Union - Rentenmarktbericht USA/Europa
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Für die Rentenmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks war der März ein bewegter Monat. Gänzlich von den Kriegsereignissen bestimmt, nahmen die Renditen sowohl am US-Bondmarkt als auch den EWU-Rentenmärkten einen volatilen Verlauf. Noch vor Kriegsausbruch ließ die Uneinigkeit der Vetomächte im UNO-Sicherheitsrat bezüglich der Irak-Frage Investoren verstärkt Zuflucht im "sicheren" Hafen der festverzinslichen Wertpapiere suchen. Vor dem Hintergrund der regen Nachfrage nach Rentenpapieren erreichte die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries mit knapp 3,6 Prozent ihr tiefstes Niveau seit 45 Jahren. Die Rendite der für die Eurozone maßgeblichen 10-jährigen Bundesanleihen sank auf 3,8 Prozent, dem niedrigsten Stand seit Februar 1999. Die Leitzinssenkung der EZB, die den Hauptrefinanzierungssatz nicht wie von vielen Marktteilnehmern erwartet um 50 sondern lediglich um 25 Basispunkte auf 2,50 Prozent zurücknahm, war dabei eher mit Enttäuschung aufgenommen worden. Erst mit Beginn der militärischen Auseinandersetzungen wendete sich das Blatt. In Erwartung eines raschen Erfolges der US-Truppen und damit nur sehr begrenzten negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft fanden Umschichtungen zu Gunsten von Aktienanlagen statt. Auf der Rentenseite waren Renditesteigerungen die Folge. Gegen Monatsende, als sich zunehmend die Meinung durchsetzte, dass ein schnelles Ende des Irak-Konflikts nicht in Sicht ist, kam es zwar erneut zu Entspannungen, doch musste per saldo im Monatsvergleich ein leichter Renditeanstieg hingenommen werden. Bei den 10-jährigen US- sowie Euro-Papieren betrug er jeweils etwa 14 Basispunkte.
Während der Irak-Konflikt das Geschehen bestimmte, traten die Konjunkturdaten in den Hintergrund. Allerdings gab es an der makroökonomischen Front auch wenig Erfreuliches zu berichten. In den USA stand unter anderem der von der Universität Michigan ermittelte Index für das Verbrauchervertrauen im Mittelpunkt, welcher im März auf den tiefsten Stand seit mehr als zehn Jahren fiel (von 79,9 auf 75,0 Zähler). Auch wiesen die Einzelhandelsumsätze einen Rückgang auf. Positiv entwickelte sich hingegen die Industrieproduktion. Im Vergleich zum Vormonat konnte sie einen unerwarteten Zuwachs von 0,1 Prozent verzeichnen. Insgesamt zeigen die Wirtschaftsdaten allerdings wieder einmal, dass weiterhin deutliche Impulse für eine baldige, nachhaltige Erholung fehlen. Ähnlich sieht das Bild im Euroraum aus. Hier haben sich die wichtigen Klimaindikatoren allesamt verschlechtert. In Deutschland verzeichnete der Ifo-Geschäftsklima-Index nach Anstiegen in den ersten beiden Monaten des Jahres im März wieder eine Einbuße, wobei vor allem der Rückgang bei den Geschäftserwartungen negativ zu Buche schlug. Vergleichbare Entwicklungen waren beim französischen INSEE-Index, dem ISAE-Geschäftsklima-Index aus Italien sowie dem belgischen Frühindikator festzustellen. Angesichts dieser Entwicklungen bleibt das konjunkturelle Umfeld sowohl für die US- als auch die Euro-Rentenmärkte intakt.
Sowohl für US-Rentenpapiere als auch Euro-Anleihen sehen wir in den nächsten Wochen das Umfeld noch intakt. Angesichts der zunehmenden Wahrscheinlichkeit, dass der Irak-Krieg kein rasches Ende finden wird, werden festverzinliche Wertpapiere auch weiterhin von ihrem Status als "sichere" Anlageformen profitieren. Darüber hinaus werden mit zunehmender Kriegsdauer die Folgen für die bereits labile Konjunktursituation immer gravierender. In den USA ist nach den unbefriedigenden Wirtschaftsdaten, die in den letzten drei Monaten veröffentlicht wurden, aus unserer Sicht eine Korrektur der Wachstumsprognosen unausweichlich. Wir erwarten hier für 2003 nur noch einen Anstieg des BIP von zwei Prozent, was deutlich unter dem Potenzialwachstum liegt. Insbesondere in der ersten Jahreshälfte dürfte die US-Ökonomie noch nicht Fuß fassen. Vor diesem Hintergrund könnte erneut Zinssenkungsphantasie aufkeimen. Obwohl wir aktuell noch keine entsprechenden Maßnahmen der amerikanischen Notenbank erwarten, schließen wir je nach Kriegsverlauf spätere expansive Schritte von 25 bis 50 Basispunkten nicht aus. In unseren US-Portfolios betonen wir gegenwärtig bei neutraler Duration sowohl das kurze als auch ganz lange Ende des Marktes, während wir bei mittleren Laufzeiten untergewichtet bleiben. Auch in der Eurozone ist mit weiteren Lockerungsmaßnahmen der EZB zu rechnen, die ihre Wachstumsprognosen für 2003 von 1,6 auf 1,0 Prozent zurückgesetzt hat. Nach dem jüngsten moderaten Zinsschritt hat die Europäische Zentralbank jedenfalls noch einige Pfeile im Köcher behalten, um gegebenenfalls auch auf konjunkturelle Verwerfungen im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg reagieren zu können, zumal sie von der Preisseite her Spielraum in der Geldpolitik hat. In unseren Euro-Portfolios sind wir weiterhin im mittleren Laufzeitenbereich übergewichtet, wobei wir Bundesanleihen präferieren. Hinsichtlich der Duration sind wir neutral positioniert.
Euro-Outs tendierten im März zumeist nachgebend, wobei jedoch die Renditeanstiege mit wenigen Ausnahmen gering ausfielen. Die Entwicklung stand insgesamt ganz im Zeichen der Geldpolitik. So senkten die Zentralbanken Norwegens, Dänemarks und der Schweiz die Leitzinsen. Für die Norges Bank war dabei vor allem die Wechselkursentwicklung entscheidend, nachdem die Norwegische Krone im Sog der anziehenden Ölpreise deutlich zugelegt hatte. Mit einem Einlagen-Satz von immer noch 5,5 Prozent bleiben die norwegischen Zinsen jedoch weiterhin die höchsten in Westeuropa. Eine Fortsetzung des Zinssenkungstrends ist wahrscheinlich. Wegen der engen Anbindung der Dänischen Krone an den Euro schloss sich die Dänische Nationalbank erwartungsgemäß der EZB an und verminderte die Leitzinsen ebenfalls um 25 Basispunkte. Aus Währungsgründen lockerte auch die Schweizer Nationalbank die geldpolitischen Zügel, da der jüngste Kursanstieg des CHF der heimischen Wirtschaft immer mehr zu schaffen macht. Bei einem 3M-Libor von 0,25 Prozent dürfte hier der Zinssenkungszyklus jetzt allerdings beendet sein. Mit Blick auf Osteuropa senkte die polnische Zentralbank den Leitzins um 25 Basispunkte, was am Rentenmarkt eine positive Resonanz fand.
Die osteuropäischen Rentenmärkte behalten ihre Attraktivität. Die von den Beitrittskandidaten in absehbarer Zeit angestrebte Euro-Einführung zwingt sie zur Fiskaldisziplin, wodurch die Notenbanken ihren Spielraum in der Zinspolitik behalten. Bei den im Frühjahr anstehenden Referenden zum EU-Eintritt sind aus unserer Sicht negative Überraschungen unwahrscheinlich. Spätere Beitrittswellen unter anderem mit Bulgarien und Rumänien wecken hier weiterhin Kursfantasie. Innerhalb Osteuropas halten wir langfristig den polnischen Rentenmarkt insbesondere vor dem Hintergrund der niedrigen Inflationsraten für attraktiv. Angesichts der jüngsten Regierungskrise ist der Markt gegenwärtig jedoch sehr risikoscheu, sodass wir hier zunächst eine abwartende Haltung einnehmen. In Ungarn sind Markt und Währung stabiler als in Polen und das Zinsniveau höher, was weitere Konvergenz erwarten lässt. Mit Blick auf Skandinavien stellen dänische Anleihen wegen der Anbindung der Krone an die Gemeinschaftswährung weiterhin ein Euro-Substitut mit leichtem Rendite-Aufschlag dar. Für Schweden wird der 14. September ein wichtiges Datum, da dann das Referendum zum EWU-Beitritt stattfindet. Der Ausgang ist dabei ungewiss. In Norwegen haben sich die Spreads zu Euroland eingeengt, die Währung hat abgewertet und die Volatilitäten sind gestiegen. Hier wie auch in Schweden werden wir aktuell keine neuen Positionen eingehen.
Quelle: Union Investment
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