Kommentar
16:39 Uhr, 31.07.2017

US-Wachstum: Das überzeugt nicht!

Auf den ersten Blick sieht es so, aus als hätte die US-Wirtschaft wieder ein gutes Wirtschaftswachstum abgeliefert – auf den ersten Blick.

Euphorisch kann man die meisten Kommentare zum US-Wachstum im zweiten Quartal nicht nennen. Das ist schon etwas bemerkenswert, denn das Wachstum lag immerhin bei 2,6 %. Erwartet wurde weniger. Zudem handelt es sich um mehr als eine Verdopplung des Tempos im Vergleich zum ersten Quartal. Da wuchs die Wirtschaft nur um 1,2 %.

Dass sich der Jubel in Grenzen hält, hat gute Gründe. Ganz überraschend kam die Beschleunigung des Wachstums nicht. Seit einigen Jahren tendiert die US-Wirtschaft zu einem schwächeren ersten Quartal. Darauf folgt ein solider Sommer. Keiner weiß, weshalb das Wachstum im Winterhalbjahr trotz saisonaler Bereinigung beharrlich unter dem Durchschnitt hält.

Der Wachstumswert von 2,6 % klingt etwas besser als er ist. Das liegt schon allein daran, dass das Quartalswachstum annualisiert wird. Würde das Wachstum genauso wie in Europa rapportiert werden, läge der Wert bei 0,64 %. Das schon deutlich weniger spektakulär, aber gar nicht so schlecht. Frankreich wuchs in Q2 um 0,5 % und Spanien um 0,9 %. Die USA sind da irgendwo in der unteren Mitte.

Auf Jahressicht, also gegenüber dem zweiten Quartal 2016, wuchs die US-Wirtschaft um 2,1 % (Grafik 1). Damit setzt sich der Aufwärtstrend der letzten Quartale fort. In diesem Aufschwung haben wir mehrere Zyklen gesehen, in denen sich das Wachstum beschleunigte und wieder abkühlte. Zu erwarten wäre ein neuerlicher Abschwung gegen Jahresende.

Ein Abschwung ist natürlich nie schön, gehört aber zu meinem favorisierten Szenario. Das Wachstum wird in den USA immer noch vom Konsum gestemmt. Im zweiten Quartal kam noch etwas Rückenwind durch Investitionen, getrieben vom Rohstoffsektor. Auch der Staat trug zum Wachstum bei. Auf diese Effekte kann man nicht dauerhaft zählen.

Der Ölpreis will derzeit noch nicht nachhaltig über 50 Dollar steigen. Viele Rohstoffunternehmen kündigten daher mit den Quartalsergebnissen an, ihre Investitionen im zweiten Halbjahr wieder zu kürzen. Von Investitionsseite ist also kein Wachstumsschub im zweiten Halbjahr zu erwarten.

Die Reaktion der Ölindustrie ist verständlich. Grafik 2 zeigt die Unternehmensgewinne (bis Q1 2017). Während die meist Sektoren gutes Geld verdienen, lag der Gewinn der Öl- und Kohleindustrie zuletzt nur ganz knapp im positiven Bereich. Da öffnet man nicht die Investitionsschleusen.

Zu guter Letzt gibt es auch nichts Positives vom Konsum zu berichten. Dieser trug zwar wieder einmal das Wachstum, doch so langsam muss man sich fragen wie lange das noch weitergehen kann. Diese Frage drängt sich auf, wenn man Grafik 3 betrachtet. Abgebildet ist das Konsumwachstum sowie die Sparquote.

Die Sparquote bleibt auf dem niedrigsten Stand dieser Wirtschaftserholung. Das Konsumwachstum bleibt hingegen mittelmäßig. Es ist schlichtweg keine Luft mehr drin. Der Konsument ist schon wieder am äußersten seiner Möglichkeiten. Bei anhaltendem Wachstum und angeblicher Rekordbeschäftigung ist das ein gewisses Armutszeugnis.

Kurzfristig sind die Daten positiv zu werten. Die Wirtschaft schleppt sich weiter so dahin und macht keine Anstalten sich unvorhergesehen zu verhalten. Keine Überraschungen sind gut. Anleger und auch die Notenbank mögen das.

Clemens Schmale

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10 Kommentare

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  • hotte38
    hotte38

    Tolle Kommentare heute! Bin sehr amüsiert!

    17:26 Uhr, 01.08.2017
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Es überzeugt nicht nur nicht, das Wachstum der Amis ist eine Farce, ein potemkinsches Dorf, eine Fata Morgana, eine Geschichte aus 1001 Nacht. Den Menschen wird seit Jahren von den amtierenden Lügenbaronen eine Story erzählt, wie es die gerissensten orientalischen Märchenerzähler nicht perfekter inszenieren könnten.

    Wer sich für die Realität in den Staaten interessiert und bereit ist, seine rosarote Brille abzunehmen, der findet die nicht gefakten Daten zur tatsächlichen Inflation und Arbeitslosigkeit unter www.shadowstats.com , es sind Daten des Grauens, welche die staatlich bezahlten Statistiker als böse Trickser und Lügenbolde erscheinen lassen.

    Die US-Aktienmärkte sind verkommen zu einer virtuellen Wohlfühlillusion für das 1% der reichen Amerikaner. Bezahlt wurde die Sause, mit Geld das man gar nicht hat um ein prosperierendes Amerika vorzutäuschen, das schon vor langen Jahren zu Grabe getragen wurde. Was wir sehen ist ein Zombie, ein Untoter, der künstlich mit Blutkonserven , die aus aus immer neuen Krediten bestehen, am Leben erhalten wird. Hauptsache der schöne Schein bleibt so lange wie möglich gewahrt. Die notleidenden Studentenkredite werden nun womöglich gemeinsam mit den notleidenden Autokrediten zum zweiten Mal innerhalb von 10 Jahren, die maximale Belastbarkeit der US-Finanzmärkte ausloten.

    The Donald wird vermutlich alle Hebel in Bewegung setzen, um "seine" Amerikaner davon abzulenken, das er außer einem gigantischen Strohfeuer an den Finanzmärkten bislang nichts vorzuweisen hat. Seine Projekte gingen alle in die Hose und vorausichtlich wird der US-Aktienmarkt implodieren, wenn die Anleger realisieren, das Trump nicht nur im Lieferverzug ist, sondern das die Lieferung komplett ausfällt. Der Aufschwung im S+P 500 wird sowieso nur noch von einer handvoll Aktien getragen, dasselbe gilt für den Nasdaq100. Das wird ein Spaß oder vielleicht eher ein Schlachtfest. Bevor es jedoch soweit ist, dürfte Trump die Steilvorlage, die ihm Nordkorea gerade auf dem dem Silbertablett serviert, skrupellos zu seinem Vorteil nutzen und die militärische Karte ziehen. Auf einen Leichenberg mehr oder weniger, kommt es für die Amis nun auch nicht mehr an.

    23:14 Uhr, 31.07.2017
    1 Antwort anzeigen
  • einfach
    einfach

    bei betrachtung der jährlichen neuverschuldung, hat die usa schon seit mehreren jahren kein wachstum mehr erreicht wenn die jährliche staatsverschuldung abgezogen wird.

    dass ist eine tatsache an der es nichts zu rütteln gibt.

    aber hauptsache über ein positives bip berichten.

    zu den amerikanischen börsen gibt es eigentlich nur einen kommentar, selten haben sich us firmen so hoch verschuldet um aktien zurückzukaufen.

    ohne diese exorbitanten aktienrückkäufe wurden die us börsen viel niedriger notieren.

    21:07 Uhr, 31.07.2017
    1 Antwort anzeigen
  • lussien
    lussien

    Wenn es hier einer besoffen ist, dann bestimmt nicht ich.

    Es kann sein dass der Name Trump hier nicht vorkommt, aber ich kenne Herrn Schmale, den Gutmenschen-Propagandisten in der besten Art des GEZ-Öffis-Agitpropes, viel zu gut um nicht zu wissen was er wirklich meint wenn er so ein Schmarrn schreibt.

    Alle Kennzahlen der amerikanischen Wirtschaft sind sehr gut und die Aussichten sind viel, viel besser als die in Europa. Dow Jones boomt und ist in den 6 Trump-Monaten um 23% gestiegen (was alle "Erfolge" der Obama-Zeit bei weitem übertrifft)..
    Das weiß Herr Schmale noch viel besser als ich (im Gegensatz zu Ihnen vs_de), aber er soll das Haar in der Suppe suchen, sonst wird sein Propaganda-Auftrag nicht erfüllt.

    20:50 Uhr, 31.07.2017
  • lussien
    lussien

    Herr Schmale, Sie würden ganz bestimmt viel optimistischer klingen falls im Weißen (oh Schreck!)Haus ein Obama oder eine Clinton sitzen würde, nicht wahr?
    Zu zugeben dass es mit Trump bergauf gehen kann überstrapaziert Ihre ideologische und intellektuelle Vorstellungskraft, nicht wahr? :)
    Ihr typischer Satz: "Dieser trug zwar wieder einmal das Wachstum, doch so langsam muss man sich fragen wie lange das noch weitergehen kann" ;)
    Das müssen Sie sich ganz bestimmt fragen, weil die Wirklichkeit sich als einfach unverschämte Schweinerei ohne Gleichen entpuppt! :)))

    17:51 Uhr, 31.07.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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