Kommentar
00:00 Uhr, 05.11.2009

Unglaublich, einfach nur unglaublich!

Wenn Sie denken, das deutsche Steuerrecht sei kompliziert, ungerecht und die Sätze viel zu hoch dann lesen Sie bitte weiter – Sie werden Ihren Augen nicht trauen. Mir liegt dazu ein Memorandum von Juristen einer Schweizer Privatbank vor.

Ich spreche von Amerika, dem Land des Kapitalismus, der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten…aber das wird mehr und mehr zur reinen Geschichte, die Realität sieht ganz anders aus. Unbegrenzte Möglichkeiten? Im wahrsten Sinne des Wortes trifft das beim Thema Besteuerung zu. Die US-Steuerbehörde IRS benimmt sich in fremden Ländern nicht wesentlich anders als das US-Militär, während die einen Weltpolizei spielen mimen die anderen das Weltfinanzamt.

Worum geht es? In den USA läuft 2010 das von Alt-Präsident Bush unterzeichnete Erbschafts-und Schenkungssteuergesetz aus. Und die Obama-Administration arbeitet schon eifrig am Nachfolger, der nicht nur den Buchstaben des Gesetzes nach strenger wird, sondern auch der operative Teil – das Eintreiben der Steuern – soll deutlich intensiviert werden.

Nun könnte uns allen das eigentlich egal sein, wenn davon nur Amerikaner in Amerika betroffen wären. Dem ist aber nicht so. Die US-Regierung will auch Steuern von Amerikanern, die im Ausland ihren festen Wohnsitz haben. Selbst das könnten wir noch ignorieren…ABER

Betroffen sind auch so genannte „Non-Resident Aliens“. Damit sind keine Außerirdischen gemeint, sondern Ausländer ohne festen Wohnsitz in den USA. Man könnte es auch einfacher umschreiben: Der ganze Rest der Welt!

Die „Estate Tax“ gilt nämlich für jeden, der Vermögen in den USA hat. Nun könnte man bei Grundstücken vielleicht noch Verständnis zeigen, aber dazu gehören auch, man will es kaum glauben, US-Wertpapiere. Also Aktien und (Staats-)Anleihen…

Stellen Sie sich vor Sie leihen mir Geld, und wir vereinbaren für den Fall ihres bedauerlichen Todes, dass ich Ihren Erben nur 55% zurückzahlen muss?!
Genau darauf läuft es nämlich hinaus. Wir sprechen von Steuersätzen um die 45%, bei einer Freigrenze von nur 60.000 USD (während US-Bürger Freibeträge >1 Mio. USD in Anspruch nehmen dürfen). Doppelbesteuerungsabkommen mit einigen Ländern, darunter auch Deutschland und die Schweiz, erhöhen zwar die Freigrenzen, verlangen aber die Offenlegung des gesamten Vermögens vor der US-Steuerbehörde! Doppelbesteuerungsabkommen mit Ländern aus Asien, den arabischen Ölstaaten und Südamerika sind Fehlanzeige! Das ist besonders bemerkenswert wenn man bedenkt, dass Investoren aus diesen Ländern stark in US-Papieren engagiert sind…

Grundlage der Durchsetzung dieser höchst fragwürdigen fiskalischen Ansprüche, die bisher nicht mehr als geschriebener Text und quasi uneinbringbar waren, sind so genannte QI (Qualified Intermediary)-Agreements zwischen der IRS und den Banken. Diese Agreements, die bis 2012 laufen sollen jedoch nach dem Willen der US-Regierung aufgekündigt werden und 2010 durch neue ersetzt werden. Mit wesentlichen Verschärfungen, auf die im Detail hier nicht eingegangen werden kann.

Selbst wenn man davon ausgehen würde dass letztlich die Eintreibung der Steuern scheitert, so bleibt die maßlose Selbstüberschätzung bzw. das mehr als merkwürdige Selbstverständnis der US-Administration betonenswert. Und wer dachte mit Obama würde das anders, sieht sich bestätigt. Nur, es wird noch schlimmer…

Daniel Kühn - GodmodeTrader.de / BörseGo AG

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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