Kommentar
11:30 Uhr, 04.05.2016

Wachsen die Bäume in den Himmel?

Wer zuviel vom Markt erwartet, wird bitter enttäuscht. Was ist in Kaufwellen möglich und was nicht. Worauf müssen sich Trader und Anleger einstellen?

Träumen Sie nach Ihren Aktienkäufen gerne vom nächsten Verdoppler? Ohne Zweifel, Aktien können dies, aber dafür muss man Geduld haben. Kaufwellen wachsen nicht in den Himmel und werden immer wieder von Korrekturen heimgesucht. In diesen muss man durchaus bereit sein, 50 und mehr Prozent seiner Buchgewinne wieder abzugeben, um zu hoffen, dass es später wieder nach oben geht.

Was ist jedoch an Performance möglich, bis es zu solchen Korrekturen kommt?

Eine wie ich finde, spannende Frage. Leider ist es mir mit meinen bescheidenen Programmierfähigkeiten noch nicht gelungen, dieser Frage systematisch über einen großen Pool von Aktien nachzugehen. Stattdessen muss der Weg zu Fuß beschritten werden, was ich exemplarisch an der Adidas Aktie gemacht habe.

Adidas Wochenchart

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Adidas war in den letzten Jahren eine der Werte, die sehr gut performen konnte. Von ihren Kursen bei 18 EUR im Jahr 2002 ist sie heute meilenweit entfernt. Es muss also eine Reihe guter Kaufwellen gegeben haben, um die Kurse auf die aktuellen Hochs zu treiben. Gleichzeitig sind die großen und kleinen Korrekturen im Kursverlauf zu erkennen.

Um die Performance der Kaufwellen zu „messen“, muss eine Definition her, wann diese beendet werden. Dazu griff ich im Tageschart auf einfaches Muster zurück, 123-Umkehrungen aus der Markttechnik. Abbildung 1 zeigt dieses Muster exemplarisch.

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Gemessen wurde die maximale Bewegung eines „Aufwärtstrends“, quasi zwischen zwei solchen Toppmustern. Dabei sollte klar sein, dass es sich um eine rein visuelle Auswertung handelt. Zudem flossen kleine Reaktionen nach oben bspw. in Form von Erholungen im Abwärtstrend nicht in die Analyse mit ein. Es musste sich bei der berücksichtigten Kaufwelle inhaltlich um einen Trend handeln, also eine visuell ausgeprägte Aufwärtsbewegung.

Wie weit reichen Kaufwellen?

In die kleine Statistik flossen insgesamt 47 Kaufwellen ein. Die größte Kaufwelle ohne zwischenzeitliches Toppingmuster trug die Aktie 51 % weit. Abbildung 3 zeigt die Verteilung / Häufigkeit einzelner Kaufwellen, wobei auf der x-Achse die Performancewerte, der y-Achse die Wahrscheinlichkeit angegeben ist. 12,77 % aller gemessenen Kaufwellen hatten demzufolge eine Performance zwischen 20 und 24,99 %, bevor es zum 123-Verkaufssignal kam.

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Abbildung 4 spiegelt die kumulierte Restwahrscheinlichkeit wider, dass Adidas eine Kaufwelle größer des auf der x-Achse vermerkten Wertes bis zu einem Toppinmuster absolviert. Die Chance, dass wir in Adidas im Falle einer Rally vom Tief bis zum Hoch einen Anstieg von mehr als 14,99 % sehen, beträgt 76,60 %. Aber nur 8,51 % der Kaufwellen schafften mehr als 39,99 % Performance.

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Fazit

Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, zumindest nicht so schnell und geradlinig, wie man es sich als Anleger / Investor vielleicht wünschen mag. Wer auf die großen Treffer setzt, muss zwischenzeitlich gegen sich laufende Verkaufssignale aussitzen, in der Hoffnung, dass es sich dabei nur um eine Korrektur handelt. Nur wenige Kaufwellen (unter 50 %) schaffen am Stück einen Anstieg von mehr als 25 %.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Performance aus Tradersicht eine rein theoretische ist, schließlich wird im Zuge der hier vorgestellten Analyse immer am absoluten Tief ge- und am absoluten Hochpunkt vor dem Verkaufssignal verkauft. Die Praxis wird jedoch anders aussehen. Hier wird der Trader gewisse Bodenformationen und Umkehrmuster abwarten müssen, die ihrerseits bereits einen oft nicht unwesentlichen Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden Performance auffressen können. Gleichzeitig dürfte auch der Ausstieg am absoluten Hochpunkt nur zufällig erfolgen. Auch hier wird man zumindest gewisse Ansätze einer Bewegungsumkehr abwarten müssen, bevor die Longposition geschlossen wird. Und wieder wird dabei ein wenig von der maximal erreichbaren Performance abgezwackt. So kann es am Ende schnell passieren, dass man von einer 20 %igen Rally vom absoluten Tief zum Hochpunkt nur 10 % oder weniger mitnehmen kann.

Interessant ist die Analyse auch hinsichtlich des Einstiegstimings. Oftmals wird das breite Publikum erst dann auf eine Aktie aufmerksam, wenn diese einen bereits ordentlichen Aufwärtstrend vorweist. Je weiter der Trend aber bereits gelaufen ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine zumindest temporäre Korrektur einsetzt. In Adidas nach einer Performance von bspw. 25 % vom absoluten Tief zum Hoch noch darauf zu hoffen, dass die Aktie jetzt ohne zwischenzeitliches Umkehrsignal weitere 20 % zulegt, ist der Abbildung 4 nach sehr unwahrscheinlich. Klar könnte dies der Trend sein, der die Skala nach oben hin sprengt, aber wahrscheinlich ist dies nicht. Dies bedeutet im Gegenzug war nicht, dass die Aktie diese 20 % nicht erreichen kann, aber man sollte sich zumindest darauf einstellen, eine zwischenzeitlich schwierige Phase in Form einer Korrektur durchstehen zu müssen. Wer also von seinem Trade viel erwartet, muss sich möglichst früh positionieren oder aber dem Trade später mehr Raum geben und ein wenig Geduld und Vertrauen mitbringen.

Viel Erfolg, Ihr

Rene Berteit

5 Kommentare

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  • tschak
    tschak

    Die vorherige Underperformance versus Nike (zum Beispiel) hat die folgende Outperformance (auch) ermöglicht. Zusätzlich muss man wissen, dass es bei ca. 60 EUR ein sehr negatives Sentiment seitens der Fundementaldaten, EHER NEWS gegeben hat.
    Ich habe damals "professionelle" Quellen gelesen, wo über einen Sportkonzern gelächelt wurde, welcher ZUVOR eine Bewertung wie ein High-Tech-Unternehmen hatte. Man merkt: Journalisten, Profis, sind oft Angestellte, welche nicht unbedingt unabhngig denken müssen und Investoren sind.

    12:28 Uhr, 04.05. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Ski-Ghost
    Ski-Ghost

    Danke Herr Berteit, eine gut Analyse. Ich schlussfolgere daraus, dass aktuell ein guter Zeitpunkt ist, die Aktie kurzfristig zu shorten. Hatte dies nach dem Shootingstar bis 120 EUR eh schon angedacht.

    12:05 Uhr, 04.05. 2016
  • rondollo
    rondollo

    Bald schon wird beim DAX ganz vorne eine 6 stehen.

    11:42 Uhr, 04.05. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über 25 Jahre professioneller Trader und Tradingmentor! Tausende von real durchgeführten Trades in Aktien, Indizes und Währungen! Fast 20 Jahre Mentorin und tausende von zufriedenen Ausbildungsteilnehmern! Diplom Betriebswirt mit Fokus Börse! Das ist unser Trader(mentor) René Berteit, der Ende der 90er die Börse für sich entdeckt hat. Börse, Trading und die Trader-Ausbildung sind für Ihn keine Berufe, sondern seine Berufung und Leidenschaft.

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