Kommentar
07:00 Uhr, 14.11.2008

Wann kommt die Rallye?

Nach diesem Ausflug wieder zurück in die Gegenwart. Aus antizyklischer Sicht ist vollkommen klar, dass die Märkte derzeit zumindest in der Nähe eines wichtigen Tiefs stehen. Doch es gibt da eine Beobachtung, die man als Warnsignal verstehen muss: Obwohl die wichtigen Indizes in historischem Ausmaß überverkauft sind, viele Indikatoren absolute Extremwerte aufweisen, gelingt es den Börsen offensichtlich nicht, wieder Tritt zu fassen.

Selbst dramatische Zinssenkungen, wie etwa der überraschende Schritt der Bank von England, die den Zins Anfang November an einem Tag um unglaubliche 150 Basispunkte absenkte, verpuffen vollkommen wirkungslos.

Dabei wäre eine starke Rallye längst überfällig.

Irgendetwas stimmt da nicht: Wenn sich die Märkte trotz der historisch einmaligen Kursverluste, einer nie gekannten Liquiditätsschwemme, panikartiger Zinssenkungen der Notenbanken und dem maximal überverkauften Zustand wichtiger Indikatoren hartnäckig weigern, eine Rallye anzuschieben, dann ist das ein Warnsignal. Womöglich wirken hier im Hintergrund Dinge, die wir noch nicht kennen.

Im Frühjahr 1933 äußerte sich der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt über die Lage an den Märkten folgendermaßen: „Die Situation ist namenlos, man findet keine Worte für dieses Verhalten, es ist der reine Terror. Was uns Angst macht, das sind nicht die schlechten Nachrichten, sondern die schlechten Nachrichten, die wir noch nicht kennen“. Es könnte ein Zitat aus unseren Tagen sein.

Damit kommen wir noch einmal zurück auf die eingangs erwähnte 200-Monats-Linie. Es sieht in der Tat so aus, als hätten sich einige Dinge ganz gravierend verändert. Das war in Japan nach 1989 genauso. Offensichtlich wurde das aber erst mit dem Absturz des Index unter die 200-Monats-Linie. Und Sie ahnen es bereits: Mit dem Oktober-Crash haben einige der weltweit wichtigsten Aktienindizes eben jenes Signal geliefert, das in Japan den Beginn einer Dauer-Baisse eingeläutet hat: Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq-Index, sie alle sind im Oktober unter den 200-Monats-Durschnitt gefallen. Damit ist der Bullenmarkt seit 1982 endgültig Geschichte.

Beispielhaft sehen Sie nachfolgend den S&P 500. Achten Sie auf die rote Markierung: Die blaue eingezeichnete 200-Monats-Linie wurde nicht nur ein wenig angekratzt, sie wurde förmlich pulverisiert: (Abb. 4, Seite 5) Und jetzt wird es interessant: Sollte sich das japanische Muster tatsächlich wiederholen, dann müsste der S&P 500 vor einer ernst zu nehmenden Rallye zunächst noch die Tiefs aus den Jahren 2002 und 2003 unterhalb von 800 Punkten unterschreiten.

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Damit würde die Panik sozusagen auf die Spitze getrieben – ganz ähnlich wie seinerzeit in Japan, als der Index das absolut wichtige Tief bei 16.000 Punkten aus den Jahren 1992 und 1994 nach unten durchbrach. Vorsichtshalber muss man damit rechnen, dass es so kommt. Denn an der Börse wiederholt sich ja nicht „das japanische Muster“, sondern es wiederholen sich immer nur ganz bestimmte Ereignisse.

Beispielsweise werden zentrale Marken sehr häufig unterboten, erst dann ist der Markt wieder „sauber“ – die schwachen Hände wurden „rausgekegelt“. Wir müssen es leider auch in dieser Ausgabe so formulieren: Die katastrophale Stimmungslage könnte zu übertriebenem antizyklischem Optimismus verleiten – doch hierzu besteht kein Anlass.

Schon bald dürften wir eine Bärenmarktrallye sehen, die diesen Namen auch verdient. Mehr ist jedoch keinesfalls zu erwarten.

Und sicherheitshalber sollte man sich auf eine „Überraschung“ gefasst machen, die derzeit kaum jemand auf der Rechnung hat: Ein Abrutschen der Indizes unter das Tief aus dem Jahr 2003 würde eine nie gekannte Panik-Welle auslösen. Es ist möglich, dass die Bärenmarktrallye, die derzeit viele erwarten, erst anschließend losgetreten wird.

Auch längerfristig sieht es nicht gut aus: Sollten die Vereinigten Staaten die japanische Erfahrung tatsächlich wiederholen, dann muss man befürchten, dass die wichtigsten US-Aktien in den kommenden Jahren von ihrem Hoch bei 14.000 Zählern 80, vielleicht auch 90 Prozent abgeben werden. Nächste Zwischenstation könnte dann ein Dow Jones von rund 4.000 Punkten bis zum Jahr 2012 sein. Übrigens wäre das genau jener Moment, da die „Babyboomer-Generation“ das meiste Geld für den nahenden Ruhestand benötigt.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter [Link "www.antizyklischer-börsenbrief.de" auf www.antizyklischer-b%C3%83%C2%B6rsenbrief.de/... nicht mehr verfügbar] und www.antizyklischer-aktienclub.de

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