Kommentar
09:49 Uhr, 10.11.2022

Unerwartete Erwartungen und zahlreiche Zahlen

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Wir leben seit einiger Zeit in einem Preis-Job-Zentralbank-Staffellauf, dabei hangeln wir uns von einem Inflationsreport zum nächsten Arbeitsmarktbericht, von einer EZB- zur nächsten Fed-Sitzung. Nach den heutigen US-Inflationsdaten geht dieser Staffellauf in eine fast dreiwöchige Pause. Insofern dürfte diesen Preisdaten eine Marktbedeutung zukommen, die weit über das kurzfristige Tagesgeschehen hinausreichen wird. Erweist sich der Inflationsdruck (mal wieder) stärker als erwartet, werden wir wochenlang möglicherweise stärkere Leitzinsanhebungen erörtern, sehen wir vergleichsweise geringen Preisdruck, werden wir wochenlang über ein baldiges Ende der zinspolitischen Straffung diskutieren. Aus dem Quartett von Monats- und Jahresänderungsraten der Gesamt- und Kerninflationsindizes erachten wir den monatlichen Anstieg in der Kerninflation als die bedeutendste Variable für das Marktgeschehen. Für diesen Wert wird heute ein Plus von 0,5 % erwartet.

Einschätzungen zur allgemeinen Preisentwicklung sind individuell höchst unterschiedlich und stark von Preisänderungen für Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs beeinflusst. Vertreter der Zentralbanken betonen immer wieder, wie wichtig es sei, eine „Entankerung“ der Inflationserwartungen zu vermeiden. Wo jedoch die Inflationserwartungen der Konsumenten stehen, diesbezüglich ist die Datenlage hierzulande einigermaßen überschaubar. Die Europäische Zentralbank führt daher seit ein paar Jahren eine eigene Erhebung hierzu durch. Gestern wurden die Ergebnisse der September-Umfrage veröffentlicht.

Im Mittel hatten die befragten Verbraucher das Gefühl, die Preise seien in den vorangegangenen zwölf Monaten um 10,1 % gestiegen – was frappierend nah am offiziellen Inflationsausweis von 9,9 % für die Eurozone im September liegt. Für die kommenden zwölf Monate erwarten die Verbraucher im Schnitt eine Inflationsrate von 7,3 %, in drei Jahren eine von 4,8 %. Diese Durchschnittswerte sind aber offensichtlich stark durch Ausreißer zur oberen Seite hin verzerrt. Die EZB weist für ihre Umfrage auch den jeweiligen Medianwert aus, also jenen Wert, der genau in der Mitte aller Antworten liegt. Die Unterschiede zum Durchschnittswert sind erheblich und liegen bei rund zwei Prozentpunkten: Im Rückspiegel wird die aktuelle Inflationsrate laut Median nur auf 8,1 % geschätzt, die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate stehen bei 5,1 % und jene in drei Jahren bei 3,0 %. Im Vergleich zu den Umfragen in den vorangegangenen Monaten blieben die Inflationserwartungen im Median faktisch unverändert. In einer Phase, wo im August und September die Energiekrise Europa mit voller Wucht erfasst hat und gestiegene Strom- und Gaskosten zum Top-Thema des täglichen Lebens avancierten, hat sich der EZB-Umfrage der Median der Inflationserwartungen für die folgenden zwölf Monate um lediglich ein Zehntel von 5,0 % auf 5,1 % erhöht.

Für eine spürbare Reaktion an den Finanzmärkten hätte es sicherlich eines stärkeren Anstiegs der Inflationssorgen bedurft. Und so sahen wir gestern im Bundmarkt keine steigenden, sondern im Gegenteil sogar recht kräftig fallende Renditen. Was dennoch eintrat, ist die Kurveninversion: Heute früh rentieren 2-jährige Bundespapiere mit 2,19 % gut zwei Basispunkte höher als Bundesanleihen mit 10 Jahren Laufzeit. Dies ist zwar keine tiefe Inversion, in der Geschichte des Bundmarktes jedoch eine seltene Erscheinung. Wir sollten uns darauf einstellen, dass der Renditeunterschied zwischen kurzen und längeren Laufzeiten noch für einige Zeit sehr gering, zeitweise positiv, aber zeitweise eben auch negativ sein wird.

Von den Inflationserwartungen zu den Inflationsdaten – heute stehen die amerikanischen Verbraucherpreisdaten für den Monat Oktober im Fokus. Für uns der wichtigste Wert wird der monatliche Anstieg im Kerninflationsmaß sein, den wir – im Einklang mit dem Konsens – bei 0,5 % erwarten. Jegliche Abweichungen von diesem Wert dürften das Handelsgeschehen der nächsten Wochen maßgeblich bestimmen – bis wir am 29. November mit den deutschen November-Inflationsdaten die nächste Übergabe auf unserem Preis-Job-Zentralbank-Staffellauf erleben werden…

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Der Beitrag Unerwartete Erwartungen und zahlreiche Zahlen erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).

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