Kommentar
09:45 Uhr, 15.01.2004

USA: Beige Book sieht anhaltenden Aufschwung

1. Wie die US-Notenbank in ihrem neuesten Überblick über die Wirtschaftsbedingungen in den einzelnen Regionen, dem so genannten Beige Book, berichtet, setzte sich der Aufschwung in den letzten Monaten weiter fort. Der stärkste Bericht kam erfreulicherweise aus dem größten Fed-Distrikt San Francisco, der den gesamten Westen der USA und Alaska umfasst. Viele Distrikte berichteten von moderaten Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt in Form geringerer Entlassungen oder vermehrten Neueinstellungen. Lohndruck ist aber ebenso wenig zu sehen wie Preisdruck.

2. Was die Konsumausgaben anbelangt, so war das Weihnachtsgeschäft erfreulich. Alle Distrikte berichteten von optimistischen Umsatzerwartungen im Einzelhandel. Die Autoverkäufe waren ebenfalls im Allgemeinen positiv mit optimistischen Erwartungen der Händler für 2004.

3. Fast alle Distrikte berichten für das verarbeitende Gewerbe von einer erhöhten Aktivität mit zum Teil anziehender Beschäftigung. Die positiven Investitionspläne der Industrie beziehen sich in erster Linie auf Ersatzinvestitionen in Informationstechnologien und andere Kapitalausrüstungsgegenstände. Zum Teil wird sogar wieder über Erweiterungsinvestitionen nachgedacht. Allerdings klagen die Distrikte Boston und Philadelphia immer noch über Überschusskapazitäten.

4. Der private Wohnungsbau bleibt robust, der gewerbliche schwach: ein Bild also wie gehabt. Allerdings mehren sich auch im gewerblichen Wohnungsbau die positiven Zeichen. Die Aktivität in der Tourismusbranche verbesserte sich substanziell aufgrund guter Schneeverhältnisse, einer verstärkten Messeaktivität und des schwachen US-Dollars, der Touristen aus dem Ausland in die USA lockt. Die anderen Dienstleistungsbranchen konnten auch vermehrt Positives berichten. Im Bankengewerbe blieb die Kreditnachfrage allerdings größtenteils unverändert bzw. ging sogar etwas zurück, wie auch die Refinanzierungsaktivitäten im Hypothekengeschäft und damit die Vergabe von Hypothekenkrediten. Die Kreditqualität und die Kreditstandards blieben in den meisten Distrikten unverändert.

5. In der Energiewirtschaft planen die Produzenten von Naturgas zwar erhöhte Investitionen in Erwartung einer steigenden Aktivität der Wirtschaft. Gleichzeitig wird aber in den kommenden Monaten von einer geringeren Ölproduktion ausgegangen. Die Rinderseuche BSE führte zu einer erheblichen Unsicherheit in der Viehzucht.

6. Auf dem Arbeitsmarkt zeigte sich in den meisten Distrikten eine Verbesserung der Situation. Allerdings bleibt das Einstellungsverhalten der Unternehmen weiterhin zögerlich. Lohndruck ist vor diesem Hintergrund praktisch nicht zu sehen. Allerdings registrierten die meisten Distrikte erheblichen Druck von Seiten der Gesundheitskosten und der Sozialversicherungsabgaben der Arbeitgeber. Der Preisdruck auf den Gütermärkten bleibt ebenfalls verhalten, auch wenn die Rohstoffpreise (insbesondere für Stahl) erheblich anstiegen.

7. Wann kommt vor diesem Hintergrund die Zinswende? Dies ist die wohl spannendste Frage an den Kapitalmärkten. Wir vertreten schon seit geraumer Zeit die Sicht, dass die Fed die Zinsen erst im September 2004 erhöhen wird. Die Gründe hierfür sind in erster Linie der günstige Inflationsausblick bei gleichzeitig starken Konjunkturdaten. Wäre nicht der nach wie vor unbefriedigende Arbeitsmarkt, so könnte man schon fast wieder von einer "Goldilocks Economy" sprechen, in der die Daten genauso ausfallen, wie man sie sich wünscht. Wie der schlechte Arbeitsmarktbericht vom letzten Freitag aber gezeigt hat, geht der Aufschwung, der sich bislang an der Wall Street offenbart aber an der Main Street des Arbeitsmarktes noch weitgehend vorbei. Der Lohn- und folglich der Preisdruck bleiben somit verhalten, was der Fed Spielraum gibt, die Zinsen weiter niedrig zu belassen.

8. Die Märkte - abzulesen an den Futures für Fed Funds - haben dies inzwischen ebenfalls verstanden und die prognostizierte Zinserhöhung, ausgehend von März als dem ersten erwarteten Zinsschritt, sukzessive nach hinten verschoben. Inzwischen sagen sie wie wir die erste Zinserhöhung für September voraus. Da in der Fed eine große Fraktion gibt, die der Ansicht ist, dass die Märkte genauso viel wissen wie die Fed selbst, fühlen wir uns daher in unserer Meinung bestätigt.

9. Aufgrund des schwachen Arbeitsmarktes und des äußerst günstigen Inflationsklimas - die Kernrate der Konsumentenpreise liegt momentan bei lediglich 1,1 % yoy - ist es aber inzwischen sehr gut möglich, dass die Fed die erste Zinserhöhung auf Anfang 2005 verschiebt. Denn erstens hätte die Fed dann auf ihrem zweitägigen "Strategiemeeting" im Januar 2005 die Gelegenheit, die weitere Vorgehensweise in extenso zu besprechen. Und zweitens hätte ihr Notenbankchef Greenspan die Gelegenheit, die Zinswende bei seiner "Humphrey-Hawkins-Anhörung" vor dem Kongress im Februar 2005 verbal einzuläuten. Solange allerdings nicht eindeutige Zeichen von der Fed ausgesendet werden, dass 2004 keine Zinserhöhungen mehr zu erwarten sind, wollen wir weiter bei unserer Septemberprognose bleiben. Denn es besteht ja auch das Risiko, dass die Konjunkturdaten in den nächsten Monaten positiv überraschen. Für den Zinsentscheid am 29. Januar 2004 erwarten wir folglich ein konstantes Leitzinsniveau von 1 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 122 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.

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