Kommentar
17:13 Uhr, 29.04.2009

USA: Wirtschaftliche Aktivität auch im ersten Quartal durch Finanzmarktschock belastet

1. Die wirtschaftliche Aktivität hat auch im ersten Quartal 2009 deutlich abgenommen. Das Bruttoinlandsprodukt ist nach vorläufigen Angaben um 6,1 % gegenüber dem Vorquartal (annualisiert) gesunken (Bloomberg-Median und DekaBank: -4,7 %) und hat damit negativ überrascht. Entgegen unserer bisherigen Annahme, dass sich zumindest die Abwärtsdynamik im Vergleich zum ebenfalls sehr schwachen vierten Quartal 2008 verringern würde, blieb diese unverändert hoch. Ähnlich wie im Vorquartal ist für die gesunkene wirtschaftliche Aktivität der Finanzmarktschock hauptverantwortlich gewesen.

2. Die Details offenbaren einige Überraschungen, die letztlich sogar eine Aufhellung für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung bedeuten: Nach zwei extrem deutlichen Rückgängen in den Vorquartalen stieg der private Konsum im ersten Quartal um 2,2 % (qoq, ann.). Wir hatten zwar mit einem Zuwachs gerechnet, allerdings bei weitem nicht in dieser Größenordnung. In den USA gibt es die Besonderheit, dass der private Konsum (nach VGR-Abgrenzung) sogar auf Monatsbasis statistisch erhoben wird. Hierfür liegen allerdings nur die Monate Januar und Februar vor, sodass unser Prognosefehler nur zwei Ursachen haben kann: Entweder ist die Entwicklung im Monat März deutlich stärker gewesen, als von uns prognostiziert. Oder die beiden Vormonate wurden kräftig nach oben revidiert. Der monatliche Verlauf wird bereits morgen Nachmittag veröffentlicht, sodass dann mehr Klarheit hierüber besteht. Für den weiteren Ausblick ist dies bedeutend, weil wir bislang davon ausgingen, dass im zweiten Quartal der private Konsum nochmals spürbar sinken würde. Mit den heutigen Zahlen für das erste Quartal sinkt hierfür eindeutig die Wahrscheinlichkeit.

3. Die gewichtigste negative Überraschung findet sich bei den Daten zur Investitionstätigkeit: Die Ausrüstungsinvestitionen sind im ersten Quartal um knapp 34 % (qoq, ann.) gesunken. Der Rückgang ist nicht nur stärker als der des Vorquartals, sondern auch ausgeprägter als von uns erwartet. Eine herbe Enttäuschung ist daneben der Einbruch der Gewerbebauinvestitionen. Diese sanken sogar um 44 % (qoq, ann.), was ein Rekordrückgang bedeutet (Erhebungsbeginn: 1947). Nochmals erhöht hat sich die Abwärtsdynamik im privaten Wohnungsbau. Der Rückgang der Wohnungsbauinvestitionen um knapp 40 % (qoq, ann.) ist der höchste seit Anfang der Achtzigerjahre. In allen drei Fällen deuten sich inzwischen Verbesserungen für die Entwicklung im zweiten Quartal an. Im Falle der Ausrüstungsinvestitionen sind es die Auftragseingänge, für die Gewerbebauinvestitionen sind es spezielle Stimmungsindikatoren aus diesem Bereich und im Wohnungsbau bereits verschiedene Wohnungsbauindikatoren, die im Laufe des ersten Quartals eine Bodenbildung vollzogen haben. Diese Verbesserungen reichen in allen drei Fällen noch nicht dafür aus, um für das laufende Quartal bereits Zuwächse zu erwarten. Somit ist es recht wahrscheinlich, dass sich die verheerend hohen Schrumpfungsraten des ersten Quartals nicht im zweiten Quartal fortsetzen, aber von weiteren Rückgängen kann ausgegangen werden.

4. Ebenfalls dramatisch sind die Entwicklungen im Außenhandel: Die Exporte brachen nochmals um 30 % ein. Dank eines noch höheren Importrückgangs (-34 %) lieferte der Außenhandel allerdings einen überraschend hohen positiven Wachstumsbeitrag.

5. Dass das beschlossene Konjunkturpaket noch keine positiven Wachstumsimpulse im ersten Quartal geliefert hat, sondern erst in den kommenden Monaten seine Wirkungen entfalten wird, lässt sich sehr gut an der Entwicklung der Staatsausgaben erkennen. Diese sanken nämlich vergleichsweise deutlich um knapp 4 %. Hintergrund hierfür sind einmal die angespannten Finanzsituation der Bundesstaaten und ein negativer Rückpralleffekt im Bereich Defense.

6. Die verwendungsseitige Berechung des Bruttoinlandsprodukts wird komplettiert durch die Lagerinvestitionen. Diese lagen unseren Erwartungen entsprechend im ersten Quartal bei knapp -104 Mrd. US-Dollar. Die Interpretation von Lagerdaten ist grundsätzlich etwas schwieriger. Wir gehen davon aus, dass es sich hierbei weitgehend um einen ungeplanten Lagerabbau handelt. Bedenkt man die Nachrichtenlage während des ersten Quartals, konnten die Unternehmen kaum von einer zunehmenden privaten Konsumnachfrage ausgehen. Für die zukünftige Entwicklung bedeutet dieses extrem niedrige Niveau der Lagerinvestitionen einen erheblichen Wachstumsschub in den kommenden Quartalen. Hierfür ist es nicht etwa erforderlich, dass die Lagerinvestitionen wieder zunehmen, also positiv sind. Bereits ein geringerer Lagerabbau als im ersten Quartal bedeutet einen positiven Wachstumsbeitrag für das Bruttoinlandsprodukt. Geht man beispielsweise davon aus, dass die Lagerinvestitionen Ende 2010 wieder bei null liegen, was einen fortgesetzten Lagerabbau über diesen Zeitraum hinweg bedeutet, dann führt dies zu einem positiven Wachstumsbeitrag von knapp einem Prozentpunkt bis Ende 2010.

7. Die US-Wirtschaft hat im ersten Quartal 2009 noch sehr stark unter dem Finanzmarktschock gelitten. Dies ist vor allem an den Investitionsdaten zu erkennen. Bereits zum Ende des Quartals wurde deutlich, dass dieser Belastungsfaktor an Kraft verliert, sodass es eher unwahrscheinlich ist, dass auch das zweite Quartal 2009 solch ausgeprägte Schrumpfungsraten aufweisen wird. Die Diskussion um die hohen Ausfallraten im Bereich der Kreditkartenkredite zeigt, dass die eigentliche Kreditkrise weiterhin besteht, wenngleich der Finanzmarktschock und seine Folgen zunehmend der Vergangenheit angehören. Diese Kreditkrise hatte weder vor dem Finanzmarktschock noch danach ausreichend Gewicht um ein Schrumpfen der wirtschaftlichen Aktivität herbeizuführen. Sie gleicht vielmehr einem Klotz am Bein der US-Wirtschaft, der die grundsätzliche Vorwärtsbewegung der Volkswirtschaft auch über das Jahr 2009 hinaus hemmt. Die Zeit nach der Rezession wird also von einem weit unterdurchschnittlichen Aufschwung geprägt sein, und die US-Wirtschaft bleibt anfällig für exogene Schocks jeglicher Art.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen