Kommentar
08:43 Uhr, 03.04.2003

Union - Markteinschätzung Japan

An diesem Montag ging in Japan das Fiskaljahr 2003 zu Ende, welches am japanischen Aktienmarkt deutlich negative Spuren hinterlassen hat. Von Konjunktursorgen und sich fortsetzenden deflationären Tendenzen über eine anhaltende Kreditproblematik im Bankenbereich bis hin zu geopolitischen Unsicherheiten zogen sich die Belastungsmomente. Sie verursachten im Nikkei Index, der zuletzt unter die 8.000er Marke fiel und damit ein 20-Jahrestief erreichte, im 12-Monatsvergleich einen Rückschlag von knapp 28 Prozent. Wie an anderen Weltmärkten, so war in jüngster Zeit auch am Kabutocho der Irak-Krieg das beherrschende Thema. Sorgen bereiteten vor allem die noch nicht absehbaren Folgen für die angeschlagene US-Konjunktur und damit für die eigene Wirtschaftssituation, gerade nachdem sich mehr und mehr abzeichnete, dass die militärischen Auseinandersetzungen wohl länger anhalten und damit kostspieliger werden als zunächst erwartet. Da die makroökonomische Lage in Japan nach wie vor labil ist - im Februar fiel die Industrieproduktion mit 1,7 Prozent stärker als erwartet -, würde eine deutliche Nachfragezurückhaltung der USA, einem der Hauptabnehmer japanischer Güter, äußerst schmerzlich sein. Bereits der im Vorfeld des Irak-Krieges stark gestiegene Ölpreis hatte mit Blick auf die schwache Konjunktur erhebliche Verunsicherungen ausgelöst. Zu einem weiteren Problem entwickelte sich die Dollar-Schwäche gegenüber dem Yen. Gerade für exportabhängige Branchen wie etwa die Automobilindustrie kann die Yen-Stärke zum Nachteil werden, wenn die in Dollar erzielten Erträge wieder repatriiert, also die Dollarbeträge in Yen zurückgetauscht werden. Werte wie Honda gerieten deshalb zeitweise unter erheblichen Verkaufsdruck.

Aber es waren nicht nur geopolitische Entwicklungen, zu denen unter anderem zunehmende Spannungen zwischen den USA und Nord-Korea gehörten, die den japanischen Aktienmarkt belasteten. Überschattet wurde das Börsengeschehen vor allem auch durch zahlreiche hausgemachte Probleme, wie etwa die anhaltende Misere im Bankensektor. Neben dem weiterhin sehr hohen Umfang an notleidenden Krediten werden die Institute hart von den Kursverwerfungen am Aktienmarkt getroffen. Mit dem Ende des Fiskaljahres müssen sie nämlich ihren Aktienbesitz zu Marktwerten bilanzieren, wodurch sich angesichts der deutlich höheren Buchwerte ein erhebliches Verlustpotenzial aufbaut. Die Bank of Japan (BoJ) hat jetzt erst auf einer kurzfristig einberufenen Krisensitzung beschlossen, statt für zwei nunmehr für drei Billionen Yen Aktien aus dem Beteiligungsbesitz finanziell angeschlagener Banken zu erwerben. Darüber hinaus hob sie den Höchstwert der Aktienkäufe je Kreditinstitut von 500 auf 750 Mrd. Yen an. Zur Begründung wurden die weltpolitischen Unsicherheiten, die sich daraus ergebenden hohen Kursschwankungen an den Aktienmärkten und die allgemein angespannte Situation im japanischen Finanzbereich angegeben. Die Sitzung wurde erstmals vom neuen Notenbankpräsidenten Toshihiko Fukui geleitet. Die Nominierung des nahezu 68-jährigen ehemaligen stellvertretenden Gouverneurs der BoJ hatte den Markt nicht überzeugen können, da Fukui nicht als ,,großer" Reformer und strikter Bekämpfer der Deflation angesehen wird.

Insgesamt gehörten Banktitel zu den großen Verlierern an der japanischen Börse. Gerade in letzter Zeit waren sie erheblichem Verkaufsdruck ausgesetzt, als sie in großem Umfang Gelder in Form von Vorzugsaktien am Markt aufnahmen. Befürchtungen hinsichtlich einer Ergebnisverwässerung oder einer durch die Rekapitalisierungsmaßnahmen herbeigeführten Benachteiligung der Altaktionäre verstimmten gerade auch ausländische Anleger, deren Vertrauen angesichts dieser Praktiken stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Banken fielen aber auch in anderer Weise negativ auf. Zum Ende des Fiskaljahres reduzierten sie ihre Überkreuzverflechtungen und belasteten so die Börsenentwicklung. Bestandsauflösungen tätigten darüber hinaus Pensionsfonds, welche bereits im Vorfeld sicherstellen wollten, dass sie ihren später im Jahr anfallenden Verpflichtungen gegenüber dem Staat nachkommen können.

Alles in allem hatte der japanische Markt schwierige Zeiten zu meistern, wobei zuletzt auch die tödliche Lungenentzündung SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome), die in Asien und hier insbesondere in Hong Kong grassiert, für erhebliche Unruhe sorgte. Allen voran waren es Airlines, welche die negativen Auswirkungen angesichts zahlreicher Stornierungen zu spüren bekamen. Bereits durch den Krieg waren Fluglinien, so auch Japan Airlines, unter Verkaufsdruck geraten.

Die weitere Entwicklung wird auch in Japan zunächst ganz im Zeichen des Irak-Konfliktes und damit der möglichen konjunkturellen Auswirkungen stehen. Wir gehen von einem in enger Bandbreite sich bewegenden Tradingmarkt aus, dessen weiteres Abwärtspotenzial jedoch begrenzt erscheint. Da in Japan die Kurserholungen bei Kriegsausbruch vergleichsweise gering ausfielen, dürften auch die Rückschläge bei länger anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen nicht so heftig sein. Voraussetzung ist aber, dass es zu keinen weiteren dramatischen Ölpreissteigerungen kommt. Obwohl Japan seine Versorgung mittlerweile diversifiziert hat und das Land weniger stark vom Öl abhängig ist als etwa in den 70er Jahren, als die Ölkrise erhebliche Belastungen hervorrief, wird ein kräftig steigender Rohstoffpreis vor allem die Stimmungslage verschlechtern. Hoffnungsträger in den nächsten Monaten ist der Unternehmensbereich, wo dank tiefgreifender Kostensparmaßnahmen zuletzt oftmals über den Erwartungen liegende Ergebnisse erzielt wurden. So konnten für das dritte Fiskalquartal gerade in den Bereichen Automobil und Elektronik erfreuliche Gewinne ausgewiesen werden. Unternehmen wie beispielsweise der LCD-Hersteller Sharp, der Automobilproduzent Toyota oder die Ausrüstungsfirma für den Halbleiterbereich Tokyo Electron konnten positiv überraschen. Zwar halten sich japanische Firmen - insbesondere Gesellschaften, die am US-Markt tätig sind - mit ihren Prognosen für 2003 sehr bedeckt, doch erscheinen die Perspektiven mittlerweile aufgehellt.

Positiv auf die Börsenentwicklung dürfte sich auch auswirken, dass das "cross-selling" der Banken, also die Auflösung ihrer Überkreuzverflechtungen, abgeschlossen ist und so ein erheblicher Verkaufsdruck vom Markt genommen wird. Vor diesem Hintergrund ergeben sich unseres Erachtens, abgesehen von der allgemeinen weltpolitischen Misere, durchaus Chancen auf Kurserholungen, wobei gerade die großen japanischen Werte, welche in den letzten Monaten erhebliche Kurseinbußen hinnehmen mussten, Aufwärtspotenzial besitzen.

Anlagestrategie des UniJapan:

Nachdem mehr und mehr die Meinung vorherrscht, dass der Krieg im Irak doch länger andauern wird als zunächst vermutet, wurden am japanischen Aktienmarkt Exportwerte und große Blue-Chips eher gemieden. Anleger konzentrierten ihre Dispositionen auf binnenwirtschaftlich orientierte Unternehmen sowie defensive Werte.

Auch im UniJapan sind wir dieser Sicht gefolgt und haben beispielsweise Bestandsreduzierungen bei Yen-sensitiven Werten, die zudem von der US-Konsumneigung abhängig sind, vorgenommen. Im Zuge der Maßnahmen wurden die Gewichtungen im Automobilbereich zurückgeführt etwa durch Verkäufe in Honda und Bridgestone.

Hingegen nahmen wir Positionsaufstockungen bei Unternehmen vor, die inlandsorientiert operieren. So etwa bei dem Telekomanbieter NTT DoCoMo, der in jüngster Zeit gut erholt tendierte und mit ansprechenden Geschäftszahlen aufwarten konnte.

Darüber hinaus haben wir uns verstärkt im Bereich Nahrungsmittel / Einzelhandel engagiert. Dieser Sektor ist von Kriegsängsten weniger betroffen und hat auch mit Blick auf SARS kaum Auswirkungen zu befürchten. Zudem war der Einzelhandelssektor die erste Branche, in der es durch zahlreiche Konkurse zu einer Marktbereinigung gekommen ist. Mittlerweile hat ein Bodenbildungsprozess stattgefunden und die ersten Geschäftszahlen, die für das abgelaufene Fiskaljahr vorliegen, waren teilweise besser als erwartet. Zu den Neuerwerbungen im UniJapan gehörten hier Japan Tobacco, die Supermarktkette Family Mart sowie der Einzelhändler Ajinomoto.

Ein Ausbau der Gewichtungen erfolgte auch im Sektor Maschinenbau, der von einer regen Investitionstätigkeit in Asien profitiert. Hier nahmen wir etwa Shima Seiki neu in das Portfolio auf. Die Gesellschaft stellt Strickmaschinen her, die für China bestimmt sind. Mit Kamigumi, einem Logistikanbieter, wurde ein weiterer, viel versprechenden Wert hinzugekauft. Unser größtes Engagement in diesem Bereich bleibt allerdings Fanuc, ein Hersteller von CNC-Maschinen und Robotern. Da China zunehmend höherwertige Geräte importiert, dürfte sich hier für Fanuc ein äußerst interessanter Markt erschließen.

Weiterhin untergewichtet sind wir bei Banken, welche unseres Erachtens angesichts der bereits geschilderten zahlreichen Probleme auf absehbare Zeit kein aussichtsreiches Engagement darstellen.

UniJapan, der in den letzten Monaten die Höhen und Tiefen des japanischen Aktienmarktes durchlebt hat, muss per heute für 2003 eine Wertminderung von 11,3 Prozent hinnehmen. Kurzfristig können wir zwar keine nachdrücklichen Besserungstendenzen erwarten, doch sind wir zuversichtlich, dass er an den erwarteten Aufwärtstendenzen des japanischen Aktienmarktes erfolgreich partizipieren kann.

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