Kommentar
13:15 Uhr, 17.09.2020

Was die USA können, kann Deutschland fast

Die Pandemie wurde in den USA eher halbherzig gemanagt. Das bedeutet allerdings nicht, dass es den USA wirtschaftlich schlechter geht. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Wenige Länder konnten bisher einer zweiten Infektionswelle entgehen. Die meisten Länder reagierten zu Beginn der Pandemie mit einem Lockdown. In den USA wurde der Versuch nach unterschiedlich strenger Umsetzung je nach Bundesstaat abgebrochen. Die Zahl der Neuinfektionen halbierte sich von ca. 35.000 auf 18.000. In europäischen Ländern war der Rückgang stärker ausgeprägt. In Deutschland sank die Zahl der Neuinfektionen von 7.000 an einem Tag unter 500. In den USA ging die Zahl um 50 %, in einigen europäischen Ländern um 90 %. Im Juli erreichten die USA fast 80.000 tägliche Neuinfektionen, doppelt so viele wie im April. Das verunsicherte viele Bürger. Tatsächlich stockte die wirtschaftliche Erholung kurzfristig. Derzeit scheinen sich die Neuinfektionen in den USA im Bereich von 40.000 bis 50.000 einzupendeln. In Deutschland geschieht dies im Bereich von 1.500 bis 2.000 Fällen pro Tag. Damit ist die Lage in Deutschland besser als im April, in den USA schlechter. Das gleiche kann man allerdings nicht von der Wirtschaft sagen.

Sowohl die US-Notenbank, als auch die Bundesbank berechnen wöchentliche Aktivitätsindizes, die Aufschluss über das Wirtschaftswachstum geben sollen. Die Indizes werden nicht auf die gleiche Art berechnet. Im direkten Vergleich (Grafik 1) zeigt sich daher für Deutschland ein positiver Wert, für die USA noch ein negativer Wert.


Beide zeigen einen positiven Trend, den man in die Höhe der Wirtschaftsleistung umrechnen kann. Dies geschieht in Grafik 2. Die Wirtschaftsleistung Ende 2019 wurde auf 100 normiert. Die Wirtschaftsleistung brach in Deutschland stärker ein als in den USA. Die Erholung ist in etwa vergleichbar. Die deutsche Wirtschaft wuchs im bisherigen dritten Quartal um ca. 0,8 Prozentpunkte mehr als die US-Wirtschaft. Da diese aber weniger stark einbrach, dürfte die Wirtschaftsleistung in den USA wieder etwas näher am Vorkrisenniveau sein.

In den USA befindet sich die Wirtschaftsleistung ungefähr 5 % unter dem Vorkrisenniveau, in Deutschland liegt sie 5,5 % darunter. Damit schafft Deutschland beinahe das, was den USA gelungen ist.

Das wirklich Bemerkenswerte ist, dass die USA eine so robuste Erholung zeigen, obwohl sie die Pandemie nie unter Kontrolle gebracht haben. Das weckt bei einigen Fantasien, dass man die Maßnahmen einfach weglassen könnte. Von den unzähligen Todesfällen, die man dann zu verantworten hat, scheinen Europäer auch anders als Amerikaner zu reagieren.

In den USA trifft in vielen Regionen das Motto zu „Pandemie und keiner geht hin.“ In Europa ist das anders. Die Zurückhaltung nimmt mit steigenden Fallzahlen stärker zu als in den USA.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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