Kommentar
15:53 Uhr, 02.10.2003

USA: Wachstumsbuckel?

Die Wachstumslokomotive USA steht unter Dampf. Für den Dampf im Heizkessel sorgen bislang vor allem fiskalische und mit Abstrichen monetäre Impulse. Reicht das, um einen selbsttragenden Aufschwung zu induzieren oder kommt es zu einem "Wachstumsbuckel"?

Die US-Wirtschaft erholt sich zusehends. Im zweiten Quartal konnte das reale BIP um annualisiert 3,3 % gegenüber dem Vorquartal zulegen. Träger der Expansion waren vor allem der private Konsum (+3,8 %) und der Staatsverbrauch (+8,5 %). Die jüngsten Daten signalisieren sogar eine noch stärkere Dynamik im dritten und vierten Quartal. So stieg die Ausgaben der privaten Haushalte im August im Vergleich zum Vorjahr um knapp 3,0%.

Konjunkturpaket treibt Konsum

Woher rührt die Dynamik? Neben dem unverändert günstigen monetären Umfeld, die Leitzinsen liegen nach wie vor auf sehr niedrigem Niveau, ist es primär die Fiskalpolitik, die für einen massiven Stimulus sorgt. Das Konjunkturpaket von Präsident Bush (Steuerentlastung von 350 Mrd. US$ bis 2010) wurde zwar bereits Ende Mai vom Kongress verabschiedet, entfaltet seine Wirkung über niedrigere Steuern aber erst seit dem 1. Juli. Die Maßnahmen greifen im Einzelnen auf zwei Ebenen:

- Auf der einen Seite kommt es zu Steuersenkungen für die privaten Haushalte. Dies sind u.a. die Senkung der Grenzsteuersätze bei der Einkommensteuer, die Reduzierung des Eingangssteuersatzes bei höheren Einkommensgruppen, Steuererleichterungen für Ehepaare und die Anhebung des Kinderfreibetrages. Da für im ersten Halbjahr des laufenden Jahres "zuviel" bezahlte Steuern und die Anhebung des Kinderfreibetrages Steuerschecks versendet wurden, wirken sich diese Maßnahmen über eine Erhöhung des frei verfügbaren Einkommens direkt auf den Konsum aus.

- Auf der anderen Seite hat die Regierung aber auch die Investitionen im Blick. Bei der Kapitalgewinn- und Dividendenbesteuerung wurden die Steuersätze gesenkt und kleinen Unternehmen ist es nun erlaubt, ein größeres Investitionsvolumen sofort abzuschreiben.

Wachstumsbuckel?

Die stärksten Entlastungswirkungen des Konjunkturpakets ergeben sich zwischen dem dritten Quartal 2003 und dem zweiten Quartal 2004. Im zweiten Halbjahr 2003 schlagen insbesondere die Effekte der Erhöhung des Kinderfreibetrages zu Buche. In der ersten Jahreshälfte 2004 wirken sich dann andere Elemente der Steuergesetzgebung aus. Hier erklärt sich die Steuererleichterung aus der Senkung nicht einbehaltener Steuern (Senkung der Kapitalertrag- und Dividendensteuer und Steuerminderung für Ehepaare). Welchen Konjunktureffekt diese Stimuli haben, ist von der Konsumquote abhängig. Das US-Handelsministerium geht davon aus, dass 75 % der Steuerersparnisse aus der Anhebung des Kinderfreibetrags in den Konsum fließen werden und der Rest gespart wird. Im Hinblick auf die niedrigeren Grenzsteuersätze geht das Ministerium davon, dass hiervon maximal 50 % konsumtiv verwendet werden, da diese Änderung überwiegend höhere Einkommensgruppen betrifft. Aufgrund des großen fiskalischen Impulses ist in diesen Monaten dementsprechend auch mit dem stärksten Wachstum zu rechnen. Die Wachstumsraten dürften nach Konsensusschätzungen etwa 5,0 % betragen und somit deutlich über dem Potenzialwachstum von ca. 3,0 bis 3,5 % liegen. Aber was kommt, wenn der fiskalische Impuls nachlässt? Befindet sich die US-Ökonomie dann in einem Zustand, der einen selbsttragenden Aufschwung ermöglicht? Aus unserer Sicht sind hierfür drei Faktoren entscheidend:

- Zum einen die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Bislang hat sich die Ende 2001 begonnene wirtschaftliche Erholung nicht in den Beschäftigungszahlen, zumindest nicht positiv, niedergeschlagen. Von "jobless recovery" ist die Rede, da seit Ende 2000 die Arbeitslosenquote von 3,9 auf 6,1 % gestiegen ist und seitdem rund 3 Millionen Arbeitsplätze abgebaut wurden. Eine rasche Wende scheint nicht in Sicht, denn das hohe Produktivitätswachstum zeigt, dass die Unternehmen die Nachfrage auch ohne neue Arbeitskräfte befriedigen können.

- Zum anderen muss ein Blick auf den finanziellen Konsolidierungsprozess im Privatsektor geworfen werden. Die Flow of Funds- Daten der Fed zeigen, dass der Privatsektor mit einem Finanzierungsdefizit von 1,4 % noch weit von einer für den Beginn einer Aufschwungsphase charakteristischen soliden Finanzsituation entfernt ist.

- Schließlich dürfte die durch die niedrigen Zinsen geförderte Refinanzierungswelle am Immobilienmarkt auslaufen, mit dementsprechende Folgen für die Vermögenssituation des Privatsektors.

Was also passiert mit der US-Konjunktur, wenn der größte Block der Steuerentlastungen vorüber ist? Die Konjunktur wird nicht mehr mit einer Rate von 5,0 % zulegen. Allerdings ist auch nicht mit einer deutlichen Abkühlung zu rechnen, denn der Fiskalimpuls verschwindet nicht, er wird nur geringer. Unter Berücksichtigung der oben skizzierten Aspekte dürfte sich das Wachstum des realen BIP im Verlauf des nächsten Jahres leicht unter der Potenzialgrenze einpendeln.

Quelle: dit

Der dit (Deutscher Investment Trust) verfügt über mehr als 45 Jahre Fondsmanagement-Erfahrung in Deutschland und ist Teil einer der größten Vermögensverwalter der Welt - der Allianz Dresdner Asset Management. Mit mehr als 1.000 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen ist die Allianz Dresdner Asset Management einer der fünf größten Vermögensverwalter der Welt.

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