Kommentar
14:02 Uhr, 29.03.2021

Was wird aus den Schuldenbergen der Staaten? (Teil II)

Staaten und Notenbanken versuchen mit den ihnen bekannten Mitteln der Schulden Herr zu werden. Das hat in der Vergangenheit mehrfach funktioniert. Funktioniert es diesmal auch?

Notenbanken können die Zinsen künstlich tief halten und Regierungen können die Steuern erhöhen. So wurden in der Vergangenheit Schuldenberge immer wieder erfolgreich abgebaut. Man kann bereits seit der Finanzkrise eindeutig erkennen, dass Regierungen und Notenbanken genau das wieder versuchen.

Im Vergleich zu früheren Perioden wird dies wohlmöglich nicht ausreichen. Im Gegensatz zur Zeit nach den Weltkriegen oder Kriegen des 19. Jahrhunderts ist heute etwas substanziell anders. Kaum etwas bringt es so auf den Punkt wie die Prognose die Congressional Budget Office der USA.

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Grafik 1 zeigt die Prognose zu den Einnahmen und Ausgaben bis 2051. Die Ausgaben sind 2020 explodiert und werden sich danach wieder normalisieren. Der Trend zu immer höheren Ausgaben ist jedoch seit Jahrzehnten zu beobachten. Die Einnahmen bleiben hingegen konstant oder sinken wie nach den Steuersenkungen zur Bekämpfung der Rezession vor 20 Jahren, der Finanzkrise und der Steuersenkung für Reiche und Unternehmen unter Trump.

Ohne Steuererhöhungen steigen die Einnahmen nur minimal. Die Ausgaben hingegen steigen stetig an. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben wird immer größer. Selbst mit Steuererhöhungen und Einnahmen, die wieder 21 % oder 22 % der Wirtschaftsleistung erreichen, klafft eine große Lücke.

Die Lücke wird über Schulden geschlossen. Bis 2050 dürfte die US-Regierung mit 200 % der Wirtschaftsleistung verschuldet sein (Grafik 2). Es handelt sich freilich nur um eine Prognose und Prognosen müssen nicht eintreffen. Die zugrundeliegenden Annahmen sind jedoch nicht unrealistisch. Das Zinsniveau würde leicht ansteigen und die Steuern werden nicht radikal erhöht. Es ist im Prinzip die Fortsetzung des Status quo.

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Das Kernproblem sind aktuell und auch in den nächsten Jahren nicht die Zinsen. Es sind strukturelle Defizite. Die USA haben ein Primärdefizit (Defizit vor Zinszahlungen) von 5 % der Wirtschaftsleistung (Grafik 3). Zählt man die Zinsen hinzu, die automatisch immer mehr werden, wenn die Schuldenberge anwachsen, liegt das strukturelle Defizit schnell bei 10 % der Wirtschaftsleistung.

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Das ist ungeheuerlich viel. Eine leichte Steuererhöhung reicht da nicht. Es müssten Maßnahmen wie nach dem Zweiten Weltkrieg ergriffen werden. Der Spitzensteuersatz lag damals bei fast 100 % und selbst das dürfte nicht ausreichen. Im Gegensatz zu früheren Phasen des Schuldenabbaus kommt dieses Mal ein überwältigender demographischer Trend zum Tragen.

Schon jetzt müssen immer weniger Arbeitnehmer für immer mehr Rentner aufkommen. Ob Renten, Gesundheit oder andere Sozialleistungen, sie machen bereits jetzt 80 % der Ausgaben aus. Die Ausgaben in diesen Bereichen werden immer weiter steigen, da die Bevölkerung immer älter wird und im Verhältnis zu Rentnern immer weniger Menschen arbeiten.

Wenn die Abgaben für Arbeitnehmer ohnehin schon hoch sind und aufgrund der Demographie weiter steigen werden, kann man schlecht die Einkommenssteuern verdoppeln. Doch selbst wenn es getan würde, steigen die Ausgaben unweigerlich weiter. Jegliche Mehreinnahme reicht lediglich dafür, dass der Schuldenberg nicht weiter steigt.

Selbst mit drakonischen Maßnahmen ist der Schuldenberg kaum abzutragen. Das gilt in den USA, Japan und auch einigen europäischen Ländern. Einigen Staaten wie Deutschland dürfte ein Schuldenabbau kurzfristig gelingen bevor die Demographie auch dort endgültig für immer größere Defizite sorgt.

Kurz gesagt: Das Rezept aus früheren Zeiten (Zinsen niedrig halten, Steuern erhöhen) reicht im Wettlauf gegen die Schulden und die Demographie im Gegensatz zu früheren Phasen nicht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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