird bei gleichbleibender absoluter ausschüttungshöhe im folgejahr sinken.
die hier mehrfach gemachte aussage bezüglich der bewertung von fonds, sich deren entwicklung über einen längeren zeitraum anzuschauen, sollte jeder, der in fonds investieren möchte, befolgen..
noch eine anmerkung von mir "OFF TOPIC":
die werbung von nick knauff in den beiden chatrooms ist nicht mehr zeitgemäß! 😀 😉
Ein paar Verständnisfragen drängen sich mir als Laie dann doch auf:
- auf welche "Smart-Beta-Produkte" beziehen Sie sich genau?
- geht es Ihnen um alle Faktorprämien in Summe oder zielt der Artikel auf eine bestimmte wie "Value" ab?
- stützen Sie Ihre Aussage "viele der Smart-Beta-Produkte halten nicht, was sie versprechen" auf eine einzelne Expertenaussage oder können Sie konkrete Zahlen, Fakten, Daten anführen?
Das Faktorprämien über kurze Zeiträume nicht zuverlässig ausbeutbar sind und auch auf kurzen Zeitebenen schwanken ist verständlich. Wären sie zuverlässig vorherzusehen würden es keine Überrendite geben. Zeiträume von 1,5 Jahren dürften nur sehr bedingt aussagekräftig sein.
Netter Artikel aber wenig konkret.
Mein Kompliment, Fakten glasklar formuliert. Bitte mehr davon.
Interessant wäre zu lesen welche Werte der Autor als ausgewiesener Anlagestratege derzeit aussichtsreich für ein stock picking hält...
👍
ich muss schon sagen: Unter der Vielzahl von Godmode-Autoren sticht besonders Herr Baron mit seinen Beiträgen positiv heraus.
Immer wieder sehr interessante Fakten, Gedanken und Ideen, die man selten so findet.
Danke dafür Herr Baron!