Kommentar
11:11 Uhr, 08.10.2010

Wie aus Mythologie Realität wird

Erwähnte Instrumente

  • Ikarus Anleihe auf Rohstoffb
    Aktueller Kursstand:  

„Ein glanzvoller Flug mit sanfter Landung", was kann es eigentlich Schöneres geben. Sicherlich hätte sich auch der unfreiwillige Antiheld in der griechischen Mythologie Ikarus einen solchen Abgang gewünscht. Bekanntermaßen schlug der übermütige Sohnemann von Daedalus alle Warnungen seines fürsorglichen Vaters in den Wind und düste allzu kühn der Sonne entgegen. Die Folge: Seine mit Wachs getränkten Flügel fielen auseinander und er verlor beim ungebremsten Absturz aus luftiger Höhe sein Leben.

Ein Schicksal, das im übertragenen Sinne Anlegern sicherlich nicht widerfahren wird, die von Anfang an auf eine sogenannte Ikarus-Anleihe von JP Morgan gesetzt haben, die mit einer vollständigen Kapitalgarantie zum Laufzeitende ausgerüstet ist. Die „sanfte Landung" ist damit also bereits geklärt, fehlt nur noch der „glanzvolle Flug", den der Emittent Investoren in seinem Produkt-Flyer verspricht. Nun ist dieser Begriff etwas zweideutig, könnte man ihn doch als Hinweis auf den Basiswert, einen zu gleichen Teilen mit Gold und Silber besetzten Edelmetall-Basket verstehen oder vielleicht auch nur einfach als Vorgriff auf eine möglicherweise glänzende Rendite-Chance. Das die Betonung hier wohl eher auf „Chance" liegen muss, dürfte klar sein, denn für den Erfolg kann natürlich auch ein Zertifikat von vornherein nicht garantieren, schließlich handelt es sich dabei um ein reales börsengehandeltes Papier und nicht um ein mythenbehaftetes Produkt, das bei aller Kreativität der Industrie bislang noch nicht entwickelt werden konnte. So muss also auch die Rendite erst einmal ganz profan durch einen Anstieg des Basketwertes erzielt werden. Doch dabei kommt wieder unser kleiner ungehorsamer Freund ins Spiel, den auch schon Schlagerdiva Nicole in ihrem Liedchen warnte – „die Sonne brennt dort oben heiß" - partizipiert der Investor bei dem Zertifikat doch nur bis zu einem Level von 160 Prozent des Emissionsniveaus. Allerdings gelangt hier statt einer normalen Performance-Kappung eine Art „Ikarus-Mechanismus" zum Einsatz, der den Anleger ebenfalls mit einer Form von Strafe belegt. Zwar muss er für den Überschwang bei Gold und Silber nicht gleich mit seinem Leben bezahlen, doch geht es ihm stattdessen an den Geldbeutel sprich die Rendite. Bei Laufzeitende erfolgt deshalb schon ab einer einmaligen Erreichung des 160-Prozent-Niveaus nur noch eine fixe Erstattung von 112 Prozent des Nennbetrags, was für bei Emission eingestiegene Anleger immerhin noch eine moderate Rendite bedeuten würde.

Was das bereits im Juni 2008 aufgelegte währungsgesicherte Papier aber momentan so spannend macht, ist weniger sein Name, als vielmehr die nur noch bis Juni 2011 dauernde Laufzeit in Verbindung mit einem auf dem aktuellen Niveau recht interessanten Rendite-Risiko-Profil. So kann das Produkt mit den Auflageniveaus bei Gold von 907,50 US-Dollar und Silber von 17,44 US-Dollar seit Emission bereits eine Basket-Rendite von knapp 37 Prozent vorweisen, wird mit einem Briefkurs von 119,02 Prozent aber noch deutlich darunter gehandelt. Sollten die beiden Basiswerte zusammen genommen in den kommenden Monaten zwar noch moderat zulegen ohne dabei aber die 160-Prozentmarke zu berühren, würde die gesamte Performance bei Fälligkeit eins zu eins an den Anleger ausgezahlt. Freilich besteht in dem „Ikarus-Szenario" gerade der Knackpunkt, wobei es nach einem Schwellenbruch immer noch die feste Rückzahlung von 112 Prozent geben würde, was den möglichen Verlust wiederum auf ein vertretbares Minimum beschränken sollte. Weniger wahrscheinlich erscheint dagegen bei der aktuell grassierenden Gold- und Silber-Euphorie die Möglichkeit, zu einem noch niedrigeren Tilgungswert. Dazu müsste der Edelmetall-Korb wieder deutlich an Wert verlieren. Außerdem würden selbst im schlimmsten Fall noch immer 100 Prozent des Nennbetrags am Ende auf das Depotkonto wandern, wenn der Basketwert unter das Auflageniveau fallen würde. Wie gesagt, damit hätte auch Ikarus noch wunderbar „leben" können.

Der Rohstoff-Report Tipp:Die „gut gebrauchte" Ikarus-Anleihe eignet sich für risikobewusste Investoren, die in den kommenden Monaten für Gold zwar noch etwas Luft nach oben sehen (aktuell +46,35 Prozent), Silber (+27,58 Prozent) aber nicht gerade die große Aufholbewegung zutrauen. Auf der anderen Seite sollte allerdings auch das Platzen einer möglichen Goldblase nicht unbedingt dem Erwartungshorizont entsprechen. In jedem Fall würde sich das Verlustpotential bei dem Papier deutlich in Grenzen halten.

Gold/Silber Ikarus-Anleihe (quanto)

Emittent/WKN:

JP Morgan / JPM12Y

Laufzeit:

26.06.2011

Preis: (05.10.2010)

Geld / Brief: 116,02 € / 119,02€

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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