UK - Unerwartete Zunahme der Arbeitslosigkeit
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Bis heute blieb die Wirtschaft Großbritanniens (UK) im Gegensatz zu den USA und der Eurozone weitgehend von den Sorgen wegen des Arbeitsmarkts verschont. Ausgehend von einer ohnehin angespannten Situation scheint sich der Arbeitsmarkt im UK entsprechend dem zunehmenden Wirtschaftswachstum allmählich weiter verengt zu haben. Obwohl das durchschnittliche Einkommenswachstum im Jahr 2004 zunahm, liegt es mit derzeit 4,3% 3m/y (gegenüber dem Vorquartal, annualisiert) nach wie vor unter dem Niveau, das bei der Bank of England Inflationsängste auslösen würde.
Tatsächlich äußerte der MPC (Geldpolitische Ausschuss) im Protokoll der November-Sitzung seine Zufriedenheit darüber, dass sich die bereits angespannte Lage am Arbeitsmarkt in letzter Zeit nicht weiter verschärft hat und dass sich deshalb der Druck, die Löhne zu erhöhen, in Grenzen hielt. Die aktuellen Zahlen erschütterten jedoch dieses rosige Bild ein wenig. Die revidierten Arbeitslosenzahlen zeigen nun, dass die Arbeitslosigkeit in den letzten beiden Monaten leicht zunahm und dass sich der Einkommenszuwachs bereits von 4,1% 3m/y auf 3,8% 3m/y abgeschwächt hatte (obwohl der weniger volatile Wert ohne Bonus-Zahlungen mit 4,3% 3m/y konstant blieb).
Das Wachstum der durchschnittlichen Einkommen ist entscheidend für die Aussichten der Konsumausgaben im kommenden Jahr. Wir rechnen für 2005 mit einem insgesamt weitgehend unveränderten Beschäftigungsniveau. Daher muss eine eventuelle Erhöhung des verfügbaren Pools der Haushaltseinkommen aus den Lohnerhöhungen resultieren. Zudem dürften die Konsumausgaben 2005 zunehmend Gegenwind bekommen, da sowohl das nachlassende Preiswachstum bei Wohnimmobilien als auch die angestiegenen Zinsen zu einer höheren Sparquote führen dürften. Ein stärkeres durchschnittliches Wachstum der Einkommen würde folglich dazu beitragen, die Auswirkungen der erhöhten Sparquote auf das generelle BIPWachstum teilweise zu mildern.
Eine entscheidende Voraussetzung unserer 2,4%-Wachstumsprojektion für 2005 besteht darin, dass das durchschnittliche Einkommenswachstum moderat auf einen Gesamtjahresdurchschnitt von 4,8% steigt, da das über dem Trend liegende Wachstum des Jahres 2004 erst mit der üblichen Verzögerung auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Um die Auswirkungen einer offenbar nur geringen Veränderung beim durchschnittlichen Einkommenswachstum in diesem für den Konsum schwierigen Umfeld zu verdeutlichen, ergab eine Simulation mit einem durchschnittlichen Einkommenswachstum für 2005 von nur 4,0% und ansonsten unveränderten Faktoren einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 2,4% auf 2,0%.
Sollte das durchschnittliche Einkommenswachstum enttäuschen, dürften die anderen Faktoren wohl auch nicht konstant bleiben. Vor allem müsste die Anpassung der aktuell angespannten Hauspreis-Erschwinglichkeits-Kennzahlen (house price affordability ratios) [siehe Die Immobilienfrage, 16. Juli 2004] zum größten Teil vom Hauspreis - im Zähler - kommen und nicht vom verfügbaren Einkommen - im Nenner. Dies würde sich fortsetzen in einer höheren Sparquote und in einem vom Konsum getriebenen Teufelskreis sinkenden Wachstums.
Andererseits würde sich ein geringeres Einkommenswachstum positiv auf die Unternehmensgewinne auswirken - und dies könnte sich ebenfalls direkt im BIP-Wachstum niederschlagen, wenn die Unternehmen zuversichtlich sind und ihre Investitionen erhöhen. Ein geringeres Lohnwachstum würde auch generell zu einer niedrigeren Inflation führen und so eine kräftigere Reaktion der Bank of England auf ein eventuell nachlassendes Wachstum erleichtern.
Ein potenziell gedämpftes durchschnittliches Einkommenswachstum kann daher als wesentliches Abwärtsrisiko unserer Prognose 2005 ausgemacht werden. Aber dies ist sicherlich nicht unsere Hauptprognose. Der breite Trend der Arbeitsmarktentwicklung läuft mit einer gewissen Verzögerung parallel zum allgemeinen Wachstumsniveau. Wir möchten allerdings warnend darauf hinweisen, dass Einstellungsentscheidungen manchmal von kurzfristigen Ereignissen beeinträchtigt werden, vor allem wenn diese eine höhere Ungewissheit mit sich bringen. Als Beispiel dient der kräftige Anstieg der Arbeitslosenzahlen im April 2003 - er fällt mit dem Irak-Krieg zusammen.
Ebenso glauben wir, dass die jüngste "Schwäche" (oder vielmehr das überraschende Fehlen von Stärke) des britischen Arbeitsmarkts weitgehend dem enormen Anstieg der Energiekosten im Spätsommer zuzuschreiben ist; damals schnellten die Ölpreise von etwa USD 35 pro Barrel im Juli auf USD 55 pro Barrel im Oktober hoch. Der jüngste nachhaltige Fall der Ölpreise dürfte sich daher entsprechend positiv auf die Einstellungsabsichten ausgewirkt haben. Obwohl die Daten mit dem aufgeschlüsselten Zuwachs an Arbeitsplätzen im privaten und öffentlichen Sektor für diesen Zeitraum noch nicht verfügbar sind, könnte das nachlassende Wachstum der Staatsausgaben darauf hinweisen, das diese in den letzten Jahren sehr starke Quelle neuer Arbeitsplätze nun langsamer sprudelt. Die Last für einen anziehenden Arbeitsmarkt und das Wachstum der Einkommen wird daher verstärkt der private Sektor zu tragen haben.
Angesichts der niedrigen Inflationserwartungen dürfte es kaum eine Rückkehr zu dem hohen Einkommenswachstum früherer Zeiten geben. Dennoch dürfte die Januar-Tarifrunde in Großbritannien (etwa ein Viertel aller UK-Tarifverträge werden in diesem Monat abgeschlossen) gegenüber dem heutigen Stand zu einer gewissen Steigerung des Einkommenswachstums führen.
Quelle: Schroders
Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2004 rund 147,9 Mrd. Euro.
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