Analyse
01:00 Uhr, 14.01.2009

Was bedeutet „Quantitative Easing“?

Externe Quelle : HypoVereinsbank Unicredit

Normalerweise werden die Finanzmärkte und die Gesamtwirtschaft von der Geldpolitik nur indirekt beeinflusst. Dabei verfolgt jede Zentralbank bestimmte Ziele. Bei der Fed sind dies eine niedrige Arbeitslosenquote, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und stabile Preise, während sich die EZB primär die Preisstabilität auf die Fahne geschrieben hat. Doch unabhängig von den einzelnen Zielen steuern die Zentralbanken ihre Geldpolitik in der Regel über die Anpassung der Leitzinsen. Selbst als die Fed kurzzeitig ein explizites Geldmengenziel verfolgte, bediente sie sich vorrangig der Leitzinssteuerung, um ihre weiter gefassten Ziele zu erreichen.

Zunächst schienen die Notenbanken mit diesem Ansatz auch problemlos arbeiten zu können. Doch dann schürte die „verlorene Dekade“ in Japan Zweifel hinsichtlich der Effizienz traditioneller geldpolitischer Maßnahmen in Ausnahmesituationen. Nach dem Platzen der Aktien- und Immobilienpreisblase zu Beginn der neunziger Jahre versuchte die Bank of Japan mit allen Mitteln, der Wirtschaft neue Impulse zu geben und die Deflationsgefahr zu bannen (siehe auch Research Note von Harm Bandholz). Als der Leitzins schließlich bei Null angelangt war, entschloss sich die japanische Zentralbank letztlich, auf die Strategie des „Quantitative Easing“ umzustellen. Dadurch erhielt das Bankensystem zusätzliche Liquidität in einem Umfang, der über das notwendige Maß zur Beibehaltung des Nullzinses deutlich hinausging. Dieser Schritt wurde allgemein als entscheidend für Japans (freilich quälend langsamen) Weg aus der Krise gesehen, die das Finanzsystem und die Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen hatte. Natürlich haben sich seitdem zahlreiche Vertreter sowohl der Zentralbanken als auch der Wirtschaftswissenschaften mit den daraus abzuleitenden Lehren für die Geldpolitik beschäftigt. Ben Bernanke selbst veröffentlichte hierzu sowohl als Professor an der Princeton University als auch als Mitglied des Federal Reserve Board Anfang des neuen Jahrtausends einige akademische Beiträge. So äußerte er sich 2002 in einer viel beachteten Rede zur "Geldpolitik bei Deflation und Leitzinsen bei oder nahe Null". Damals empfahl er: „Eine nahe liegende Methode zur Ausweitung des aktuellen Instrumentenkastens besteht darin, den Konsum zu stimulieren, indem die Zinsen entlang der Laufzeitenstruktur von Staatsanleihen weiter gesenkt werden – ich beziehe mich hier auf die Zinsen von Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten.“ Hierzu müsste die Fed den offiziellen Leitzins – á la Japan – über einen längeren Zeitraum nahe Null oder bei Null einfrieren und zugleich die Renditekurven-Arbitrage den Märkten überlassen, um die langfristigen Zinsen zu senken. Alternativ dazu könnte sich die Fed bereit erklären, mittelfristige USStaatsanleihen „im unbegrenzten Umfang“ zu bestimmten Renditeobergrenzen aufzukaufen, die unter den marktüblichen Renditen liegen. Bernanke machte sich in seiner damaligen Rede insbesondere für diese letztere Alternative stark.

Inzwischen ist die Realität den damaligen, rein hypothetischen Überlegungen sehr nahe gerückt. Hat Bernanke seine Meinung mittlerweile revidiert? Bei seiner Rede am Montagabend in Austin (Texas) kam er auf das Thema zurück und betonte erneut den direkten Erwerb von Wertpapieren als Vehikel dafür, die Renditen auf ein niedrigeres Niveau zu drücken: „Die Fed erwäge, staatliche und halbstaatliche Langfristanleihen in erheblichem Umfang am freien Markt aufzukaufen. Dieser Ansatz sollte dazu beitragen, die Renditen dieser Papiere zu beeinflussen und die Gesamtnachfrage anzukurbeln. In der Tat habe die Fed in der letzten Woche ihre Absicht bekannt gegeben, Mortgage-Backed Securities von halbstaatlichen Emittenten (Government Sponsored Entities – GSEs) zunächst im Volumen von bis zu 100 Mrd USD aufzukaufen. In den nächsten Quartalen sollten noch einmal bis zu 500 Mrd USD hinzukommen. Es habe uns sehr ermutigt, dass die Hypothekenzinsen nach dieser Ankündigung gefallen sind.“

Um es auf den Punkt zu bringen: Neben den verschiedenen Liquiditätsprogrammen, die bereits laufen, könnte die Fed direkt am Bondmarkt intervenieren, um die Renditen herabzuschleusen. Und genau dies will sie mit dem in der letzten Woche angekündigten Programm im Gesamtvolumen von 600 Mrd USD in die Tat umsetzen. Mit anderen Worten: Das „Quantitative Easing“ hat bereits begonnen und setzt genau dort an, wo der Bondmarkt die meiste Hilfe benötigt – d.h. im angeschlagenen Markt für Hypothekenanleihen mit dem Fokus auf den Emittenten Fannie Mae und Freddie Mac, den beiden wichtigsten GSE-Instituten.

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