Kommentar
16:16 Uhr, 17.01.2024

Wie aus Bankrettung Bankensubventionierung wurde

Vor knapp einem Jahr begann die Regionalbankenkrise in den USA. Maßnahmen, die zur Rettung gedacht waren, subventionieren jetzt Banken.

Ab März 2023 zogen vor allem kleinere Banken alle Register, um sich Liquidität zu beschaffen. Kunden, vor allem Unternehmen, zogen Einlagen ab. Um ausreichend Liquidität für diesen Mittelabfluss zu haben, begannen einige Banken Anleihen zu veräußern. Da es sich um Anleihen mit längerer Laufzeit handelte, fielen hohe Verluste an. Die Renditen waren aufgrund des höheren Leitzinses gestiegen und die Kurse der Anleihen damit gefallen.

Nicht jede Bank hatte ausreichend Mittel, um den Geldabfluss zu bewältigen. Die unrealisierten Verluste waren einfach zu groß. Um einen Flächenbrand durch Bank Runs zu verhindern, stampfte die Fed das Bank Term Funding Program aus dem Boden. Grundsätzlich können sich solvente Banken bei der Fed immer Geld leihen, z.B. über die Primary Credit Facility. Das geschah zunächst, doch die Sicherheiten für die Ausleihungen werden nicht zu Buchwerten anerkannt.

Banken, die auf hohen Buchverlusten bei Anleihen saßen, halfen die üblichen Programme nicht. Hier kam das Bank Term Funding Program (BTFP) ins Spiel. Anleihen als Sicherheiten konnten zum Buchwert anerkannt werden. Das BTFP verdrängte schnell andere Programme. Überraschend ist der Anstieg der Ausleihungen unter dem BTFP seit Ende 2023 (Grafik 1).

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Auf den ersten Blick wirkt es so, als ob sich Banken Geld leihen müssten und daher Stress im System ist. Gleichzeitig aber kündigte die Fed an, dass das BTFP im März beendet wird. Wie passt das zusammen?

Der Zins, den Banken unter dem BTFP zahlen müssen, orientiert sich ungefähr an dem in einem Jahr erwarteten Leitzins, plus einen Aufschlag. Dieser Zinssatz lag bis Ende 2023 höher als der Leitzins oder der Zinssatz der Primary Credit Facility (Grafik 2). In den vergangenen Wochen war das nicht mehr der Fall.

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Banken können derzeit also Anleihen als Sicherheit hinterlegen und sich Geld zu einem Zinssatz von 4,81 % ausleihen. Dieses Geld können sie als Reserven wieder bei der Federal Reserve parken. Es wird dort zum Einlagensatz verzinst. Der Einlagensatz liegt derzeit bei 5,4 %. Damit können Banken eine risikolose Zinsdifferenz von 0,59 % erwirtschaften.

Seitdem der Einlagensatz höher ist als der BTFP-Zinssatz, steigt der ausstehende Betrag unter dem BTFP wieder (Grafik 3). Dadurch wurden de facto 30 Mrd. USD an Liquidität geschaffen. Das ist zwar keine Geldflut, doch wenn man die Geldpolitik straffen will, ist das kontraproduktiv. Ebenso war die Idee des Programms auch nicht, dass Banken Arbitrage betreiben können.

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Die Fed hält Banken inzwischen für solide genug, um ohne das Programm auskommen zu können. Ob das eine korrekte Einschätzung ist, wird sich zeigen. So oder so, Banken durch ein Instrument, welches zur Krisenbekämpfung gedacht war, in besten Zeiten zu subventionieren, ist nicht Sinn der Sache.

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1 Kommentar

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  • masi123
    masi123

    Die Frage ist, ob das tatsächlich nicht beabsichtigt war bzw. zumindest billigend in Kauf genommen wurde?

    Man kann schon davon ausgehen, dass bei der FED genügend Fachwissen vorhanden ist, um diese "Problematik" vorausschauend erkennen zu können.

    Es gibt zahlreiche Programme, welche durchaus als Subventionierung (im Sprachjargon der Banker wird eher von Rettung gesprochen) gesehen werden können. Vielleicht gilt also einfach:

    it works as designed

    18:39 Uhr, 17.01.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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