Trotz Allzeittief des Deka-EZB-Kompasses gewinnt Exit-Strategie der EZB an Bedeutung
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1. Der EZB-Kompass, der die wichtigsten makroökonomischen Einflussgrößen auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank zusammengefasst darstellt, ist im Mai von 6,6 auf 6,1 Punkte nur noch leicht gefallen. Auffallend ist, dass die beiden wichtigsten realwirtschaftlichen Frühindikatoren – das Economic Sentiment und der Einkaufsmanagerindex – wie bereits schon im April angestiegen sind. Die stärker die konjunkturelle Lage beschreibenden Indikatoren wie die Industrieproduktion und die Outputlücke sind dagegen erneut gefallen. Zur Outputlücke muss allerdings gesagt werden, dass sie derzeit nicht nur mit der Schwierigkeit behaftet ist, dass das Potenzialwachstum schwer zu schätzen ist, sondern auch damit, dass das aktuelle Niveau des Produktionspotenzials derzeit kaum bekannt ist. Die ungewöhnlich intensive Lagerkorrektur, die zu dem starken BIP-Rückgang der letzten beiden Quartale geführt hat, birgt durchaus die Möglichkeit, dass die Outputlücke weniger groß ist als derzeit geschätzt.
Die Inflationsindikatoren sind im Vergleich zum Vormonat tendenziell gefallen und signalisieren, dass die disinflationäre Phase weiter intakt ist.
2. Die EZB hat bereits auf ihrer letzten Pressekonferenz angekündigt, dass sich die Wirtschaft schlechter entwickelt als bei der Erstellung der Prognosen ihres Mitarbeiterstabes im März unterstellt. Daher sollte den neuen Projektionen für 2009 und 2010 weniger Aufmerksamkeit zu Teil werden als sonst. Sie lagen im März für das BIP bei -2,7 und 0 % und für den HVPI bei 0,4 und 1,0 % und sollten sich in Richtung unserer aktuellen Prognosen von -4,2 und 0,5 % beim BIP und 0,5 und 1,5 % beim HVPI bewegen.
3. Unser Hauptinteresse bei der EZB-Pressekonferenz gilt zum einen den Details des Ankaufsprogramms von Pfandbriefen und zum anderen der allgemeinen Exit-Strategie aus der sehr expansiven Geldpolitik der EZB. Wir würden es begrüßen, wenn die EZB die Sorgen der Finanzmärkte vor langfristig steigenden Inflationsraten und einer erodierenden Unabhängigkeit der Zentralbanken im Umfeld steigender Staatsschulden adressieren würde. Diese Sorgen haben zu einem Zinsanstieg von immerhin 60 Basispunkten bei zehnjährigen Bundesanleihen geführt. Zwar zweifelt keiner an dem Willen der EZB. Es ist ihr dennoch bislang nicht gelungen, ihre Exit-Strategie so darzustellen, dass sie am Finanzmarkt und in der Bevölkerung verstanden wird – sicherlich eine enorme kommunikative Aufgabe.
4. Beim Ankaufsprogramm von Pfandbriefen erwarten wir folgende Ausgestaltung: a) Konzentration auf Käufe von Hypothekenpfandbriefen, kein Ankauf von Schiffs- und öffentlichen Pfandbriefen; durch die Begrenzung auf Hypothekenpfandbriefe vermeidet sie den Vorwurf der indirekten Staatsfinanzierung, den vor allem Präsident Trichet wohl auf jeden Fall umgehen möchte. Der Ankauf von Schiffspfandbriefen ist unwahrscheinlich, da es sie nur in Deutschland gibt. b) Käufe hauptsächlich am Sekundärmarkt; dies hilft auch dem Primärmarkt, da ein liquider Sekundärmarkt die Attraktivität von Neuemissionen durchaus unterstützt. c) Käufe über das Investmentportfolio der EZB und nicht über die nationalen Zentralbanken; Pfandbriefe sind ein international so inhomogenes Produkt, dass es praktische Vorteile hat, die Durchführung und Verwaltung der Papiere bei der EZB zu zentralisieren. d) klare Kommunikation einer Exit-Strategie, die darin besteht, dass die Papiere bis zur Fälligkeit von der EZB gehalten werden; das Portfolio schmilzt dadurch auf natürliche Art mit den individuellen Fälligkeiten der einzelnen Papiere sukzessive ab, ohne dass erneut verzerrend am Markt eingegriffen werden muss; die Formulierung einer Exit-Strategie hat zum einen praktische Gründe, da über die Haltedauer ein Konsens bestehen sollte; sie dient aber vor allem der Glaubwürdigkeit der EZB. e) Konzentration der Käufe auf Laufzeiten zwischen 1 und 5 Jahren zur Erleichterung des Exits der EZB; dies mag nicht im gleichen Ausmaß die Neukreditvergabe anregen wie der Ankauf längerer Laufzeiten, entlastet die Bilanzen der die Hypotheken verbriefenden Banken aber genauso wie der Ankauf längerfristiger Pfandbriefe; wichtig ist, dass die Risiken für die EZB bei kürzeren Laufzeiten geringer sind.
Wir erwarten, dass die Maßnahmen insgesamt positiv vom Finanzmarkt aufgenommen werden. Allerdings könnte eine Enttäuschung über das voraussichtliche Ausbleiben des Kaufs langfristiger Pfandbriefe zu einer Versteilung der Pfandbrief- und Swapkurven sowie teilweise der Bund-Kurve führen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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