Kommentar
10:37 Uhr, 31.07.2003

Union Investment - High-Tech-Kommentar

In den vergangenen Monaten konnten die Wachstumswerte kräftige Kursgewinne verbuchen. Mit Beginn des Irak-Krieges setzte an den internationalen Aktienmärkten eine deutliche Erholungsbewegung ein, die sich auch noch nach der militärischen Konfrontation fortsetzte. Insbesondere Technologiefirmen schafften es zudem, im Laufe der Quartalsberichtssaison mit unerwartet guten Geschäftszahlen zu überzeugen. Dementsprechend verzeichneten sie im Vergleich zum Gesamtmarkt eine bessere Performance. Positive Konjunkturdaten, die auf eine Belebung der Wirtschaftsdynamik in den USA hindeuteten, wurden von den Anlegern freudig begrüßt. Einige verhaltenere Daten, wie beispielsweise vom Arbeitsmarkt, sorgten dabei zwischenzeitlich immer wieder für kleinere Korrekturen. Einen merklichen Dämpfer gab es im Berichtszeitraum allerdings durch die Ausbreitung der Lungenkrankheit SARS, die in der wirtschaftlichen Entwicklung Asiens ihre Spuren hinterließ. Vor allem Firmen aus dem Halbleiterbereich hatten wegen der Auswirkungen auf ihren dortigen Produktabsatz mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Positive Nachrichten fanden insgesamt jedoch eine deutlich stärkere Beachtung als die konjunkturkritischen Meldungen. Die Leitzinssenkungen in den USA und Europa trugen ebenfalls zu steigenden Aktienkursen bei.

Im Halbleiterbereich konnten die meisten Firmen mit ihren veröffentlichten Quartalsberichten die Prognosen übertreffen, doch hatten sie ihre Ausblicke häufig schon vorher nach unten korrigiert. Gute Zahlen kamen beispielsweise von IBM und Intel. Zugleich fielen bei beiden Gesellschaften die Zukunftsaussichten wieder etwas besser aus. Auch der deutsche Chiphersteller Infineon konnte zuletzt wieder in die Gewinnzone zurückkehren, wies jedoch auf die anhaltend schwierige Branchensituation hin. Für ein lachendes und ein weinendes Auge sorgten die Quartalszahlen von Dell. Der Computerhersteller traf mit seinem Ergebnis zwar die Markterwartungen, allerdings fiel der weitere Geschäftsausblick eher zurückhaltend aus. Mit Motorola, TexasInstruments und AMD gaben gleich mehrere Branchengrößen verhaltene Prognosen für das zweite Halbjahr 2003 ab. Hauptgrund hierfür seien die mittelfristigen Auswirkungen der Lungenkrankheit SARS in Asien, da hierdurch der chinesische Absatzmarkt mit entsprechenden Implikationen für die Chiphersteller eingebrochen ist. Auch der Verband der Halbleiterindustrie SIA korrigierte inzwischen seine Wachstumsprognose für 2003 und 2004 nach unten. Die großenHalbleiterausrüster wie Applied Materials leiden nach wie vor unter Stornierungen der großen Chipproduzenten. Die Zeichen scheinen insgesamt bislang nur begrenzt auf Wachstum zu stehen. Folglich lässt sich feststellen, dass die jüngsten Kursgewinne der Branche vor allem hoffnungsgetrieben waren und bislang kaum durch eine tatsächliche Geschäftsbelebung untermauert werden.

Im Softwaresektor entwickelten sich die Aktienkurse in den vergangenen Wochen per saldo sehr erfreulich, auch wenn die Entwicklung von Firma zu Firma teilweise erhebliche Unterschiede zeigte. So konnte Microsoft mit seinen Quartalszahlen die Markterwartungen erfüllen, während andere Gesellschaften sich eher verhalten äußerten. Das Unternehmen aus Seattle profitierte zudem von der Ankündigung, dass es einige seiner Übertragungs-Protokolle für die Server-Produkte von Mitbewerbern zugänglich machen will. Anleger sehen dies als eine Antwort auf das frei zugängliche Betriebssystem Linux und erhoffen sich dadurch einen weiteren Ausbau des Marktanteils. Der harte Wettbewerb zwischen Linux und Windows geht unterdessen weiter. Berichten zufolge hatte Microsoft-Chef Steven Ballmer das Betriebssystem Linux als Gefährdung für das lukrative Produktportfolio des Konzerns bezeichnet.

Mit Spannung verfolgen die Anleger zur Zeit den Übernahmekampf zwischen Oracle und PeopleSoft. Nachdem letztgenannter zunächst ein Übernahmeangebot für den Konkurrenten J.D. Edwards abgegeben hatte, konterte Oracle wenige Tage später mit einem Übernahmeangebot für PeopleSoft. Der von Oracle genannte Preis wurde jedoch schnell als zu niedrig bewertet und führte zu einer Aufstockung des Angebots. Damit waren die Querelen zwischen beiden Unternehmen aber nicht beigelegt. Die Führung von PeopleSoft hat zudem die Ablehnung der Übernahme mit erheblichen kartellrechtlichen Problemen in den USA und Europa begründet. Außerdem wurden Äußerungen des Oracle-Chefs kritisiert, nach denen die Produktpalette von PeopleSoft eingestellt werden soll. Sowohl J.D. Edwards als auch PeopleSoft reichten gegen Oracle Klage ein. Sie werfen dem Konkurrenten vor, dass es sich um kein ernsthaftes Angebot handele. Es diene lediglich dazu, PeopleSoft-Kunden von Kaufentscheidungen abzuhalten und die Firma dadurch nachhaltig zu schädigen. Der Generalstaatsanwalt des Bundesstaats Connecticut will sogar ein Kartellverfahren gegen Oracle einleiten, da das Unternehmen bei einer Übernahme gegen das Kartellrecht verstoßen würde. Unterdessen konnte Peoplesoft die Akquisition von JD Edwards abschließen, was Oracle zu einer deutlichen Aufstockung seiner unfreundlichen Offerte von ursprünglich 6,3 auf nun 7,5 Mrd. Dollar bewegte. Als Gewinner der Übernahmeschlacht sehen sich derweil Konkurrenten wie SAP. Der weltweite Marktführer im Bereich betrieblicher Software meldete, bereits mit einigen verunsicherten Kunden von PeopleSoft Gespräche über einen möglichen Anbieterwechsel zu führen. Das Walldorfer Unternehmen bestätigte auf seiner letzten Hauptversammlung die Prognose, die Umsatzrendite in 2003 um ein Prozent zu steigern. Voraussetzung hierfür seien jedoch moderate Umsatzzuwächse sowie die Fortsetzung des bisherigen Sparkurses. Der Vorstandssprecher rechnet allerdings mit einem insgesamt schwierigen Jahr für den Softwaresektor. Bei den IT-Dienstleistern setzte sich derweil der harte Konkurrenzkampf um die schrumpfenden Auftragsvolumina fort. Die Unternehmen halten sich insbesondere mit längerfristigen Investitionen zurück, um sich in dem schwierigen konjunkturellen Umfeld nicht durch langwierige Verpflichtungen zu binden.

Von Seiten der Telekommunikationsausrüster kamen gemischte Signale. Die finnische Nokia veröffentlichte Mitte Juli Quartalszahlen, die zwar den Erwartungen der Börsianer entsprachen. Dennoch brach die Aktie um rund 17 Prozent ein, da der Ausblick auf das dritte Quartal sehr verhalten ausfiel. Sehr schnell kamen Befürchtungen auf, dass Nokia seine bisher überdurchschnittlich hohen Margen im Handygeschäft in Zukunft nicht mehr halten kann. Trotz der jüngsten Turbulenzen halten wir weiterhin an der Übergewichtung der Nokia-Aktie fest, da das Unternehmen vergleichsweise günstig bewertet ist und unverändert der Top-Player innerhalb der Branche ist. Auf die Ergebniszahlen von Ericsson reagierte der Markt dagegen erfreut, als sich diese insgesamt besser darstellten, als zunächst befürchtet wurde. Nach unserer Ansicht spiegeln sich im Aktienkurs bereits sehr viele Hoffnungen auf einen erfolgreichen Konzernumbau von Ericsson wider, die sich mit dem Antritt des neuen Vorstandsvorsitzenden vor knapp einem halben Jahr verbinden. Doch lassen beherzte Restrukturierungsschritte noch auf sich warten.

Sehr freundlich tendierten in letzter Zeit die Werte der Biotechnologiebranche. Das weltgrößte Biotechunternehmen Amgen übertraf mit seinem Quartalsergebnis die Erwartungen der Finanzwelt. Der Verkaufserfolg des wichtigsten Medikaments gegen Blutarmut ließ den Quartalsumsatz um 75 Prozent auf 1,8 Milliarden Dollar steigen. Gleichzeitig wurde auch die Prognose für das Geschäftsjahr angehoben. Investoren honorierten diese Steigerung mit einem satten Kursplus. Sehr freundlich tendierten auch andere Biotechs. In Erwartung erfreulicher Studienergebnisse zu potenziellen Krebsmedikamenten, die jedes Jahr auf der weltweit wichtigsten Konferenz für klinische Onkologie ASCO Anfang Juni in den USA vorgestellt werden, standen Pharma- und Biotechaktien auf der Kaufliste der Anleger. Die Präsentationen auf der ASCO-Konferenz sorgen jedes Jahr für deutliche Kursbewegungen. Einige Gesellschaften konnten auch in 2003 mit positiven Studienergebnissen überzeugen, andere mussten hingegen Rückschläge vermelden. Nach den kräftigen Zuwächsen im April und Mai verlief der Juni für den Biotechsektor insgesamt allerdings etwas verhaltener. Unterdessen setzt sich die Marktbereinigung weiter fort. So haben die US-Biotechnologieunternehmen Biogen und Idec Pharmaceuticals ihren Zusammenschluss angekündigt. Die fusionierte Gesellschaft plant ein jährliches Umsatzwachstum von 15 Prozent und der Gewinn je Aktie soll von diesem Jahr an bis 2007 um rund 20 Prozent zulegen. Die Anleger zeigten sich von der Fusionsankündigung jedoch wenig begeistert, sodass die Aktienkurse beider Unternehmen nachgaben. Zudem hatte Biogen seine Prognose für das zweite Quartal wegen schwacher Absatzzahlen des Medikaments Intron gesenkt.

Anlagestrategie:

Zuletzt haben wir einen Teil der Position in Cisco Systems abgebaut, da dieser Titel nach den jüngsten Kurssteigerungen inzwischen angemessen bewertet ist. Im Gegenzug wurden Käufe bei UT Starcom vorgenommen. Dieser chinesische Produzent von Telekommunikationsausrüstung ist vor allem in seinem Heimatmarkt stark vertreten. Aufgrund des beachtlichen Wachstumspotenzials des chinesischen Telekommunikationsmarktes stellt das Unternehmen ein attraktives Investment dar. Neu erworben wurden zudem Aktien der amerikanischen Symantec, einem Spezialisten für Sicherheits- und Anti-Virus-Software. Diese Gesellschaft ist trotz der gegenwärtig angespannten Branchensituation in der glücklichen Lage, Preiserhöhungen durchsetzen zu können. Die Bestandskunden zahlen in regelmäßigen Abständen Gebühren, um die neuesten Software-Updates von Symantec zu erhalten. Auf diesem Wege verfügt das Unternehmen über eine stetige und verlässliche Einnahmequelle. Aufgestockt wurde ferner die Position in der Beratungsfirma Bearing Point, der ehemaligen KPMG. Dieser Titel sollte von einer konjunkturellen Erholung in besonderem Maße profitieren. Zudem gilt er als attraktiver Übernahmekandidat. So will z.B. Hewlett Packard seinen Servicebereich weiter ausbauen, wobei der Erwerb eines etablierten Beratungsunternehmens wie Bearing Point eine attraktive Option darstellt.

Quelle: Union Investment

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