Kommentar
05:59 Uhr, 31.07.2000

VerticalNet - Mutter aller vertikalen B2B`s

VerticalNet wurde vor kurzem von Goldman Sachs in die Recommended List aufgenommen, was die höchste Stufe in der Bewertungsskala der angesehenen Investmentbank darstellt.

Unternehmensgegenstand

VerticalNet betreibt 57 vertikale Communities, die in 9 übergeordnete Business Communities eingebettet sind. Nun soll der Aufbau am Beispiel der Business Community "Communcations Industrie" veranschaulicht werden.

Eine Business Community (Communications) besteht vereinfacht aus 9 Bereichen:
1. Suchfunktion
2. Produkt Center: bietet Informationen über die Produkte, mit Zugang zum Storefront für den Einkauf des Produkts
3. Marktplatz: ermöglicht den Verkauf von allgemeinen Industriegütern, Unternehmensbedarf, Research usw.
4. E-Commerce Center: Produktkatalog eines Unternehmens mit Handelsmöglichkeit
5. Storefronts: Werbemöglichkeiten für die Unternehmensprodukte
6. Editorial: Idustrieexperten werden Neuigkeiten, Analysen und Produktbetrachtungen angeboten
7. Professional Center: Jobangebote, Stellenbeschreibungen
8. Latest Headlines: Industrieneuigkeiten, Berichte
9. Diskussionsforen

Die Communications Industry Community besteht aus mehreren vertikalen Communities wie z.B. Digitalbroadcasting.com, Fiberopticsonline.com oder Wirelessnetworks.com.
Die vertikale Community Fiberopticsonline.com wiederum enthält über 58 verschiedene Storefronts (immer unterschiedliche Unternehmen), betrieben beispielsweise von Ortel, Pirelli und SDL Inc., Werbetreibende in dieser Community sind z.B. Microsoft und Agilent.

Industrieübersicht

Grundsätzlich muß man Buy-Side und Sell-Side orientierte B2B-Unternehmen unterscheiden. VerticalNet ist der Marktführer im Bereich Sell-Side: Wettbewerber im Sell-Side Bereich ist z.B. Onvia.com, Marktführer der Buy-Side sind u.a. FreeMarkets, Ariba und Commerce One. Bei Sell-Side Unternehmen steht der Verkäufer und Anbieter von Produkten im Mittelpunkt. Auf Sell-Side Plattformen preisen Unternehmen in Storefronts und E-Commerce Centern ihre Produkte an, Käufer wählen unter den Anbietern und treffen ihre Einkaufsentscheidungen. Das Marktvolumen wird für das Jahr 2005 auf ca. $4,5 Billionen geschätzt, im Jahr 1999 betrug der weltweite B2B Umsatz $135 Milliarden. B2B bleibt eine sehr aussichtsreiche Branche!

Umsatzzusammensetzung - und entwicklung

VerticalNet`s Communities bevölkern 1800 Unternehmen, wodurch VerticalNet entscheidende Reichweite in verschiedenste Industriesektoren besitzt. Die Umsätze werden aus Storefronts (durch Werbung), e-Commerce Center und Exchanges generiert.
Der Großteil der Exchange-Einnahmen stammen von dem übernommenen Betreiber eines B2B Marktplatzes für Halbleiter und elektronische Komponenten NECX.com.

Die Werbeeinnahmen aus den Storefronts bestimmen noch bei weitem den Einkommensstrom von VerticalNet. In den Communities existieren momentan ca. 6000 Storefronts, die durchschnittlich $3.500 pro Jahr ($1500-$9400) an Kosten für jeden Kunden von VerticalNet bedeuten. Die Anzahl der Storefronts wird Ende 2000 auf ca. 11.000 und Ende 2001 auf 38.000 geschätzt. Längerfristig ist eine Anzahl von 70.000 - 90.000 und mehr durchaus in Reichweite.

Entscheidend für VerticalNet`s Zukunft und auch für die Kursentwicklung ist die Umwandlung der Storefronts in E-Commerce Center (Kundenkosten ca. $15.000 pro Jahr). VerticalNet hat sich zum ersten Ziel gesetzt, 25 % seiner Storefronts in E-Commerce Center umzuwandeln oder zu erweitern. Ende 1999 existierten bereits ca. 50 E-Commerce Center (3-4 % des Umsatzes) in VerticalNet`s Business Communities, momentan dürfte die Anzahl auf ca. 160-180 angewachsen sein, Ende 2000 sollen es ca. 730 C-Commerce Center (12 % des Umsatzes) und Ende 2001 ca. 4500 Centers (22 % des Gesamtumsatzes) sein. Es wird geschätzt, daß ca. 3000 Unternehmen in jeder der 57 Industriezweige VerticalNet`s existieren, die über $50 Mio. jährlich umsetzen. Sollte VerticalNet in diesen Industriezweigen langfristig eine Durchdringung von 25 % erreichen, so ergeben sich Umsätzen in der Größenordnung von $500 Mio. aus E-Commerce Center-Gebühren. Nicht inbegriffen sind Transaktionsgebühren, die ca. 5 % des Transaktionsvolumens betragen und mit der Zunahme der E-Commerce Center natürlich überproportional ansteigen sollten. Die Haupteinnahmequelle werden jedoch weiterhin für längere Zeit die Storefronts bleiben. Das Umsatzwachstum vor Quartal zu Quartal sollte allgemein bis 2001 ca. 40-50 % betragen.

Im Gesamtjahr 1999 betrug der Umsatz VerticalNet`s $20,8 Mio., allein durch ein umfangreiches Abkommen mit Microsoft dürften in 2000 Umsätze von $20 Mio. und in 2001 Umsätze in der Höhe von ca. $100 Mio. generiert werden. Der Umsatz in 2000 wird auf $110-$130 Mio. und für 2001 auf $240-$260 Mio. geschätzt. VerticalNet`s Break Even wird für Mitte 2001 erwartet, wobei durch eine zügige Umsetzung der E-Commerce Center die operative Profitabilität durchaus früher eintreten könnte.

Expansionsstrategie

Neben dem amerikanischen Geschäft expandiert VerticalNet auch in den Rest der Welt. Zusammen mit der Muttergesellschaft (noch ca. 30 % an VerticalNet) Internet Capital Group, und British Telecom wurde VerticalNet Europe gegründet, woran VerticalNet 56 % hält.
VerticalNet UK wird in Kooperation mit British Telecom (50-50) betrieben. In den asiatischen B2B-Markt dringt VerticalNet zusammen mit Softbank ein.

Ein kritischer Punkt in VerticalNet`s Strategie ist die technologische Umsetzung der Infrastruktur innerhalb der Communities, um Handel (Transaktionen) zu ermöglichen. Dies bewerkstelligt VerticalNet durch Übernahmen (Isadra), Kooperationen (Webmethods, Yantra) und Eigenleistung. Ein Grund für die kürzliche Aufstufung durch Goldman Sachs waren eben gute Fortschritte in diesem Bereich.

Letztes Quartal
Der Betreiber von B2B-Communities übertraf mit einem Verlust von nur $0,23 nach $0,10 im Vorjahresquartal die Analystenschätzungen mit Leichtigkeit. Die Umsätze stiegen gegenüber dem Vorjahresquartal um 1400 % und gegenüber dem Vorquartal um 95 % auf $53,6 Millionen. NECX.com`s Umsatz verdoppelte sich gegenüber dem Vorquartal. VerticalNet kann die Anzahl seiner Storefronts gegenüber dem ersten Quartal um 153 % auf 8345 erhöhen. Der Umsatz von Transaktionen und Kommissionen sind $4 Mio. gegenüber $1 Mio. im Vorquartal. Die liquiden Assets belaufen sich auf $181,6 Millionen, womit in den kommenden Monaten auch Übernahmen angedacht sind. Mit dem Bericht der Quartalszahlen wurde auch im Managementbereich eine Erweiterung bekanntgegeben. Amazon`s ehemaliger President Galli wird neuer CEO von VerticalNet.

Einschätzung

VerticalNet bietet nicht nur den bloßen Transaktions - und E-Commerce Vorgang an. Die nach Industriezweigen getrennten, übersichtlichen Vertical`s befriedigen die Kunden auch im Hinblick auf Community-Inhalte und Content, wodurch die Bindung an den Marktplatz erhöht werden dürfte. VerticalNet wird auch in Zukunft nicht nur von den Transaktionsgebühren abhängig sein, sondern auch weiterhin einen bedeutenden Anteil seiner Umsätze aus Sponsorship und Werbung beziehen. Die Zukunft des B2B-Unternehmens VerticalNet kann man jedoch in den E-Commerce Centern sehen, die den Großteil der Umsätze ausmachen werden. Die Center-Gebühren werden in diesem Umsatzzweig eine sehr umfangreiche Grundlage bilden, die Transaktionseinnahmen dürften das Salz in der Suppe - mit einem noch nicht abschätzbaren - Volumen, sein. Diese Ausführung von B2B-Marktplätzen könnte dem Schema einer B2B-Plattform der Zukunft sehr nahe kommen. Ein großer Vorteil von VerticalNet ist eben dieses Industrie-übergreifende Konzept, wodurch ein Kunde beispielsweise den gesamten Materialbedarf für die Herstellung eines Produktes über VerticalNet`s Marktplätze beziehen kann. Nicht vergessen darf man die Absicht VerticalNet`s mehrere vertikale Communities auszugliedern und in Kooperation mit führenden Unternehmen an die Börse zu bringen. Mit einem Kurs von $42 5/8 und einer Marktkapitalisierung von $3,46 Milliarden am 28.07.2000 ist VerticalNet nicht billig, im Gegensatz zu Ariba mit einer Marktkapitalsierung von ca. $25 Mrd. und Commerce One mit ca. $6,7 Mrd. ist VerticalNet jedoch eine günstigere Möglichkeit am zukünftigen B2B-Boom zu partizipieren. Ein Investment in VerticalNet, wie auch in Ariba und in Commerce One, sollte langfristig eingegangen sein. Durch den noch in Entwicklung befindlichen Markt sind B2B Aktien besonders volatil und nur für nervenstarke Anleger zu empfehlen. VerticalNet wird jedoch neben Unternehmen wie Ariba und Commerce One zu den Gewinnern im B2B Segment zählen.

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