US-Immobilienkrise, Carry-Trades - Der Super GAU?
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Die folgenden beiden Artikel wurden im FOREX Report veröffentlicht, der Publikation für Devisenhändler:
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Jetzt ist es amtlich: Die US-Immobilienkrise beschränkt sich nicht nur auf Corporate America. In der vergangenen Woche musste die deutsche Mittelstandsbank IKB eingestehen, sich im Geschäft mit so genannten „Collateralized Debt Obligations“ (CDO) und Kreditderivaten eine blutige Nase geholt zu haben. Es folgte eine Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr. Die 40%ige Anteilseignerin der IKB, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), eilte mehr oder minder freiwillig mit einer Finanzspritze von 8,1 Milliarden EUR zur Hilfe. CDOs bündeln das Kreditrisiko verschiedener Schuldner und teilen das Portfolio in Tranchen unterschiedlicher Risikoklassen auf. In den letzten beiden Jahren ist das Handelsvolumen dieser Assetklasse explodiert und damit die Nachfrage nach Unternehmensanleihen und Kreditderivaten. CDOs sind aber relativ illiquide Instrumente und in Zeiten erhöhter Risikoaversion verteuern sich hier ebenso wie bei Unternehmensbonds die Refinanzierungsmöglichkeiten.
Eine ebenfalls saftige Gewinnwarnung hat zuletzt der größte US-Hypothekenfinanzierer „Countrywide Financial“ abgegeben. Der Überschuss soll in der aktuellen Periode um rund ein Drittel niedriger ausfallen. Schuld sei die angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt bzw. die höhere Ausfallquote bei (privaten) Finanzierungen, begründete Countrywide Financial. Kein Wunder, verhaart die „Fed Funds Rate“ doch seit über einem Jahr bei 5,25%. Irgendwann mussten sich doch die zahlreichen Zinserhöhungen durch die Fed auf die Kreditlandschaft auswirken, könnte ein Zyniker sagen. Es ist naiv anzunehmen, dass Kreditrisiken aus dem System verschwinden, indem die Forderungen aus den Bilanzen herauslöst, in Portfolios neu gemischt und danach an andere Investoren verkauft werden.
Das ist korrekt, allerdings verzeichnen die Countrywides, Wachovias oder Bank of Americas vor allem Ausfälle im spekulativeren Bereich, d.h. Kredite von Schuldnern mit geringer Bonität – auch „subprime mortgages“. Deren Auswirkungen auf den Sektor mit bonitätsmäßig guten Schuldnern haben sich bisher in Grenzen gehalten. Dennoch erhöhten die amerikanischen Hypothekenfinanzierer im Schnitt ihre Risikovorsorge um das Fünffache. Kein Wunder, sind seit Jahresbeginn über 100 US-Firmen aus dem Kreditgewerbe in Zahlungsschwierigkeiten geraten oder sogar bankrott gegangen. Auch wenn subprime mortgages nicht die Regel und die Häuser (reale Vermögen) der säumigen Kunden nicht über Nacht wertlos sind, hat die Immobilienkrise vor allem auf psychologischer Seite das Zeug dazu, den Devisenmarkt und damit die Entwicklung von EUR/USD eine Weile zu beeinflussen.
Denn der US-Dollar hat sich in Zeiten steigender Risikoaversion als eine Art „sicherer Hafen“ etabliert. Gefragt sind natürlich auch die defensiven Währungen wie der Yen und Franken, knirscht es im weltweiten Wirtschaftsgebälk. Jedoch profitierten Yen und Franken besonders von der Rückführung von Carry-Trades. Ein beliebtes Spiel: Erhöht sich die Volatilität und damit das Verlustrisiko für Carry-Trades, werden diese schlagartig zurückgefahren. Beruhigt sich der Devisenmarkt wieder, kehren die Zinsarbitrageure in Scharen zurück. Der Greenback gewinnt dank der Repatriierung von im Ausland veranlagten US-Dollar. Denn welcher Anleger will sich zu einem möglichen Minus bei Aktien- oder Rohstoffinvestments noch dem zusätzlichen Risiko durch den Wechselkurs aussetzen? Hinzu kommt die Flucht in US-Staatspapiere, immer noch eine der krisenfestesten Anlagen der Welt.
Die Kernschmelze der beiden Hedgefonds von Bear Stearns hat es gezeigt: Das systemische Risiko liegt nicht in faulen Hypotheken, sondern in der Spekulation mit solchen über CDOs bei gleichzeitigem Einsatz von hohen Hebeln. Bis zu 20 Milliarden USD hat Bear Stearns mit seinen zwei Hedgefonds vernichtet. Entsprechend hat Standard & Poor’s zahlreiche CDOs abgewertet. Das Problem: Wenn in einem großen aber durch externe Schocks relativ leicht auszuhebelnden Markt die Liquidität, d.h. die Nachfrage, plötzlich zum Erliegen kommt und alle durch dieselbe schmale Tür den Raum verlassen wollen, kann es zum Super-Gau kommen. Eine Kreditklemme in Folge gestiegener Risikoaufschläge mit negativen Auswirkungen auf die Aktien- und Rohstoffmärkte ist aus derzeitiger unwahrscheinlich, da das weltweite Finanzsystem widerstandsfähiger als noch zu LTCM-Zeiten ist. Hinzu kommt, dass die fundamentale Lage heute besser ist als zur „Savings-and-Loans“-Krise zwischen 1987 und 1992.
Das Subprime-Segment gibt es seit Mitte der 1990er Jahre. Dessen Marktanteil lag bis Ende 2003 bei maximal 5,0% aller Hypotheken. Bis zum Dezember letzten Jahres hatte sich dieser Wert auf 15,0% verdreifacht. Immer wieder ist im Kreditzyklus zu beobachten, dass eine einfachere Refinanzierung auch das Risiko reduziert. Der Grund ist, dass die Schuldner ihre Kredite durch immer günstigere bedienen können. Die Finanzdienstleiter reagieren darauf zumeist mit einer weiteren Lockerung der Kreditstandards. Genau dies war im Zeitraum 2003 bis 2005 in den USA der Fall. Die Kreditpyramiden kehren sich aber bei steigenden Zinsen um und treiben die Ausfallraten in die Höhe – ein „normaler“ Prozess, der sich leider im Subprime-Segment aufgrund seiner speziellen Kundschaft potenziert.
Schwer abzuschätzen ist daher, wie lange noch die Krise auf dem amerikanischen Immobilienmarkt dauern wird und ob sie die Weltkonjunktur in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte. Selbst Fed-Chef Ben Bernanke hat sich zuletzt nur zu einem "es könnte noch etwas Zeit brauchen, bis Besserung eintritt“ hinreißen lassen. Den möglichen Schaden durch subprime mortgages bezifferte er auf 50 bis 100 Milliarden USD. Allerdings steht Bernanke Gewehr bei Fuß – auch wenn es die Dollarbullen nicht hören wollen –, um im Fall einer sich zuspitzenden Krise den Geldhahn aufzudrehen und die US-Wirtschaft zu schützen. Das ist das Ass im Ärmel der Weltkonjunktur. EUR/USD dürfte vor diesem Hintergrund noch zwischen der zuletzt erfolgreich getesteten Ausbruchszone von 1,3630-80 und dem Allzeithoch von 1,3853 hin und her gerissen bleiben. Unter 1,3580 darf EUR/USD indes nicht fallen, da sich ansonsten das Chartbild spürbar eintrübt. Erst wenn die Risikoaversion der Anleger wieder sinkt, dürfte der US-Dollar erneut fallen. Bis Jahresende bleibt unser Kursziel von 1,4000 bestehen.
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Die Vernetzung von Aktien- und Devisenmarkt - Börsenhausse nährt Carry-Trades
In der Regel sind der Aktien- und Devisenmarkt nicht miteinander korreliert. Will heißen: Besonders in Crashsituation hat die Entwicklung an den Weltbörsen keinen Einfluss auf Währungen. Das ist statistisch und in der Praxis bewiesen. So fiel der DAX nach dem Mini-Börsencrash in Shanghai Ende Februar dieses Jahres um 3,0%. EUR/USD erlebte indes mit einem Plus von 0,3% einen sehr ruhigen Handelstag. Die Terroranschläge von New York rissen den deutschen Leitindex am 11. September 2001 um 8,9% in den Abgrund. EUR/USD verbuchte am selben Tag ein Plus von 0,9% – aber keine erhöhte Volatilität. Am schlimmsten erwischte es den DAX im vergangenen Jahrzehnt Mitte Oktober 1998, als die Russland- bzw. Asienkrise eskalierte. 13,7% verlor das Börsenbarometer binnen eines Handelstages, EUR/USD hingegen gewann 1,3% und koppelte sich damit erneut vom Geschehen ab.
Daher gehören Devisen in jedes gut diversifizierte Portfolio. Währungen senken die Volatilität und damit das Risiko insgesamt. Die Unkorreliertheit zu anderen Assetklassen sorgt für einen stetigeren und gesicherteren Ertragszuwachs. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, die sich in den letzten Jahren geradezu mustergültig bewiesen haben. So etablierte sich eine hohe Korrelation zwischen dem Yen und den Aktienmärkten. Auf einen einfachen Nenner gebracht lautet hier die Formel „Aktienmärkte rauf, Yen runter und umgekehrt“. Der Zusammenhang etablierte sich im September 2003, kurz zuvor hatte EUR/JPY mit 88,94 ein Allzeittief markiert. Danach ging es mit dem Yen gegenüber dem Euro kontinuierlich bergab (bedeutet einen steigenden EUR/JPY-Kurs). Über 47% hat die japanische Valuta seither gegenüber dem Euro abgewertet. Der Dow Jones notierte zu diesem Zeitpunkt wieder über 9.000 Zählern, der S&P 500 hatte die 1.000-Punkte-Marke übersprungen. Der DAX war ebenfalls vom März-Tief bei 2.189 Punkten nach dem Platzen der Hightech-Blase wieder deutlich gestiegen.
Die signifikant hohe Korrelation zwischen EUR/JPY und DAX & Co. lässt sich zum Teil auch mit den Kapitalabflüssen aus Japan erklären, welche die Börsenhausse rund um den Globus anfeuerte. Der Yen ist zudem eine so genannte „Low-Beta“-Währung. Das bedeutet so viel wie defensiv, ähnlich einer Pharmaaktie. Diese bleiben in Bullenmärkten häufig hinter den Wachstumsaktien zurück – umgekehrt verhält es sich in Bärenmarkten. Der Yen konnte zuletzt immer dann stark profitieren (bedeutet einen fallenden EUR/JPY-Kurs), wenn es zu Korrekturen an den Börsen kam. Diese können durch externe Schocks wie dem 11. September oder durch ein Volaerhöhung ausgelöst worden sein.
Die Schwankungsintensität ist ein wichtiger Punkt – vor allem für Low-Beta-Währungen. Geht die Volatilität zurück – im Zeitraum September 2003 bis heute fiel der Volatilitätsindex des Chicago Board of Trade (CBOE) von etwa 23 auf 10 –, sind defensive Währungen weniger stark, dafür aber umso mehr deren offensive Pendants wie der Austral- oder Neuseelanddollar (Hochzinswährungen) oder andere Emerging-Markets-Währungen gefragt. Die Entwicklung der vergangenen Jahre spiegelt dies überdeutlich wieder. Nun kommen die Carry-Trader ins Spiel: Da die Schwankungsbreite und damit das Risiko an den Märkten abgenommen hat, wurde der Yen als Verschuldungswährung für Anlagen in „Aussie“, „Kiwi“ etc. entdeckt. Aber auch Aktien-, Rohstoff- und Anleiheinvestments wurden und werden mit billigen Krediten aus Japan finanziert. Der letzte größere Rückschlag an diesen Märkten rührt aus der Auflösung von Carry-Trades im März dieses Jahres nach einem Anstieg der Volatilität.
Zurück zum Yen, der beliebtesten Verschuldungswährung der Welt. Die Aussichten bleiben nicht nur aufgrund der von der Bank of Japan (BoJ) zu erwartenden graduellen Zinserhöhungen eingetrübt. Denn so lange die Volatilität und damit das Risiko gering bleibt, sind Carry-Trades zwar spekulativ, aber auch äußerst lukrativ. Und so lange die Börsen eine Art Einbahnstraße bleiben, setzt sich das scheinbare „Perpetuum Mobile“ fort. Für Anleger bedeutet dies den Volatilitätsindex der CBOE im Auge zu behalten. Ein nachhaltiger Sprung über die 20er-Marke könnte zur Rückführung von Carry-Trades führen und den Yen deutlich aufwerten lassen. Laufen DAX & Co. jedoch weiter – der Dow Jones überrannte nur drei Monate nachdem er die 13.000er-Marke geknackt hat die 14.000 Zähler – sollte der Yen verlieren. EUR/JPY könnte in den nächsten Monaten auf 172,00 oder mehr steigen.
Der Franken teilt übrigens das gleiche Schicksal wie der Yen. Die eidgenössische Valuta gehört ebenso zu den Low-Beta-Währungen. Vom Bewegungstief bei 1,4386 im September 2001 ausgehend legte EUR/CHF bis dato rund 13% zu. EUR/CHF dürfte bei einer anhaltenden Börsenhausse weiter zulegen können, zumal der Zinsabstand zwischen Euroland und der Schweiz mindestens stabil bei 150 Basispunkten bleiben sollte. Das Währungspaar ist mit Dow Jones, S&P 500 und DAX hochgradig positiv korreliert, d.h. steigen die Börsen fällt der Franken und umgekehrt. Der Korrelationskoeffizient von Dow Jones und EUR/JPY liegt bei 0,94, von Dow Jones und EUR/CHF bei 0,91. Bei DAX und EUR/JPY liegt der Wert bei 0,95, für DAX und EUR/CHF bei 0,91. Auch das Bestimmtheitsheiß (r²) für alle vier Kombinationen beträgt deutlich über 80%. Trotz seiner Bedeutung für die Währungswelt weist der Volatilitätsindex mit Yen oder Franken hingegen keinen signifikanten Zusammenhang auf.
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Christian Pohl - Head of Research bei der FX Direkt Bank
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