Überblick Finanzmärkte
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Deka - Überblick Finanzmärkte
Der weiterhin mögliche Angriff auf den Irak bleibt nach wie vor Thema Nr. 1 an den Finanzmärkten. Bei Anzeichen darauf, dass der Krieg erst später beginnen oder ganz ausbleiben könnte, steigen Aktien, Bondrenditen und der US-Dollar. Wenn aus Washington oder London dagegen Verlautbarungen kommen, die auf einen baldigen Beginn des Krieges schließen lassen, steigen die Risikoprämien wieder. Damit belastet der Konflikt die Wirtschaft bereits, bevor er richtig ausgebrochen ist. Hauptsächlicher Transmissionsmechanismus, der direkt die Wirtschaftsentwicklung hemmt, ist der Ölpreis. Rohöl liegt aktuell bei knapp 30 % über dem Jahresdurchschnitt 2002 von 25,5 US-Dollar (Grafik 1). Dank der Aufwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar ist der Ölpreisanstieg in Euro gerechnet etwas niedriger, aber immer noch 15 % höher als 2002. Was für Eurolands Ölrechung ein Segen ist, ist für die Exportchancen ein Fluch. Je stärker nämlich Kriegsängste den US-Dollar belasten, indem sie internationalen Anlegern das Finanzierungsproblem des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits vor Augen halten, desto schwieriger wird es für Euroland- Unternehmen auf dem Weltmarkt zu konkurrieren. Mit einer Verzögerung von gut einem halben Jahr wirken sich Wechselkurschwankungen auf die Handelsbilanzentwicklung aus. Der seit Anfang 2002 zu beobachtende Kursanstieg des Euros dürfte folglich bereits aktuell belastend für die Euroland-Wirtschaft sein. Eine weitere wichtige Konsequenz des Irakkonfliktes ist die Planungsunsicherheit für Konsumenten und Unternehmer. Zwar gehen die meisten Beobachter von einem kurzen und räumlich begrenzten Krieg aus, bei dem es nicht zu einer Eskalation kommt, die die arabische Region dauerhaft destabilisiert und zu einem lang anhaltendem Anstieg des Ölpreise führt, sicher ist dies jedoch nicht. Die Unsicherheit allein führt dazu, dass Konsum- und Investitionsentscheidungen zurückgestellt werden. Dieser Nachfrageausfall führt wiederum zu einem Rückgang der Produktion und zu einer geringeren Einkommensentwicklung, die wiederum die gesamtwirtschaftliche Nachfrage dämpft. Die damit verbundene geringere Gewinnentwicklung drückt die faire Bewertung von Aktienanlagen. Zusätzlich führt die Unsicherheit dazu, dass eine höhere Prämie für risikobehaftete Anlagen verlangt wird. Dies belastet Aktienanlagen oder schlechter bewertete Unternehmensanleihen zusätzlich. Der allgemeine Trend sinkender Bondrenditen führt damit nicht zu verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten für den Unternehmenssektor. Im Gegenteil, die anhaltende Schwäche am Aktienmarkt bewirkt, dass die Finanzierung über Neuemissionen oder Kapitalerhöhungen schwieriger - wenn nicht sogar fast unmöglich - geworden ist. Aber nicht nur die Investitionstätigkeit leidet mit den sinkenden Aktienkursen, auch die privaten Vermögen und damit das Wachstum des privaten Konsums gehen zurück.
Nach Konfliktende: keine schöne heile Welt
Darüber, wie es im Fall eines Kriegsausbruchs weltwirtschaftlich weiter geht, kann nur spekuliert werden. Es hängt unter anderem davon ab, ob der Konflikt zeitlich und räumlich begrenzt bleibt, ob es zu verstärkten terroristischen Aktivitäten kommt, ob die Rohölproduktion im Irak längerfristig zum Erliegen kommt und wie die Zentralbanken reagieren. Aus dem ersten Golfkrieg lässt sich aber ableiten, dass die Rezessionswahrscheinlichkeit ansteigen würde. Etwas unbeachtet ist die Fragestellung, wie die Weltwirtschaft aussieht, wenn es zu keinem Krieg kommt oder dieser schnell zu Ende ist. Die aktuelle Berichterstattung suggeriert häufig, dass die Welt dann wieder in Ordnung wäre und einem kräftigen Kursaufschwung an den Aktienmärkten nichts mehr im Wege stünde. Schließlich wäre dies genau das Muster, das beim Golfkrieg 1991 beobachtet werden konnte. Eine häufige Grundlage dieser Prognosen ist, dass der Ölpreis stark fällt und so die Wirtschaft stimuliert, die Inflation und die Leitzinsen niedrig hält und die Realeinkommen erhöht. Dadurch würde die Nachfrage stimuliert und die Gewinnentwicklung angestoßen. Angesichts der Lieferausfälle von Venezuela, des in Nigeria ebenfalls begonnenen Streiks und niedriger Lagerbestände gehen wir nur von einem Rückgang des Ölpreises auf 29 und 27 US-Dollar bis Ende Mai bzw. August aus. Für eine deutliche Stimulierung der Wirtschaft ist dies zu wenig, sodass wir relativ pessimistisch bleiben. Es ist wahrscheinlich, dass die Aktienmärkte sich derzeit in einer überverkauften und die Rentenmärkte in einer überkauften Situation befinden und dass die Risikoprämien bei einer "Lösung" des Konfliktes zurückgehen werden. Den Auftakt eines neuen starken Bullenmarktes würden wir darin jedoch nicht sehen. Unserer Einschätzung nach wird sich die Weltwirtschaft auch ohne das "Irak-Thema" im laufenden und folgenden Jahr eher moderat entwickeln. Die geopolitischen Unsicherheiten werden in anderer Weise auftreten, denn eine friedliche Nachkriegsordnung der Region und ein Rückgang der terroristischen Bedrohung ist nach wie vor nicht in Sicht. Angesichts der neuen amerikanischen außenpolitischen Doktrin ist auch ein Angriff auf andere "Schurkenstaaten" nicht auszuschließen. Schließlich bleibt auch, dass sich die Weltwirtschaft weiterhin in einer Phase befindet, die durch das Platzen der Aktienmarktblase charakterisiert ist (Grafik 2). Dies dämpft die Investitionstätigkeit und den privaten Konsum. Aufgrund der hohen Wertberichtigungen, die Unternehmen und Banken sowie private und institutionelle Investoren in den letzten Jahren vornehmen mussten, wird die Risikoneigung gering bleiben. Die gegenwärtige Marktphase ist damit nicht mit den Aktiencrashs der 90er Jahre zu vergleichen, bei denen es nach einem kurzen und kräftigen Einbruch schnell wieder steil nach oben ging. Bei hoher Risikoaversion werden die Renditen an den Märkten für Staatsanleihen auch bei einer zyklischen Erholung nur wenig ansteigen. Dauerhaft höher als in den 90er Jahren werden voraussichtlich, die Renditeaufschläge risikobehafteter Anleihen sein. Dies liegt daran, dass die Alternative einer Eigenkapitalfinanzierung über Aktienemission weitgehend fehlt, die Gewinnperspektiven der Unternehmen schlechter sind und dass die Banken im Zuge der neuen Eigenkapitalvorschriften im Zusammenhang mit Basel II zu einer risikoadäquateren Bepreisung von Kreditrisiken übergehen. Dies bedeutet, dass Bankkredite für Unternehmen teurer werden und in weniger starkem Maße zur Verfügung stehen. Auf der einen Seite sehen sich Unternehmen also ungewohnt teuren Finanzierungsbedingungen gegenüber und auf der anderen Seite nur begrenzt rentablen Investitionsmöglichkeiten, da die Aktienmarktblase zu weltweiten Überinvestitionen und damit Überkapazitäten geführt hat. Eine Kreditklemme folgt daraus nicht zwingend, wohl aber, dass das Kreditvolumen zurückgeht (Grafik 3).Wir gehen daher davon aus, dass die von uns erwartete durch die expansive Geld- und Fiskalpolitik angestoßene Investitionserholung auf einem niedrigeren Niveau stattfindet als nach der Rezession 1990/91 (Grafik 4).
Haushaltsdefizite werden Rentenmarkt belasten
Ein Risiko für den Rentenmarkt bleiben die Haushaltsdefizite in Euroland (Grafik 5) und in den USA. Statt der vor wenigen Jahren noch sicher erschienenen Budgetüberschüsse in den USA, wird nun auf absehbare Zeit mit Defiziten und einer zusätzlichen Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zu rechnen sein (Grafik 6). Dies wird den Anlagebedarf risikoaverser amerikanischer Investoren befriedigen können. Wir sind jedoch weniger optimistisch, ob auch internationale Anleger in dem bislang gesehenen Ausmaß in den USA investieren. Es folgt damit ein klarer Abwärtsdruck auf den US-Dollar und ein voraussichtlich in den USA sich schlechter entwickelnder Rentenmarkt als in Euroland. Die Phase niedriger Investmenterträge, in der Anlagen mit geringen Risiken bevorzugt werden, ist damit aktuell voraussichtlich noch nicht zu Ende.
Quelle: Deka
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