Kommentar
10:26 Uhr, 23.08.2024

Wahrscheinlichkeit eines Soft Landings: 3,3%

Lange Zeit galt die weiche Landung als gesichert. Anleger freuten sich darauf, alles zu bekommen. Nun hat sich das Blatt gewendet und auch wenn die akute Konjunkturangst verflogen ist, stellen Anleger fest, dass eine weiche Landung absolut nicht garantiert ist.

Vor kurzem stellte die US-Notenbank Fed einen Bericht vor, der zeigt, wie lang der Weg zu einer weichen Landung ist. Dabei untersuchte sie 149 Zinssenkungszyklen. Nur 5 davon führten am Ende zu einer weichen Landung. Das entspricht einer Erfolgsquote von 3,3%. Zugegeben, ganz korrekt ist die Rechnung dahinter nicht. Die Notenbank differenziert weiter. Von 149 Zyklen sind nur 25 mit der heutigen Situation vergleichbar. Die Zinsen wurden explizit wegen hoher Inflation erhöht und konnten dann wegen zurückgehender Inflation gesenkt werden.

Von diesen 25 Zinssenkungszyklen führten 11 zu einem Erfolg. Erfolg bedeutet, dass es keinen erneuten Inflationsanstieg gab. In 14 Zyklen kam es zu einer zweiten Inflationswelle. Von den 11 erfolgreichen Inflationsbekämpfungen endeten 5 in einer weichen und 6 in einer harten Landung (Grafik 1). Der Weg zu einer weichen Landung ist nicht einfach und die Wahrscheinlichkeit, dass alles gelingt, ist nicht sehr hoch.

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Die Voraussetzungen sind heute allerdings gut. Die Kerninflation ist bereits deutlich tiefer als in früheren Perioden. Schlug die Inflationsbekämpfung fehl und führte am Ende zu einer zweiten Inflationswelle, lag die Kerninflation zum Zeitpunkt der ersten Zinssenkung bei mehr als 7%. Im Erfolgsfall lag sie bei etwas über 5% und heute steht die Kerninflation bereits bei weniger als 4% (Grafik 2).

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Die Entwicklung des Wirtschaftswachstums der letzten Quartale ähnelt dem Erfolgsfall (Grafik 3). Dafür entwickelt sich die Arbeitslosenrate anders.
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Sie ist heute tiefer als in früheren Perioden, steigt dafür aber schneller an (Grafik 4). Die überwiegende Mehrheit der Indikatoren deutet jedoch darauf hin, dass die Inflationsbekämpfung gelungen ist. Auf dem Weg zur weichen Landung befinden wird uns bereits dort, was in der Vergangenheit 11-mal gelungen ist. Nun bleibt die Frage, ob auch das Soft Landing gelingt.

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In fünf von elf Fällen gelang sie in der Vergangenheit. Die Chance steht aus dieser Perspektive bei fast 50%. Das ist ein guter Anfang. Nun kommt es darauf an, wie sich Indikatoren wie Wachstum und Arbeitslosenrate im Vergleich zu den Fällen verhalten, die in der Vergangenheit zu einer weichen Landung führten. Die Arbeitslosenrate und Kerninflation sind heute niedriger, das Wirtschaftswachstum allerdings ebenfalls. Kritisch ist aber etwas anderes. Die Notenbank hat die Zinsen um mehr als fünf Prozentpunkte angehoben. In früheren Phasen, die zu einer weichen Landung führten, waren es nur 2,6 Prozentpunkte. Ebenso fiel die Arbeitslosenrate während des Zinsplateaus vor der ersten Zinssenkung. Heute ist sie um einen halben Prozentpunkt gestiegen.

In den sechs Quartalen nach Beginn der Zinssenkungen stand der Leitzins 2,3 Prozentpunkte tiefer. Heute ist die Ausgangslage schwieriger (Anstieg der Arbeitslosenrate, mehr Zinserhöhung vor der Lockerung) und zeigt, dass eine harte Landung denkbar ist. Die Wirtschaft hat eine ungewöhnlich restriktive Geldpolitik zu verkraften.

Die harte Landung ist damit trotzdem nicht unausweichlich. Der Leitzins muss einfach nur schnell genug gesenkt werden, z.B. unter 3% auf Zwölfmonatssicht. Ebenso hat sich die Wirtschaft bisher überraschend robust gezeigt und zumindest die Staatsausgaben bleiben hoch. Die Wahrscheinlichkeit einer weichen Landung liegt nach wie vor bei ungefähr 50%. Das ist angesichts der Wahrscheinlichkeit, die zu Beginn des Zinserhöhungszyklus galt (3,3%) nicht schlecht.

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1 Kommentar

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  • Bigdogg0806
    Bigdogg0806

    die heutigen Inflationsberechnung hat doch 0,0 zu tun mit früher, nicht mal im Ansatz. Was taugen also solche Vergleiche wie "heute steht die Kerninflation bei nur noch 4%"? Wahrscheinlich sind es nach alter Rechnung 7-8%.

    16:40 Uhr, 26.08.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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