Kommentar
11:43 Uhr, 03.10.2011

Troika vor Entscheidung; EFSF bald einsatzbereit

Die Erweiterung des EFSF (European Financial Stability Facility) ist so gut wie unter Dach und Fach. Von den kritischen Ländern stehen noch die Voten aus den Niederlanden und der Slowakei aus. In letzterem Fall kristallisiert sich offenbar eine „Lösung“ heraus, die die anderen Euro-Länder wohl oder übel schlucken werden: Die Slowaken stimmen der Erweiterung zu, beteiligen sich aber finanziell nicht daran. Mehr als fragwürdig, aber es gibt ja jemanden der im Zweifelsfall einspringt, und das ist Deutschland.

Mit einer geradezu unglaublichen Mehrheit hat das Parlament der Erweiterung des EFSF zugestimmt und dabei den deutschen Anteil auf 211 Mrd. EUR hochgeschraubt (zuvor 123 Mrd.) - „ohne Zinsen und Kosten“. Wie Finanzminister Schäuble betont, „bleibt es bei den 211 Mrd.“ Würde man Schäubles Akten-Akribie nicht kennen, müsste man muss sich fast Sorgen machen, dass er ebenso ahnungslos sein könnte wie der Großteil der Parlamentarier. Denn es heißt im Gesetzestext ganz klar: „Der Gewährleistungsrahmen nach Absatz 1 kann unter den Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 2 der Bundeshaushaltsordnung mit Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages um bis zu 20 Prozent der in Absatz 1 genannten Summe überschritten werden.“ Aus den 211 Mrd. EUR können also bis zu 253,2 Mrd. EUR werden, ohne den Bundestag erneut zu fragen – lediglich der Haushaltsausschuss muss zustimmen. Andererseits ist es auch völlig egal wer zustimmen muss, da die Abgeordneten ohnehin keine eigene Meinung zu haben scheinen oder aber sich nicht trauen, diese in einem entsprechenden Votum umzusetzen.Wie aus Berlin berichtet wird, wurde auf Abweichler hoher Druck ausgeübt bis hin zu Verbalentgleisungen (Pofalla an Bosbach: Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen!)

Das frische Geld könnte schon bald benötigt werden. Denn nach der kurzfristig absehbaren Griechenlandpleite ist die Befürchtung der Politik realistisch, dass die Anleihen anderer Krisenstaaten ebenfalls gehörig abverkauft werden. Es war ein wichtiger Bestandteil des erweiterten EFSF, dass dieser auch Staatsanleihen am Markt aufkaufen darf. Mit einem Volumen von nun insgesamt 780 Mrd. EUR kann er sicherlich einiges bewirken, aber es besteht auch die Gefahr, dass große Marktteilnehmer den EFSF als Abladestation für ihre Bonds nutzen. Wirklich gefährlich wird das im Falle Italiens, da die schiere Höhe der Staatsschulden – 1,8 Bio. EUR, was 120% des BIP entspricht – Respekt einflößt.

Nicht umsonst denken viele laut darüber nach, die EZB als „Kredithebel“ zu nutzen. Dieses Spiel würde so gehen: Der EFSF wird mit einer Banklizenz versehen, kauft Anleihen, hinterlegt diese als Sicherheit bei der EZB für Kredite und kauft mit dem frischen Geld weitere Anleihen. Da können aus 780 Mrd. EUR schnell ein paar Bio. EUR werden. Ein solches Vorgehen wäre aus mehrerlei Hinsicht sehr fragwürdig, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Ich traue den „Verantwortlichen“ auch zu, noch viel mehr Geld in den Ring zu werfen falls nötig, wobei der Großteil des Risikos bei der EZB liegen wird. Und die hat einen Riesen Vorteil gegenüber allen anderen Marktteilnehmern: Unbegrenzt Geld und flexible Bilanzierungsmöglichkeiten. Da werden sich noch einige wundern was möglich ist!

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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