Kommentar
10:03 Uhr, 26.06.2003

Union Investment zum Markt

Der deutsche Aktienmarkt zeigte sich in diesem Jahr in sehr volatiler Verfassung, wobei jedoch, analog zu den US-Vorgaben, anfängliche Kursrückschläge durch anschließend kräftige Erholungsbewegungen mehr als ausgeglichen werden konnten. Etwa bis Mitte März mussten Anleger allerdings nennenswerte Verluste hinnehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Irak-Konflikt und damit Befürchtungen hinsichtlich weiterer negativer Einflussfaktoren auf die bereits deutlich angeschlagene Weltkonjunktur das alles beherrschende Thema. Insbesondere an der deutschen Börse kam es vor dem Hintergrund einer bereits äußerst labilen Wirtschaftslage im Inland zu einer rasanten Kurstalfahrt, die im März in einen regelrechten ,,Aktienausverkauf" mündete. In dessen Verlauf unterschritt der DAX die Linie von 2.200 Punkten und erreichte damit ein rund achtjähriges Tief. Seit Jahresanfang waren Kurseinbußen von nahezu 24 Prozent zu verkraften, die im Vergleich zu anderen europäischen Indizes, vor allem aber zum amerikanischen DJIA mit einem Minus von knapp 10 Prozent, recht kräftig ausfielen. Erst bei Kriegsausbruch wendete sich das Blatt. Die Unsicherheiten wichen und in Erwartung eines baldigen Endes der Auseinandersetzungen strebten die Märkte zügig aufwärts. Als der Konflikt dann im April beigelegt war, schöpften Investoren wieder Hoffnung auf eine baldige Konjunkturerholung in den USA und damit weltweit, was die Aktienmärkte rund um den Globus inspirierte. Auch an der deutschen Börse kam es zu einer Aufholjagd, die - wie auf der negativen so auf der positiven Seite - prägnanter ausfiel als an vielen der übrigen Weltbörsen. Seit seinem Tiefstand vom 12. März kann der DAX mittlerweile einen Zuwachs von rund 46 Prozent verbuchen, womit sich eine Jahresperformance von gut 11 Prozent ergibt.

Von der inländischen Konjunktur erhielt der deutsche Aktienmarkt bei seiner Erholungsbewegung kaum Unterstützung, denn das fundamentale Bild sieht hier zu Lande weiterhin trübe aus. Nach einer roten Null im vierten Quartal 2002 kam es im ersten Quartal des laufenden Jahres zu einem BIP-Rückgang von 0,2 Prozent, womit sich Deutschland in einer technischen Rezession befindet und zudem das Schlusslicht im Euroraum bildet. Auch die Stärke der Einheitswährung mit ihren Belastungen für die Exportindustrie wirkte sich zunehmend dämpfend auf die weiteren Wachstumsperspektiven aus. Hinzu kamen die Deflationswarnungen des Internationalen Währungsfonds, welche die Unsicherheiten zusätzlich schürten. Als der IWF kürzlich Deflationswarnungen für Deutschland aussprach, stützte er sich auf das schwache Wirtschaftswachstum im Inland, eine hohe Arbeitslosigkeit und Schwierigkeiten im Bankenwesen. Dies führte den Währungsfonds zu dem Schluss, dass die Gefahren eines Rückgangs des Preisniveaus in Deutschland beträchtlich sind. Dementis seitens der Bundesregierung und Sachverständigenverbände konnten nicht gänzlich überzeugen. In ihrem Juni-Monatsbericht hat auch die Bundesbank Stellung zu diesem Thema genommen. Sie wies darauf hin, dass ein vorübergehender Rückgang der Teuerungsrate noch keine Deflation darstellt, die sich vielmehr durch ein lang anhaltendes Sinken des allgemeinen Preisniveaus, flankiert von Kauf- und Investitionszurückhaltung, einer Kreditknappheit sowie einer zunehmenden Zahl von Unternehmenskonkursen auszeichnet. Allerdings betonte die Zentralbank gleichzeitig, dass die nun schon länger anhaltende Wachstumsschwäche - für 2003 wird in Deutschland ein BIP-Anstieg von nur noch 0,2 Prozent erwartet - ein Risikofaktor ist. Der jetzt für Juni veröffentlichte Anstieg der Verbraucherpreise von (vorläufig) +0,3 Prozent gg. Vormonat bzw. +1,0 Prozent gg. Vorjahr fiel höher aus als erwartet und konnte - nachdem die Inflationsrate in den beiden letzten Monaten gegenüber dem Vormonat gefallen war - die Deflationssorgen etwas dämpfen. Für den deutschen Aktienmarkt dürften die Zeiten volatil bleiben, doch auch wenn wir der weiteren Entwicklung mit Vorsicht gegenüberstehen, hegen wir Hoffnungen für den späteren Jahresverlauf. Zunächst allerdings sollten trotz der jüngsten Aufwärtstendenzen die weiteren Kurserwartungen nicht zu hoch angesetzt werden. Vor allem ein immer noch eingetrübtes Konjunkturszenario, in dem sich ungelöste Strukturprobleme zusätzlich negativ auswirken, spricht derzeit gegen weitere nachdrückliche Erholungsbewegungen. Auch von der Regierung geplante Verbrauchssteuererhöhungen stellen für den inländischen Aktienmarkt ein Belastungsmoment dar. Hinzu kommen die Gefahren einer Deflation. Obwohl bereits ein Teil der negativen Nachrichten in den Kursen eingepreist sein dürfte, sollten sich die Kurserwartungen erst einmal in Grenzen halten, da so rasch weder von konjunktureller Seite noch seitens der Unternehmensgewinne wesentliche Impulse für die Börsenentwicklung zu erwarten sind. Allerdings nehmen die Märkte bereits frühzeitig erwartete Besserungstendenzen vorweg, sodass bereits erste Anzeichen einer Wirtschaftsbelebung oder auch Erwartungen hinsichtlich eines kommenden Konjunkturaufschwungs von den Börsen für gewöhnlich honoriert werden. Aufgrund von Bewertungsaspekten rangieren deutsche Aktien innerhalb des Euro-Verbundes im Fondsmanagement an erster Stelle.

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