Verspannungen am Rentenmarkt
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Sowohl in den USA als auch im Euroraum mussten Rentenpapiere im Juni per saldo Kursverluste hinnehmen. Zunächst allerdings präsentierten sich die Märkte in fester Verfassung, wobei die Renditen auf neue Tiefstände fielen. Angesichts einer weiterhin angespannten Konjunkturlage und anhaltender Deflationsbefürchtungen waren es vor allem Zinssenkungshoffnungen, welche die Märkte beflügelten. In der Eurozone wurden die Erwartungen bereits in der ersten Juni-Woche erfüllt, als die EZB den Hauptrefinanzierungssatz um 50 Basispunkte auf zwei Prozent ermäßigte, womit das niedrigste Leitzinsniveau seit Ende des Zweiten Weltkrieges erreicht war. In den USA mussten Marktteilnehmer bis Ende des Monats warten, bevor die FED den Tagesgeldsatz um 25 Basispunkte auf ein Prozent herabsetzte, dem niedrigsten Stand seit 1958. Das Ausmaß enttäuschte, obwohl bereits zur Monatsmitte, als recht erfreuliche Konjunkturdaten Hoffnungen auf eine baldige Wirtschaftsbelebung schürten, Zweifel an einem großen Zinsschritt aufgekommen waren und die Renditen nach oben trieben. Vor allem der überraschend deutliche Anstieg des New York Fed Empire State Index, welcher die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe des Staates New York misst, sowie ein besser als erwarteter Verbrauchervertrauensindex ließen einen konjunkturellen Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlich werden. Auch die nur ,,leichte" geldpolitische Lockerungsmaßnahme der FED deutete auf erste Besserungstendenzen in der US-Volkswirtschaft hin, auch wenn die Notenbank betonte, dass nachhaltige Wachstumsimpulse bislang noch fehlen. Im Monatsvergleichen zogen die Renditen der 30-jährigen US-Staatspapiere um rund 20 Basispunkte an. In Deutschland erhöhte sich die Umlaufrendite um 15 Basispunkte auf zuletzt 3,54 Prozent.
Zunächst noch durch labile Konjunktur begünstigt: Ein verhaltenes Wirtschaftswachstum und niedrige Inflationsraten sollten sowohl in den USA als auch in Euroland weiterhin für ein intaktes Umfeld an den Rentenmärkten sorgen. In den USA scheint allerdings der Konjunkturoptimismus langsam zurückzukehren. Impulse kommen insbesondere von Seiten der Verbraucher. Sowohl deren Ausgaben als auch das Konsumentenvertrauen fielen zuletzt besser aus als erwartet. Zwar dürfte die Arbeitslosenquote im Juni nochmals leicht angestiegen sein, die rückläufigen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe signalisieren jedoch, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt langsam zu entspannen beginnt. Unterstützung erfährt die US-Konjunktur weiterhin durch die Geld- und Fiskalpolitik und auch eine expansiv ausgerichtete Steuerpolitik wirkt wachstumsfördernd. Mit Blick auf die Notenbankpolitik kann es angesichts noch fehlender nachhaltiger Anzeichen einer Konjunkturbelebung zu einer erneuten Leitzinsermäßigung kommen, denn die FED hat sich auf ihrer letzten Sitzung gerade mit der Betonung von Deflationsrisiken die Tür für eine weitere Maßnahme offen gelassen. Damit werden jedoch die Chancen auf vom Markt bereits erwartete Anleihe-Rückkaufprogramme vorläufig deutlich gemindert. Insgesamt sehen wir durchaus noch Chancen für den US-Bondmarkt. Eine Weile könnte sich zwar noch die jüngste ,,Sommerkorrektur" fortsetzen, doch steht uns eine dauerhafte Trendumkehr nicht bevor, zumal die FED vermutlich sehr darum bemüht sein wird, dass die Finanzierungsbedingungen in der US-Wirtschaft günstig bleiben. Aufgrund von anhaltenden Währungsrisiken empfehlen wir derzeit jedoch Zurückhaltung bei entsprechenden Engagements. In der Eurozone bleiben die Konjunkturperspektiven verhalten, auch wenn sich für die Sommermonate ein schwaches BIP-Wachstum abzeichnet. So ist der wichtige Ifo-Geschäftsklimaindex zum zweiten Mal in Folge gestiegen, wobei sich sowohl die Einschätzung der aktuellen Lage als auch die Geschäftserwartungen positiv entwickelten. Zu dem vorsichtigen Stimmungsumschwung in Deutschland trug nicht zuletzt die intensiver werdenden Debatten um Strukturreformen am Arbeitsmarkt und in den Sozialversicherungen sowie ein Vorziehen der Steuerreform bei. Positiv zu Buche schlug auch der unerwartete Anstieg der Euroland-Industrieproduktion. Dagegen schwächten sich die Frühindikatoren aus Frankreich (INSEE-Index) und Italien (Verbrauchervertrauen) leicht ab. Mit Blick auf die EZB gehen wir davon aus, dass sie aufgrund der anhaltenden Konjunkturschwäche, eines gemäßigten Inflationsszenarios sowie der Euro-Stärke im späteren Jahresverlauf noch einen expansiven Zinsschritt vornehmen wird. Hierfür könnte beispielsweise auch die kürzlich vollzogene Kehrtwende in der EZB-Strategie mit Schwächung der "Geldmengen-Säule" sprechen, welche auf einen "Easing Bias" hindeutet.
Quelle: Union Investment
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.