Was treibt den Markt ?
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Externe Quelle: Hypovereinsbank UniCredit
Der Newsflow zum Makroumfeld für den Aktienmarkt zeichnet ein divergierendes kurz- und mittelfristiges Bild. In den vergangenen Wochen haben sich im Hinblick auf der Zeitachse unterschiedliche Entwicklungen in den Frühindikatoren und den Wachstumsprognosen ergeben:
- Aktuelle Konjunkturzahlen: Die Frühindikatoren zeigen in den vergangenen Wochen eine schrittweise Verbesserung (zuletzt z.B. das ifo Geschäftsklima, US Consumer Confidence, Wirtschaftsklima der Eurozone usw.). In einigen Fällen wie beispielsweise bei dem am Mittwoch veröffentlichen Wirtschaftsklima für die Eurozone lag der veröffentlichte Wert nicht nur über dem Konsens sondern sogar über der höchsten Schätzung der Umfrage unter Ökonomen aus der der Konsens ermittelt wurde. Würden sich die Auftragseingänge in den kommenden Monaten ebenfalls verbessern – was wir erwarten – dann wäre dies ein weiterer wichtiger Schritt für eine Verbesserung der Konjunktur im zweiten Halbjahr.
- Prognosen für 2010: Auf der anderen Seite sind die Konsensschätzungen für das BIP-Wachstum in 2010 weiterhin rückläufig (Die Konsens-Schätzungen aktuell: USA +1,8%, EWU +0,3%, UK +0,3%). Der IMF weicht mit seinen jüngsten Prognosen (World Economic Outlook, April) vom Konsens nach unten ab und zählt zu den Institutionen mit einer negativeren Einschätzung. Er erwartet für viele Länder auch in 2010 negative Wachstumsraten (USA 0%, EWU -0,4%, UK -0,4%, China +7,5%). Sollten sich die Konjunkturschätzungen des IMF für 2010 bewahrheiten, dann würde dies eine Belastung für die Aktienmärkte darstellen.
- Aktienmarktausblick: Die Aktienmärkte orientieren sich derzeit erwartungsgemäß an dem positiven Newsflow zu den Frühindikatoren. Der Anstieg der Frühindikatoren verbessert das Umfeld für ein Erreichen der oberen Marke der von uns für die Sommermonate genannten Zielzonen der Indizes (Euro STOXX 50 2250/2500 Punkte, DAX 4600/5000 Punkte). Eine Unterstützung kommt auch von dem bisherigen Verlauf der Berichtssaison. Im Bereich der oberen Marke, wird es dann wahrscheinlicher, dass die Aktienmärkte eine Verschnaufpause einlegen in der das Umfeld dann einem „Realitäts-Test“ unterzogen wird („wie schnell und nachhaltig verbessern sich die Konjunkturindikatoren tatsächlich?“). Eine klare Verbesserung in den Auftragseingängen ist in diesem Zusammenhang erforderlich um das höhere Niveau der Aktienmärkte zu stabilisieren.
Aufgrund der vielen Besonderheiten in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise besteht eine größere Unsicherheit bei Prognosen – allerdings nicht nur in die negative Richtung. Fast 100% der Zentralbanken der im MSCI AC World Index vertretenen Länder haben in den letzten drei Monaten die Leitzinsen gesenkt, keine Notenbank hat sie erhöht. Rund ein Viertel der Länder hat mittlerweile die Zinsen auf ein Niveau von 1% oder weniger gesenkt. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Wirkung von Zinssenkungen im Vergleich zur Vergangenheit geringer ist, bleibt doch festzuhalten, dass der monetäre Stimulus im langfristigen Vergleich außerordentlich stark ist (und durch fiskalische Impulse zusätzlich verstärkt wird). Die derzeitige Unsicherheit über den Wachstumstrend in H2/2009 und 2010 besteht sowohl auf der negativen Seite als auch auf der positiven Seite. Niemand hat Erfahrungen aus der Vergangenheit wie sich ein solches Maß an monetärer und fiskalischer Stimulierung mittelfristig konjunkturell niederschlägt. Der Aktienmarkt profitiert dabei in diesem Zusammenhang auch von der Entwicklung, dass in immer mehr Ländern das Halten von Cash de facto nicht mehr oder kaum verzinst wird und dies Umschichtungen zu Gunsten anderer Assets unterstützt.
Der Newsflow aus dem Bankensektor wird gemischt bleiben aber einer weiteren positiven Gesamtmarktentwicklung nicht entgegenstehen. Ein wesentliches Element unserer Aktienmarkteinschätzung seit Mitte Oktober ist, dass Regierungen und Zentralbanken mit ihren damaligen Entscheidungen eine „rote Linie“ überschritten hatten und sie von da an „unbegrenzte“ Mittel zur Stabilisierung des Bankensystems einsetzen würden. Mit anderen Worten, unser Optimismus für den Gesamtmarkt beruht in keiner Weise darauf, dass wir ein baldiges Ende der Belastungen für den Bankensektor erwarten würden, sondern darauf, dass zunehmend Instrumente vorhanden sind um solche „zu verdauen“ – möglicherweise allerdings verbunden mit Wertverlusten für die bisherigen Aktionäre der Banken. Nach der guten Performance der Banken in den letzten Wochen stufen wir den Sektor mit diesem Market Outlook auf untergewichten zurück. Für den Aktienmarkt insgesamt bleibt eine Stabilisierung der Kreditvergabe für eine Verbesserung der mittelfristigen Perspektive kritisch. Die jüngsten Daten zeigen hier noch weitere Belastungen. Die Finanzmarktkrise insgesamt (einschließlich der Nebenwirkungen der Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung) wird vermutlich noch auf sicht von mehreren Jahren das Umfeld belasten.
Die Auswirkungen der Schweinegrippe sind ein derzeit noch nicht abschätzbares neues Risiko. Die Aktienmärkte haben bislang besonnen auf die Meldungen zur Schweinegrippe reagiert. Eine Einschätzung der mittelfristigen Risiken ist nicht möglich. Derzeit lassen sich nur einige Faktoren und Zusammenhänge identifizieren, deren weitere Entwicklung die Auswirkungen auf die Aktienmärkte bestimmen werden:
- Die mittelfristigen Auswirkungen auf die Aktienmärkte werden von den Wirkungen auf Produktion und Nachfrage für die Gewinnentwicklung der Unternehmen bestimmt. Kurzfristig stärker im Vordergrund steht die Frage nach den Auswirkungen auf das Sentiment der Investoren.
- Da die Schweinegrippe von Mensch zu Mensch übertragbar ist, ist sie im Hinblick auf die Verbreitungsrisiken gefährlicher als SARS. Glücklicherweise scheint es Berichten zu Folge so zu sein, dass bekannte und verfügbare Arzneien auch bei diesem Virus Wirkung zeigen. Somit besteht die Hoffnung, dass die Zahl der Todesfälle in Relation zu der Zahl der Erkrankungen begrenzt bleiben wird. Dies erscheint uns der im Moment zentrale Punkt zu sein bei der Beurteilung der Risiken für Konjunktur und Finanzmärkte. Wenn sich die geringe Sterberate bewahrheiten sollte, dann werden negative Auswirkungen auf den Aktienmarkt begrenzt bleiben.
- Allerdings besteht nach unserem Verständnis der Berichte von medizinischen Stellen zum Thema Grippeviren ein Risiko auch darin, dass solche Viren weiter mutieren können und sich die Bedrohungslage dadurch ändern könnte.
- Die weitere Entwicklung des mexikanischen Aktienmarktes und der mexikanischen Konjunkturdaten wird einen Hinweis auf die Dimension möglicher Risiken geben. Nach einem Verlust der mexikanischen Börse von 3,3% am Montag zeigte sie sich am Dienstag stabil und erholte sich am Mittwoch. Damit geht von dort zunächst ein beruhigendes Signal aus.
Fazit: Wir erwarten eine per saldo freundliche Tendenz der Aktienmärkte in die Sommermonate hinein. Zwischenzeitliche Rückschläge bleiben begrenzt.
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