Kommentar
18:07 Uhr, 21.03.2007

Wie man das Rennen um Tradingprofite gewinnt

Als Psychologe und Trader denke ich über ein Frage noch viel öfter nach, als über alle anderen. Worin unterscheiden sich die sehr erfolgreiche Trader von anderen? Inspiriert durch die Erfahrungen in der Arbeit mit Tradern, die konstant einen sechs oder siebenstelligen Betrag verdienen, begann ich ein Research-Programm in jedem Leistungsbereich, den ich finden konnte – Athletik, Schach, bildende Künste, Medizin, und das Elitemilitär – um zu erfahren, was die Experten antreibt.

Die These ist simpel. Trading ist eine Performanceaktivität, und Expertise im Trading kann durch denselben Prozess entwickelt werden, der auch zu Eliteperformance bei Athleten, Soldaten, Musikern und Schachgroßmeistern führt.

Dies bedeutet, dass wesentlich mehr notwendig ist, als ein gutes Set an Indikatoren und die Aufrechterhaltung eines Positiven Gedankenmusters. Eliteperformance ist eine Funktion eines sich fortsetzenden Lernprozesses, der durch Training beschleunigt wird.

Um zu erkennen, was notwendig ist, um in einem Leistungsbereich ein Gewinner zu werden, machen wir einen Trip zum NASACAR Zirkus und beobachten die Boxencrew, die oftmals den Unterschied zwischen Erfolg und Niederlage für einen Fahrer ausmachen kann.

Unser Tourführer auf diesem Besuch wird Breon Klopp sein, der Senior Director der Entwicklungsabteilung von PIT Instruction and Training, LLC ist, einem Trainingscenter für Boxencrews in den ganzen USA. Wenn es einen Leistungsbereich gibt, der so hart umkämpft ist wie Trading, dann ist dies ein Autorennen. Der bloße Bruchteil einer Sekunde spaltet die Gewinner von den Verlierern, und keine Anstrengung wird ausgelassen – vom Training der Boxencrew bis zur Fahrzeugtechnik – um einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu haben.

Eine Gemeinsamkeit zwischen Autorennen und Trading liegt darin, dass die Technologie das Spielfeld geglättet hat, was wiederum dazu führt, dass der Vorteil nur durch überlegenes Training erreicht werden kann. Beim Trading haben das Onlinemedium sowie verbesserte Computertechnologie das Spielfeld geebnet, was Informationen und Zugang zu Märkten betrifft. Bei einem Rennen, so Kopp, „haben Regeländerungen starke Parität in der Leistungsfähigkeit der einzelnen Rennwagen bewirkt. Ein Nebeneffekt dieser Parität liegt darin, dass die Geschwindigkeit der einzelnen Wagen fast identisch sind, und es sehr schwer geworden ist, auf der Rennstrecke zu überholen. Der Leistungsfokus hat sich somit in die Boxengasse verlagert, wo die Fahrer von der Leistung ihrer Boxencrew abhängig sind, was den Kampf um die Platzierung betrifft“.

Klopp merkt an, dass Rennwagen, die mit 180 Meilen pro Stunde (289,69km/h) pro Sekunde 264 Fuß (80,47 Meter) zurücklegen. Das bedeutet, dass in jeder Hundertstelsekunde, die ein Mitglied der Boxengasse gewinnt, 2,5 Fuß (76,2 cm) an Vorteil für den Fahrer resultieren – was ein sehr bedeutender Vorteil sein kann, bei Rennen, in denen oftmals Zentimeter entscheiden. Wenn man nun über den simplen Vorgang eines fehlerhaften Versuchs beim Abmontieren einer Radmutter nachdenkt, und dieser wiederholt werden muss, dann kommen sehr schnell 1,3 Sekunden zu der Dauer eines Boxenstopps hinzu – was dem Fahrer einen Nachteil von 300 Fuß (91,44 Meter) bringt. Sie können sich also den Druck vorstellen, den die Mitglieder einer Boxencrew ausgesetzt sind.

Wie können die Mitglieder einer Boxencrew nun also einen Level an Expertise erreichen, der Ihnen dabei hilft ihre Routine im Umgang mit Autos, dem Wechsel von 4 Reifen, dem Auftanken, und dem Ölwechseln so weit zu verbessern, dass dieser Vorgang lediglich 13 Sekunden dauert? Klopp spricht über die folgenden Beobachtungen:

• Häufige Übung der Routineprozesse – Dies inkludiert sowohl individuelle, als auch Teamproben. „Das Ziel“, erklärt Klopp, „liegt darin, diese gewöhnlichen Prozesse bis zur Perfektion auszuführen, und zwar auf einem unterbewussten Level, damit sich die Crewmitglieder auf aufwendigere Prozesse konzentrieren können, die nicht so oft auftreten“. Wenn Routinefähigkeiten automatisiert werden, dann können die Ressourcen auf ungewöhnliche Vorgänge konzentriert werden, sobald diese denn auftreten.

• Hochrealistische Übungen – Die Studenten von PIT führen Ihre Übungen in voller Montur aus und zwar mit Autos, die jenen entsprechen, mit denen sie auch am Renntag arbeiten werden, und zwar bis zur Lackierung. Die Fahrer und die Crewleitung nehmen ebenfalls an Drills und Kommunikationsübungen mit der Crew teil. Wenn die Übungen realistisch sind, dann ist es wahrscheinlicher, dass die Fähigkeiten auch am Renntag zur vollen Entfaltung kommen.

• Simulation von schwierigen Rennsituationen – Crews proben Szenarios, in denen es zu Defekten von Equipment, Fehlern der Fahrer und anderen Problemen kommt, damit sie später für jede Eventualität gerüstet sind. „Die ehrgeizigsten Boxencrew-Coaches und Teams glauben, dass es keine unvorhergesehenen Ereignisse gibt, lediglich ungewünschte“, erklärt Klopp.

• Feedback über die Performance – von Übungen und an Renntagen werden digitale Videoaufnahmen gemacht, und jeder einzelne Vorgang wird zeitlich gemessen und nach möglichen Verbesserungspotenzial Ausschau gehalten. Wenn Probleme auftreten, dann werden diese zum Fokus für die folgenden Übungseinheiten. Crews durchlaufen also einen permanenten Lern- und Verbesserungsprozess.

Was mich bei den Gesprächen mit Klopp am meisten fasziniert hat, waren die Gemeinsamkeiten zwischen der Performance auf der Rennstrecke und jener von olympischen Athleten bzw. Eliteperformern. Expertise entspringt einem intensiven Lernprozess der strukturierte Übungen von Fähigkeiten mit realistischen Simulationen und sich fortsetzendem Feedback für Verbesserungen kombiniert. Tatsächlich haben sich ganze Geschäftorganisationen dermaßen für diese Art der Vorteilserzielung interessiert, dass sie Mitarbeiter zu „Thinking Inside the Box“ Unterrichtseinheiten bei PIT geschickt haben, wo diese individuelle und teamübergreifende Fähigkeiten erlernen und verfeinern sollen.

Die Implikationen für Trader sind immens. Wenn Trading tatsächlich ein Performancebereich ist, dann sollten wird den folgenden Strategien für die Beschleunigung zur Erreichung von Expertise unsere Aufmerksamkeit widmen:

Die Übung von grundlegenden Tradingfähigkeiten (Lesen von Angebot und Nachfrage, Orderplatzierung, Positionsgrößenbestimmung, Festlegung von Kurszielen und Stoppmarken), damit diese automatisiert werden

• Die realistische Simulationen von Märkten, damit man Erfahrungen beim Lesen der Marktmuster sammeln kann während hohe bzw. kaum Volatilität vorherrscht, es zu Trends oder zu keinen Trends kommt, oder andere Gegebenheiten vorherrschen.

• Simulation von schwierigen Tradingsituationen, in denen es zu plötzlichen Veränderungen des Trends bzw. der Volatilität kommt.

• Feedback über die Performance über einen Zeitraum des Tradings. Und zwar mit Tradingmaßen die einem dabei helfen festzustellen, wie gut man unter verschiedenen Marktsituationen performed.

Die gute Neuigkeit ist, dass Performanceexpertise kein Mysterium oder eingeborene Fähigkeit ist: sie ist das Resultat eines intensiven Entwicklungsprozesses. Wir beobachten den Prozess bei Athleten wie etwa Lance Armstrong, Michael Jordan oder Dan Gable – und wir sehen Sie anhand von Musikern und Prima Ballerinas: Drill von Fähigkeiten, Simulation von Performance, und Feedback um konstante Verbesserung sicherzustellen.

Uns stehen heute mehr Werkzeuge denn je zur Verfügung, was die Assistenz dieser Prozesse betrifft. Tradingplattformen wie Neoticker und Ninjatrader arbeiten an Simulationen in ihren Angeboten, die Tradern dabei helfen sollen ihre Resultate anhand detaillierten Feedbacks zu verfolgen. Mir ist beispielsweise aufgefallen, dass in der letzten Version von TradeStation dem Trader ermöglicht wird, genauso detaillierte Auswertung über ihr Trading zu sammeln, wie dies sonst nur bei automatisierten Tradingsystemen der Fall ist. Simulationen und Maße sind in die Trading Technologies Plattform inkludiert, und ein exzellentes metrisches Programm von Trader DNA erlaubt es Tradern ihre Performance auszuwerten, und zwar als Funktion von Marktkonditionen (bitte beachten Sie, dass keine proprietären Interessen des Autors in diese Firmen besteht, und in keiner Weise eine Werbeabsicht besteht).

Mit einem strukturierten Programm der Übung, Simulation und Feedback, können Performer Elitelevel der Expertise erreichen, und scheinbar unmögliche Ziele erreichen. Wenn eine Gruppe von Equipment -Technikern von Intels High Performance Wartung zu PIT kommt um ihre Fähigkeiten auf der Rennstrecke zu beweisen, dann erzielen diese – wenn sie begabt sind – bestenfalls Zeiten von 33 Sekunden. Durch intensive Trainingsprozesse unterbieten echte Crews diese Zeit um mehr als 20 Sekunden – und zwar konstant. Elitetrader mit denen ich das Vergnügen hatte arbeiten zu dürfen, sind diesen Crews sehr ähnlich: ihre grundlegenden Tradingfähigkeiten entsprechend einem automatisierten Prozess, und Ihre Fähigkeit Muster in einem Markt mit vielen Nebengeräuschen zu erkennen und anhand dieser zu handeln, ist atemberaubend schnell.

Wie Sportpsychologen immer wieder beteuern, ist es nicht die Übung die perfekt macht, sondern perfekte Übung die zu Performance führt. Oder wie einer von Breons Coaches einmal gesagt hat, „Übung führt zu Nachhaltigkeit…zu guter oder zu schlechter.“

TJ-Fazit:

Trading und der Autorennzirkus sind durchaus vergleichbare Leistungsbereiche.

Durch Chancengleichheit, was die Technik betrifft, lässt einem lediglich überlegenes Trading einen Vorteil erreichen.

Standardprozesse sollten auf einem unterbewussten Level ausgeführt werden könne, damit man sich auf Ausnahmesituationen konzentrieren kann.

Autor: Brett N. Steenbarger, Ph.D. Dieser Fachartikel wurde im Tradersjournal veröffentlicht.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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