Was denkt der Hafenmeister im sicheren Hafen Gold?
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Man muss es lieben, man muss es hassen: Bei kaum einem anderen Vermögenswert scheiden sich die Geister so sehr, wie beim Gold. Es gibt die starken Befürworter des gelben Edelmetalls, die auch liebevoll „Gold Bugs“ genannt werden, was übersetzt so viel bedeutet wie „Goldkäfer“. Es gibt aber auch all jene, die nicht müde werden zu sagen, dass sie im Gold keine Funktion, keinen Wert, oder wenn, dann bestenfalls Sammlerwert sehen. Zwischen diesen Fronten liegen nur wenige Graustufen. Doch man kann es drehen und wenden wie man will: Gold steht hoch im Kurs, zumindest ist man sich darüber an der Börse einig: Dort steigt das Metall das zwölfte Jahr in Folge und motiviert damit eine langsame, aber stetige Migration fort aus dem Lager der Zweifler und hin in das Lager der Goldkäfer.
Mittlerweile kann man den sicheren Hafen, als dem Anlagen in Gold auch bezeichnet werden, aber nicht mehr als Refugium der Ruhe bezeichnen. Würde man den Hafen bildlich darstellen, dann wäre er vermutlich stärker frequentiert als ein wichtiger Öl-Hafen im Nahen Osten. Neben Sicherheit suchenden Investoren tummeln sich dort auch kapitalstarke Zentralbanker, aber auch Abertausende Spekulanten. Sie sorgen in regelmäßigen Abständen, wie etwa Ende Februar, durch Panikattacken dafür, dass die Notierungen völlig unkontrolliert zusammenbrechen, oder auch massiv in kurzer Zeit ansteigen, wie etwa in der Phase von Juli bis September des vergangenen Jahres. Wer diesem Getümmel entflieht und den Goldmarkt aus der Ferne betrachtet, sieht aber nur eines: Einen kerzengeraden und lupenreinen Aufwärtstrend.
Wenn man es mit dem Gold hält wie der Goldexperte James Turk, dann erhält es die Kaufkraft, was im Falle des Euros bedeuten würde, dass selbige seit dem Jahr 2001 um 14,5% p.a. abgenommen haben muss – das würde zumindest dem durchschnittlichen Preisanstieg des Eurogoldpreises seit dem Jahr 2001 entsprechen. Selbst gegenüber starken Indizes konnte Gold eine positive Performance aufbauen – über die vergangenen 600 Handelstage entwickelte sich selbst der amerikanische Nasdaq 100 Index relativ zum Gold um 12,33% schwächer, obwohl er über diese Zeit um 50% gestiegen war. Wenn man den Satz „Gold erhält die Kaufkraft“ streng auslegt, dann könnte man sich zwar über die Kursgewinne im Nasdaq 100 Index freuen, wenn man Sie überhaupt voll "mitnehmen" konnte – die Kaufkraft wäre aber trotzdem zurückgegangen.
Während die Wirtschaft droht, zu schrumpfen, expandieren die Notenbanken, und zwar hinsichtlich ihrer Geldpolitik. Die EZB hat – Umbuchungen aus anderen Posten inklusive – dem Markt in nur einem Quartal rund eine Billion EUR zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt – Geld, das irgendeinen Weg finden wird. Während viele Experten wenige negative Folgen aus dieser Liquiditätsschwemme vermuten, haben die Menschen Angst davor, dass die Utilisierung der Notenpresse zur Staats- und Bankenrettung die Geldentwertung durch Inflation beschleunigen und ihre Geldvermögen in kurzer Zeit in Luft auflösen könnte.
Wären Sie Betreiber des sicheren Hafens Gold, dann würden Sie genau wissen, wer nur Tourist am Goldmarkt ist, und in welchen Bereichen des Hafens alteingesessene Gäste kampieren. Die alteingesessenen Gäste sind vor allem wohlhabende Investoren aus Europa, dem Nahen Osten und den USA, aber auch aus Indien und Russland, während die Terminhändler an der COMEX oder ganz neuerdings auch an der Shanghaier Goldbörse klar zu den Touristen zählen, die noch nicht lange zu sehen sind. Die wohlhabendsten Investoren mit den Luxus-Yachten sind aber die Zentralbanken: Sie lassen sich gerne, wie etwa die südkoreanische Zentralbank im Herbst vergangenen Jahres, Goldschätze in Milliarden-Euro-Tranchen liefern. Die alteingesessenen Gäste wissen es aber: Die großen Yachten kommen erst seit kurzem wieder in größeren Zahlen in den Hafen. Davor (in den fast dreißig Jahren zum ersten Quartal 2009) hatten sie selbigen langsam aber stetig verlassen. Als Hafenbetreiber wüssten Sie: Es gibt Marktteilnehmer, die gerne kommen, die dies aber auch nur tun, weil es eben „trendy“ ist. Dazu zählen etwa die Käufer von physisch besicherten Gold-ETFs: Sie sind da, und auch zufrieden, aber sie sind eben keine richtigen Dauergäste, sonst hätten sie Gold gleich physisch gekauft. Sie vereinen eine ganze Jahresgoldminenproduktion auf sich. Würde es hier zu einer Verkaufslawine kommen, würden sicherlich auch die anderen Urlauber im sprichwörtlichen sicheren Hafen Gold nervös werden. Die Folgen wären nicht absehbar. Ich achte daher im mittelfristigen Zeitfenster auf die Marke von 1300 USD. Dabei gilt der Wochenschlusskurs an der COMEX in New York. Der Wochenschlusskurs (19:30 Uhr MESZ) sollte im aktiven Terminkontrakt nicht deutlich unter 1300 USD festgestellt werden, sonst wäre dies aus meiner Sicht der Anfang vom Ende des Bullenmarktes beim Gold. Dieses Szenario ist jedoch nicht das präferierte. Wir, und hier spreche ich auch für meine Kollegen bei Godmode-Trader.de, rechnen übergeordnet mit einem weiteren Anstieg des Goldes. Dieser dürfte die Träume der Goldkäfer wahr werden lassen: Preise je Feinunze von über 2000 USD. Da es sich mittlerweile bis nach Indien herumgesprochen hat, dass das eng mit dem Goldpreis korrelierte Silber bei der ganzen Rally in den vergangenen zwölf Jahren fast auf der Strecke und günstig geblieben ist, könnte Silber von diesem letzten Aufwärtsschub beim Gold überdurchschnittlich profitieren. Bei einem Aufwärtsschub des Goldes über 2000 USD könnte das Silber sogar das Allzeithoch bei 50 USD übersteigen und kurzfristig deutlich darüber ansteigen.
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Über den Autor des Artikels:
Jochen Stanzl ist Chefredakteur des Rohstoff-Reports, der auflagenstärksten Publikation zum Thema Rohstoff-Investments im deutschsprachigen Internet. Der Mitbegründer des Münchner Finanzinformationsdienstleisters BörseGo AG (zu dem auch die Webseite Godmode-Trader.de gehört) und Co-Autor des Sachbuchs "Der große Rohstoff-Guide" beschäftigt sich seit dem Jahr 2005 intensiv mit dem Rohstoffmarkt und versorgt einen wachsenden Zustrom an Lesern auf mehreren Kanälen mit den neuesten Informationen und Anlagetipps. Dazu zählt das Fundamental-Research im Rohstoff-Report-PDF, das im Blog über den Menüpunkt „PDF abonnieren“ kostenfrei bestellt werden kann und alle zwei Wochen an 40.000 interessierte Leser versendet wird, sowie der Rohstoff-Blog (www.limitup.de), der marktnah verfasst täglich von mehreren Tausend Anlegern angesteuert wird. Jochen Stanzl ist seit dem Jahr 1998 an der Börse aktiv und als Referent auf Fachmessen, B2B-Fachveranstaltungen sowie Börsentagen sowie als Interviewpartner in Wirtschaftsmedien geschätzt.
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