Kommentar
08:41 Uhr, 01.04.2003

Union - Kriegsverlauf belastet die Märkte

Nachrichten über das mühsamer als erwartete Vorankommen der US-Armee im Irak ließen die Euphorie der Vorwoche verblassen. Immer mehr Informationen sprechen gegen ein schnelles Ende des Konflikts, sodass die Investoren wieder vorsichtiger werden. Abwarten heißt gegenwärtig das Motto der meisten Anleger, auch wenn widersprüchliche Mitteilungen und Spekulationen die Kurse immer wieder stark schwanken lassen. Unternehmens- und Konjunkturmeldungen fanden in dem getrübten Umfeld nur wenig Beachtung.

An den US-Börsen konnte sich das freundliche Bild der Vorwoche leider nicht fortsetzen. Zu unsicher ist derzeit noch die Entwicklung des Irak-Kriegs und seiner möglichen Folgen. US-Präsident Bush nutzte in der vergangenen Woche den Patriotismus der ersten Kriegstage, um dem Kongress eine erste Rechnung über die zu erwartenden Kosten des Krieges zu präsentieren. Demnach rechnet die amerikanische Regierung für die ersten sechs Monate zunächst mit 75 Mrd. Dollar, die zur Ausgabendeckung des Irak-Einsatzes und für den eigenen Heimatschutz benötigt werden. Auswirkungen hat dies auf das bereits angekündigte Steuersenkungsprogramm, welches wegen der Mehrausgaben nur in deutlich abgeschwächter Form den Senat passieren konnte. Nach der Senatsresolution sollen die Steuern nur um 350 Mrd. Dollar gesenkt werden, wohingegen Bush 726 Mrd. Dollar verlangt hatte. Negativ für die Börse ist insbesondere, dass dadurch die Doppelbesteuerung von Dividenden weiter bestehen bleibt. Von Konjunkturseite kamen uneinheitliche Impulse. Das US-Handelsministerium ermittelte die saisonbereinigte Entwicklung beim Verkauf neuer Eigenheime für Februar. Der annualisierte Absatz sank dabei unerwartet auf 854.000 Einheiten, wohingegen Volkswirte durchschnittlich mit einer leichten Zunahme auf 935.000 Eigenheime gerechnet hatten. Außerdem ging das von der Universität Michigan ermittelte Verbrauchervertrauen weiter zurück. Dafür fielen die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe etwas besser aus und die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter blieb im Rahmen der Erwartungen. Bei den Unternehmen gaben die Fluggesellschaften Kapazitätskürzungen bekannt und reagierten damit auf die rückläufige Nachfrage wegen des Krieges. Auch Flugzeugbauer wie Boeing sind stark von solchen Einsparungen betroffen und gaben weiter nach. An der Technologiebörse Nasdaq tendierten die Kurse ebenfalls schwächer. Computerhersteller Dell präsentierte den ersten zusammen mit Lexmark entwickelten Drucker, woraufhin der Wert leicht anzog.

Die Tokioter Börse zeigte sich vergleichsweise stabil. Im Hinblick auf das bei vielen japanischen Unternehmen heute zu Ende gehende Geschäftsjahr schienen viele Anleger zunächst einmal abzuwarten, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Unterstützung kam zudem von der Bank of Japan (BoJ). Die Zentralbank will die angeschlagenen Geschäftsbanken mit zusätzlichen milliardenschweren Aktienkäufen vor einer weiteren Börsenschwäche durch den Irakkrieg bewahren. Zu diesem Zweck entschied die BoJ am Dienstag, das laufende Aufkaufprogramm für Aktien der Banken um eine Billion Yen (8 Milliarden Euro) auf drei Billionen Yen aufzustocken.

Die Aktienmärkte in Europa konnten sich dem schwächeren Börsenumfeld infolge des Kriegsverlaufs nicht entziehen. Dabei wurde zu Wochenbeginn insbesondere der Touristikbereich von widersprüchlichen Meldungen nach unten gezogen. Von Unternehmensseite kamen Zahlen der schweizerischen Fluggesellschaft SWISS. Mit einem Verlust von 980 Mio. CHF bei einem Umsatz von fast 4,3 Mio. CHF flog die Nachfolgegesellschaft der früheren Swissair doch tiefer in die Verlustzone als erwartet. Zudem wurde die bisherige Prognose für ein ausgeglichenes Ergebnis in 2003 wegen der schwierigen geopolitischen Rahmenbedingungen zurückgenommen. Enttäuschende Geschäftszahlen kamen auch von der Münchener Rück, deren Aktien daraufhin drastische Einbußen verzeichneten. Zahlreiche Analysten haben zudem ihre Einschätzungen für den Wert kräftig nach unten korrigiert. Die Mitteilung der Deutschen Post, den US-Logistiker Airborne zu übernahmen, drückte auf ihren Aktienkurs. Anleger fürchten hier einen teuren Konkurrenzkampf mit UPS und FedEx auf dem amerikanischen Markt. Ein Dämpfer kam darüber hinaus durch den Ifo-Geschäftsklimaindex. Die positiven Signale vom Vormonat setzten sich im März leider nicht weiter fort. Jedoch hellte sich das Geschäftsklima im Einzelhandel und im Bauhauptgewerbe etwas auf. Der Start des neuen TecDAX am letzten Montag verlief wenig glanzvoll. Bereits am ersten Handelstag ging es wegen der Befürchtungen um einen länger dauernden Irak-Krieg deutlich nach unten. Im weiteren Wochenverlauf konnte sich der neue deutsche Leitindex für Technologiewerte allerdings etwas stabilisieren.

In den nächsten Tagen dürfte die Entwicklung an den internationalen Aktienmärkten erneut von den Nachrichten aus dem Kriegsgebiet dominiert werden. Die abwartende Haltung der Investoren sollte erst bei größeren Fortschritten der Alliierten und klaren Anzeichen für ein Kriegsende überwunden werden. Weitere Schwankungen scheinen daher für diese Woche vorprogrammiert. Von Konjunkturseite sind aus den USA der Chicago Einkaufsmanagerindex und der ISM-Index zu erwarten. Ferner kommen von dort aktuelle Zahlen zu den Bauausgaben und den Industrieaufträgen. Für Deutschland dürften zudem die neuen Arbeitslosenzahlen am Donnerstag von Interesse sein.

Quelle: Union Investment

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