Kommentar
12:57 Uhr, 11.06.2018

Trump und die Wall Street: Wirds jetzt vollkommen verrückt?

Donald Trump genießt vor den Zwischenwahlen im November ähnliche Zustimmungswerte in der amerikanischen Bevölkerung wie Barack Obama im Juni 2010 oder Ronald Reagan im Juni 1982.

Beide haben dann in den Zwischenwahlen große Einbußen bei der Zahl der Sitze im Repräsentantenhaus erlitten. Trump braucht also dringend bessere Zustimmungswerte und wenn man die jüngsten Umfragen beobachtet scheint seine Politik nach innen und außen in den vergangenen Wochen tatsächlich auch zu steigenden Umfragewerten zu führen.

Trump fühlt sich also in dem bestätigt, was er tut. Zahlreichen Tweets zufolge hat Trump immer ein Auge auf den Aktienmarkt. Genau von dort könnte jetzt weitere Unterstützung für den US-Präsidenten herkommen. Technisch betrachtet könnte das nachhaltige Auflösen eines so genannten „Broadenig Wedge“-Patterns zu einer dynamischen Rally-Bewegung im Nasdaq 100 Technologieindex führen. Nachhaltig – das bedeutet dass wir über 7186 Indexpunkten resolute Zukäufe in den großen Werten des Index sehen müssen.

Twitter ist nicht nur bei nachträglichen Tweets zu G7-Treffen in den Medien. Das Unternehmen wurde am Donnerstag in den S&P 500 Index für amerikanische Standardaktien aufgenommen. Die Aktie stieg 24 % als der S&P 500 Index im Februar an neun aneinanderfolgenden Handelstagen kräftig sank und gewann seither um weitere 35 % an Wert. Electronic Arts profitiert von seinen Spielemarken Sims, FIFA und Battlefield und überrascht jetzt mit einem Flatrate-Tarif von $15 monatlich und $100 jährlich für ein Netflix-ähnliches Modell, bei dem Kunden alle Spiele des Konzerns spielen können. Micron Technology profitiert von hoher Speicherchipnachfrage und kletterte seit Anfang Februar um 50 %. Abiomed, ein Unternehmen aus dem Healthcare-Sektor, sprang seither gar um 80 % nach oben.

Investoren nehmen höhere Bewertungen in Kauf, um ein Maximum an Wachstum zu erhalten. Und davon gibt es en masse. Facebooks Umsatzerlöse wuchsen in zehn Jahren von unter 300 Millionen Dollar im Jahr 2010 auf über vermutlich 44 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Die Google-Mutter Alphabet wird ihren Umsatz in fünf Jahren von knapp unter 60 Milliarden Dollar auf fast 120 Milliarden Dollar in diesem Jahr verdoppelt haben. Netflix wird Schätzungen zufolge in diesem Jahr 12,7 Milliarden Umsatz machen, vor fünf Jahren waren es nur 4,3 Milliarden Dollar. Das sind keine kleinen Summen in Zukunftssektoren, die künftig in monopolistischer oder oligopolistischer Struktur fast ausschließlich in US-amerikanischer Hand liegen werden. Aus deutscher und europäischer Sicht dürfte diese Tatsache intuitiv betrachtet eher unangenehme Gefühle auslösen. Dennoch sind das durchaus attraktive Aussichten für Investoren.

Ein Bullenmarkt endet nicht an Altersschwäche. Der Gaul wird so lange geritten, bis er tot umfällt. Ein typisches Signal, dass das Ende eingetreten sein könnte, sind an Börsen in Ausverkaufsphasen so genannte Sell-Off-Peaks - jene denkwürdigen Ausverkaufsphasen, die wir vom Februar dieses Jahres oder in noch stärkerer Ausprägung von der Finanzkrise kennen. Das gleiche ereignet sich auch am Ende von Bullenmärkten, nur dass die Käufer scheinbar kein Halten mehr kennen. Ich vermisse diese Phase noch etwas. Ohne diese Phase ist der Bullenmarkt irgendwie einfach nicht komplett.

Deutet sich nun charttechnisch genau eine solche Blowoff-Phase an, an der es wirklich vollkommen verrückt werden könnte bei den Techaktien in New York? Ja: Steigt der Nasdaq wie oben beschrieben nachhaltig über 7186 Punkte aktiviert sich ein Kursziel von 8050 Punkten, was noch einmal 12 % über dem aktuellen Niveau liegen würde. Das wäre nicht nur ein Signal, dass die Rekordserie bei vielen bereits stark gelaufenen Techaktien noch kein Ende hat, sondern auch, dass die Wall Street zumindest im Technologiebereich die Sorgen des Ausverkaufs vom Februar hinter sich lassen kann.

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1 Kommentar

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  • Hoeli
    Hoeli

    Kann ich nicht ganz nachvollziehen.

    "Das gleiche ereignet sich auch am Ende von Bullenmärkten, nur dass die Käufer scheinbar kein Halten mehr kennen. Ich vermisse diese Phase noch etwas. Ohne diese Phase ist der Bullenmarkt irgendwie einfach nicht komplett."

    Wenn die Phase von Anfang 2016 bis heute das nicht wiederspiegelt, dann weiß ich auch nicht. :-)

    Nur leider glaube ich auch nicht, dass es das schon war. Es darf noch nicht sein.Das Risiko eines kompletten Crashs bei dem wenige viel verlieren ist zu groß. Es muss noch eine größere Umverteilung auf mehrere Schultern vorgenommen werden.

    19:12 Uhr, 11.06. 2018

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets
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Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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