Kommentar
16:47 Uhr, 15.06.2016

Was heißt Trump für die Kapitalmärkte?

  • Die Kapitalmärkte müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Donald Trump möglicherweise der nächste amerikanische Präsident wird.
  • Sechs Punkte, was die Kapitalmärkte von einem Präsidenten Trump zu erwarten hätten.
  • Kurz- und mittelfristig müssen sich die Anleger auf schlechtere Zeiten einstellen. Langfristig könnte es auch Positives geben.

Neben dem Brexit, der derzeit die Kurse fallen lässt, ist eines der großen Risiken dieses Jahres die Möglichkeit, dass Donald Trump im November amerikanischer Präsident wird. Dieses Risiko ist sogar noch größer. Denn es betrifft nicht nur Großbritannien und Kontinentaleuropa, sondern die USA und die ganze Welt. Was würde Trump bringen, wenn er gewählt würde?

Es wird oft gesagt, dass Wahljahre in den USA gut für die Börse sind. Das lässt sich durch die Zahlen aber nicht belegen. Im Schnitt der letzten 45 Jahre sind die US-Aktienkurse um 12 % p. a. gestiegen. In den Jahren mit Präsidentschaftswahlen lag die Steigerung mit 11,9 % kaum darunter. Es gab Wahljahre mit exorbitanten Kurssteigerungen (plus 27 % als Carter gewählt wurde, plus 34 % bei Ronald Reagan). Es gab aber auch Wahljahre mit katastrophalen Ergebnissen wie 2000, als Georg W. Bush gewann (minus 11 %), oder 2008 bei Obama (minus 38 %). Aus der Vergangenheit kann man also keinen Honig saugen.

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Bisher haben die Märkte auf die Perspektive eines möglichen Präsidenten Trump noch nicht reagiert. Der US-Dollar ist nicht schwach geworden. Die Börsen beschäftigen sich mehr mit Brexit. Das liegt zum Teil daran, dass bisher kaum jemand Trump wirklich ernst nahm. Zudem sind es noch fünf Monate bis zu den Wahlen. Es ist auch noch kein Programm einer Präsidentschaft Trump erkennbar. Ich versuche im Folgenden trotzdem, ein paar Punkte zusammenzustellen, die bei einem Präsidenten Trump für die Kapitalmärkte wichtig sein könnten.

Erstens: Wo Trump ganz klar ist, ist sein Widerstand ge-gen Welthandel und Globalisierung. Das ist schlecht für die amerikanische Exportindustrie, die in den letzten Jahren so stark aufgeblüht war. Es ist aber auch ein Problem für die Handelspartner Amerikas, vor allem für Europa, Südamerika sowie Japan und Südostasien. Das Wachstum der Welt würde geringer. Der prominente amerikanische Ökonom Larry Summers rechnet bei einem Präsidenten Trump mit einer ausgedehnten Rezession in den USA. Das halte ich aber für übertrieben.

Zweitens: Zum Kapitalverkehr ist Trump weniger präzise. Was mich erschreckt hat, war seine Äußerung, dass man bei den Staatsschulden wie bei Immobilieninsolvenzen an eine Restrukturierung denken könne. Es kann sein, dass das reines Wahlkampfgetöse ist. Wenn es mehr ist, dann wäre das ein sehr sensibler Punkt. Als in den USA 2011 bei den Verhandlungen über eine Schuldenobergrenze die Möglichkeit einer Insolvenz der USA diskutiert wurde, fiel der amerikanische Aktienmarkt um 17 %. Die Drohungen Trumps gegen Mexiko führten dazu, dass sich die Sätze, zu denen sich Mexiko an den internationalen Kapitalmärkten finanzieren kann, verteuert haben.

Drittens: Eine Konstante in den Äußerungen Trumps ist sein Widerstand gegen Migranten, vor allem gegen die aus Südamerika. Das ist wichtig. Die Vereinigten Staaten verdanken ihren Wohlstand vor allem der Einwanderung von Menschen. Die Forschung lebt davon, dass die USA für Wissenschaftler rund um den Globus ein Dorado sind. Damit wäre es vorbei.

Viertens: Mehr als auf Wachstum setzt Trump auf Verteilung. Er stützt sich in seiner Argumentation auf die Sorgen des weißen Mittelstandes in den Vereinigten Staaten. In diesem Umfeld haben Wall Street und die Kapitalmärkte keine guten Karten.

Fünftens: Negativ ist auch der Populismus, auf den Trump setzt. Er redet den Menschen nach dem Mund und vertritt Parolen, die vernunftmäßig schwer nachzuvollziehen sind. Unter Trump erscheint manchmal alles möglich. Das macht ihn schwer einschätzbar für die Märkte. Es schafft Unsicherheit, was Gift für die Investoren ist.

Sechstens und um nicht nur negative Punkte zu bringen: Ein zentraler Punkt im Wahlkampf von Trump ist es, den Amerikanern neues Selbstbewusstsein zu geben. "Make America great again" ist sein Slogan. Das erinnert etwas an den alten Präsidenten Reagan. Dessen Wirtschaftsprogramm war damals aus ökonomischer Sicht gesehen auch chaotisch (freilich nicht so wie das von Trump). Warum Reagans Politik aus heutiger Sicht trotzdem als erfolgreich gilt, ist, weil er den Amerikanern Selbstbewusstsein gab. Sie trauten sich wieder etwas zu, nachdem sie in den Jahren nach der Ölpreiskrise in den 70ern so viele Niederlagen einstecken mussten. Zwischen Reagan und Trump gibt es auch sonst Parallelen. Beide sind Quereinsteiger in die Politik, der eine aus der Schauspielerei, der andere aus dem Business. Beide erwiesen aber ein bemerkenswertes Geschick in der Politik. Trump erkämpfte sich die Kandidatur der Republikaner aus einer fast aussichtslosen Position. Wenn Trump ein neuer Reagan würde, wäre das für Amerika und die Welt nicht schlecht.

Für den Anleger

Es wird schwerer. Kurzfristig würde ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump die Unsicherheit an den Märkten erhöhen. Das würde den US-Dollar schwächen, die Zinsen steigen lassen und die US-Aktien (und darüber hinaus auch die internationalen Börsen) belasten. Mittelfristig würden eine Rückführung der Globalisierung und die Eindämmung der Migration das Wachstum in den USA und in der Weltwirtschaft verringern. Andererseits: Sollte Trump ähnlich wie Ronald Reagan das Selbstbewusstsein der Amerikaner stärken, würde sich das langfristig positiv auf das Standing der Amerikaner in der Welt auswirken. 1985 (also zu Beginn der zweiten Amtszeit Reagans) war eines der Jahre in der Nachkriegszeit, in der der US-Dollar besonders stark war.

Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.

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1 Kommentar

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  • Chamäleon
    Chamäleon

    Ihr letzter Satz war besonders gut. --- Ami`s in der Nachkriegszeit.

    Es wäre schön wenn wir das noch tatsächlich erleben könnten.

    18:26 Uhr, 15.06.2016