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14:57 Uhr, 27.05.2024

Villeroy de Galhau: EZB hat erheblichen Spielraum für Zinssenkungen

FRANKFURT (Dow Jones) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau "erheblichen Spielraum" für Zinssenkungen und ist dabei nicht an einen vierteljährlichen Rhythmus gebunden. "Nach den meisten Schätzungen liegt er (der neutrale Zinssatz, der das Wachstum weder bremst noch antreibt) nominal zwischen 2 und 2,5 Prozent. Das bedeutet nicht, dass wir zu diesem Zinssatz übergehen sollten, sondern dass wir bei einem Einlagensatz von 4 Prozent erheblichen Spielraum für Zinssenkungen haben", sagte er der Börsen-Zeitung. Aus seiner heutigen Sicht seien die aktuellen Markterwartungen bezüglich des Endpunkts der EZB-Zinssenkungen "nicht unangemessen", fügte er hinzu.

Der Gouverneur der Banque de France widersprach nicht der Einschätzung, dass die EZB ihre Zinsen im Juni um 25 Basispunkte senken dürfte und wollte einen weiteren Schritt gleich im Juli nicht ausschließen: "Ich lese manchmal, dass wir die Zinsen nur einmal im Quartal senken sollten, wenn neue EZB-Prognosen vorliegen, und daher den Juli ausschließen sollten. Warum, wenn wir von Meeting zu Meeting und datengetrieben arbeiten?", sagte er.

Er sage nicht, dass sich die EZB von Vorherein auf den Juli festlegen sollte, aber sie sollte hinsichtlich des Zeitpunkts und des Tempos von Zinssenkungen ihre Freiheit behalten. Seiner Aussage nach ist das Risiko einer zu späten oder zu schwachen Zinssenkung "mindestens genauso groß" wie das gegenteilige Risiko. "Die Europäer würden dann einen zu hohen Preis bei der Wirtschaftstätigkeit und der Beschäftigung zahlen", sagte er.

Der Franzose warnte überdies davor, auf einen neuen Ölpreisschock mechanisch mit Zinsanhebungen zu reagieren. "Es sollte keine automatische geldpolitische Reaktion geben, da wir prüfen müssten, ob dieser Schock auf die zugrundeliegende Inflation und die Inflationserwartungen übertragen wird oder nicht", sagte er. Wenn nicht, sollte die Geldpolitik nicht reagieren. "Wir wären ohnehin in der Lage, das Tempo unserer künftigen Zinssenkungen anzupassen."

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/jhe

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