USA: Konjunkturerholung ohne Gewinnerholung?
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Borsego-go.de Kommentar:
USA: Konjunkturerholung ohne Gewinnerholung?
Die Mehrheit der Marktteilnehmer ging davon aus, dass die Rezession im Jahr 2001 sehr heftig ausfallen würde. Nun liest man in den Medien, dass die Rezession bereits vorbei sei. Paul O'Neill, der US-Finanzminister, sieht die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten bereits wieder auf solidem Boden, er ist sogar der festen Meinung, dass es 2001 faktisch überhaupt keine Rezession in den USA gab. Und auch die Wirtschaftsdaten sprechen dafür: Ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes war nur im dritten Quartal festgestellt worden (-1.3 Prozent), im vierten Quartal 2001 wuchs die Wirtschaft nach den revidierten Schätzungen mit 1.2 Prozent. Die finalen Daten zum BIP-Wachstum im Q4 werden am 28. März veröffentlicht.
Die CEOs der US-Unternehmen sprechen allerdings eine andere Sprache. Obwohl seit Herbst letzten Jahres eine Erholung nicht geleugnet werden kann, ist die Zukunft ungewiss. "Wir können keine Erholung erkennen," so John Dillon, CEO von International Paper. Die Melancholie der CEOs scheint auch auf die Aktionäre abzufärben: Seit der starken Erholung der Märkte seit dem 11. September gab es wenige Zeiträume, in dem der Aktienmarkt an mehreren aneinanderfolgenden Tagen im Plus schloss.
Zwei Welten. Analysten gehen von zwei Szenarien aus. Zum einen könnten die Volkswirte falsch liegen und es stellt sich heraus, dass die Erholung des vierten Quartals von einem noch schwereren Abschwung im ersten Quartal gefolgt wird. Die Historie belegt, dass es solche Entwicklungen in der Vergangenheit gegeben hat: Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in mehreren Rezessionen Erholungen, an die sich neue Rezessionen anschlossen. "Jeder weis, dass es an potentiellen Gefahren für die laufende Erholung nicht mangelt: die Schwäche in Japan, der überbewertete Dollar oder die internationalen Terrorcamps, um einige Beispiele zu nennen," so ein Händler.
Die unterschiedliche Entwicklung der Konjunktur auf der einen Seite und der Gewinne und Investitionen auf der Anderen, wird an aktuellen Daten deutlich. Während die Wirtschaft im Jahr 2001 um 1.2 Prozent wachsen konnte, brachen die Gewinne bis September um 21 Prozent ein (endgültige Daten zu den Gewinnen der Unternehmen im Gesamtjahr werden am 28. März veröffentlicht). Bei einer Erholung der Konjunktur wird sich natürlich auch die Gewinnsituation der Unternehmen verbessern, die Frage ist nur in welchem Ausmass. Der S&P 500, der Mitte 2001 seine Talfahrt begann, verlor im Jahr 2001 weitere 13 Prozent. Anleger, institutionelle Investoren und andere, die auf Corporate America setzten, haben große Verluste eingefahren.
Die Konjunktur konnte sich von dieser Entwicklung abkoppeln. Durch die Zinssenkungen der US-Zentralbank wurde der Kauf eines Eigenheims für Amerikaner vergleichsweise günstig. Darüber hinaus stehen großen Mengen an Finanzmitteln für den Konsum und für die Refinanzierung von Immobilien bereit. Des weiteren entwickelte sich die Produktivität im Jahr 2001 unbeirrt stark.
Während nun aber der Hauskauf günstig sein mag, können die Unternehmen die Niedrigzinsen nicht in voller Bandbreite ausnutzen, da die hohen Schuldenberge im Telekommunikations-Sektor und der Bankrott des Energiegiganten Enron das Vertrauen der Wirtschaft verletzten. Kredit Rating Agenturen wie Moody`s haben somit in der jetzigen Zeit Hochkonjunktur. Die Kredit Ratings vieler Unternehmen werden reduziert, was die Kapitalaufnahme für diese Unternehmen deutlich erschwert und verteuert. Und obwohl die Produktivität stark wächst, können die Unternehmen auch diese nicht hundertprozentig für sich nutzen, weil die Preise einbrachen. Der Produzentenpreisindex wies im Jahr 2001 ein Minus von 2.6 Prozent aus, den stärksten Rückgang in 50 Jahren. Dies sei laut International Paper´s Dillon das Ergebnis von Überkapazität, die durch den globalen Wettbewerb, den starken Dollar und die gewachsenen Produktivität erzeugt wurde.
Ein Hauptgrund für den Crash der Aktienmärkte waren die hohen Zukunftserwartungen der Marktteilnehmer während der späten 90er. "Das ist ein nicht aufrecht zu erhaltendes Langfristphänomen," so Ethan Harris, Volkswirt bei Lehman Brothers. "Man kann nicht die Gewinne gleichzeitig mit dem Einkommen erhöhen." Harris kommentiert hier die Erwartung der Beschäftigten, dass die Einkommen weiter steigen werden. Seit 1997 zeigen offizielle Daten, dass das durchschnittliche Einkommen sogar stärker stieg, als die Gewinne der Unternehmen.
Der Chefökonom von Standard & Poor´s schätzt, dass das BIP in den nächsten Jahren mit nicht mehr als 3.5 Prozent wachsen wird. Wyss ist der Meinung, dass dieses Wachstum ein Gewinnwachstum von 6 Prozent rechtfertige.
Ende Februar bezahlten Investoren für einen Dollar Gewinn eines durchschnittlichen S&P Unternehmens satte 29 Dollar. Wenn man von dem Bewertungsmodell ausgeht, dass unter der Bezeichnung "Fed Model" bekannt ist (Division der Earningsprognosen des nächsten Jahres durch den Satz einer 10 Year Treasury Note), erwarten Investoren somit ein Gewinnwachstum von 39 Prozent. Inwieweit diese Erwartung und Bewertung gerechtfertigt ist wird die Zukunft zeigen, birgt jedoch weiterhin ein nicht zu vernachlässigendes Risiko.
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