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12:00 Uhr, 08.02.2008

"Trinkwasser ist nicht mit Gold aufzuwiegen"

Dass Wasser einfach so aus der Leitung fließt, gehört für die meisten Menschen in den Industrieländern zum Alltag. Wasser ist daher für viele von uns kaum einen Gedanken wert. Für den Großteil der Menschheit ist sauberes und ständig in beliebigen Mengen verfügbares Wasser nicht verfügbar. Es ist das Lebenselixier, das Grundrecht eines jeden, und gleichzeitig der Kern des Problems für Millionen Menschen, die meist in den ärmsten Ländern der Erde beheimatet sind. Das Problem der Wasserknappheit ist persistent und schafft es daher nur äußerst selten in die Fernsehnachrichten oder auf die Titelseiten der Zeitungen. Es ist daher aber nicht weniger bedrohlich. „Wie Hunger ist Wasserknappheit ein stilles Problem, das arme Menschen trifft, und von den Menschen toleriert wird, die die Ressourcen und die Technologie besitzen, sie zu beenden“, kritisieren die Vereinten Nationen. „Dieser Krise sind schon mehr Menschenleben zum Opfer gefallen, als durch Waffen in Kriegen.“

Trinkwasser ist nicht mit Gold aufzuwiegen

Wir leben zwar auf dem „blauen Planeten“ - beim seinem Anblick ist es kaum vorstellbar, dass es so etwas wie eine Wasserknappheit überhaupt einmal geben könnte. Doch weit gefehlt, denn nur schätzungsweise 2 ½% des Wassers auf der Erde ist in Form von Süßwasser verfügbar. Von dieser Menge sind ungefähr 1 ½% in Gletschern, Eisbergen oder durch Schnee gebunden. Nur 1% des weltweit verfügbaren Wassers steht der Menschheit also in Form von Trinkwasser zur Verfügung, 70% davon werden in der Landwirtschaft zur Bewässerung benötigt. Besonders in regenarmen Regionen verschärfen sich daher die Probleme bei der Wasserversorgung. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen stirbt alle acht Sekunden weltweit ein Mensch durch eine Mangelversorgung mit Wasser. Ohne Wasser geht nichts und umso knapper dieser Rohstoff ist, umso höher steigt sein Preis. Die Vereinten Nationen schätzen, dass in einigen Regionen der Erde Menschen bis zu 20% ihres Einkommens für die Lieferung von sauberem Trinkwasser zahlen. Die Zahlungsbereitschaft für Wasser in einigen Erdteilen ist also vergleichbar mit unserer Zahlungsbereitschaft für Benzin.

Wasserkrisen sind schon vorprogrammiert

"Die Menschheit sieht sich ihrer größten Herausforderung gegenüber, eine Herausforderung, die noch viele zukünftige Generationen belangen wird: Die Herausforderung der Wasserversorgung", prognostiziert die UN. Nach ihren Untersuchungen leben weltweit 800,000 Menschen unter Trinkwasserknappheit. Das Problem wird sich weiter verschärfen. Heute leben rund 6,6 Milliarden Menschen auf der Erde, bis in 50 Jahren wird die Weltbevölkerung die 9-Milliarden-Grenze übersteigen. Die Zahl der Menschen auf der Erde wird sich also fast verdoppeln, während das verfügbare Wasserangebot das gleiche bleiben wird. Viel schlimmer noch: Die Qualität des verfügbaren Wassers wird durch zunehmende Umweltverschmutzung und Industrialisierung immer schlechter. Bis 2020 werden fast 50 Nationen der Erde mit schweren Wasserverknappungen zu kämpfen haben, bis 2030 sollen viele Großstädte praktisch austrocknen.

New York vor 100 Jahren

Die Installation von Sanitär- und Wasseraufbereitungsanlagen ist in vielen Regionen der Erde eine der größten Herausforderungen in diesem Jahrhundert. Nur so wird es möglich sein, dass beispielsweise China seinen Wirtschaftsboom in nachhaltige Bahnen lenken kann. Denn wenn – wie bisher – nur die Städte der Küstenregionen vom Wirtschaftsboom erfasst werden und die Landbevölkerung weiterhin unter der Armutsgrenze leben muss, wird das Reich-Arm-Gefälle früher oder später zum gesellschaftlichen Kollaps führen. Im Westen ist man sich oft nicht bewusst, wie wichtig eine gute Wasserversorgung für die Möglichkeit ist, wirtschaftlich prosperieren zu können. Vor nicht einmal Hundert Jahren waren Städte wie London, New York oder Paris Brutzentren für alle Arten von Krankheiten, von Durchfall bis zu Typhus waren es alles Krankheiten, die durch mangelnde Wasserqualität hervorgerufen wurden. Die Kindersterblichkeitsraten waren damals vergleichbar mit den heutigen Raten in großen Teilen Afrikas. Der Wirtschaftsboom erhöhte damals das Einkommen und den Wohlstand der Menschen, aber die Kindersterblichkeit und die Lebenserwartung änderten sich kaum. Erst nachhaltige Reformen der Wasserversorgung und Wasseraufbereitung haben eine Wende eingeläutet. Große Investitionen wurden getätigt, um die Verbindung zwischen Schmutzwasser und Infektionskrankheiten ein für alle Mal zu brechen. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts soll die Sterblichkeitsrate in den USA allein durch eine bessere Wasseraufbereitung um fast die Hälfte gesenkt worden sein. Vom Jahr 1880 bis 1920 soll die Lebenserwartung in Großbritannien durch die Verbreitung von Sanitäranlagen um 15 Jahre verlängert worden sein.

Herausforderungen für aufstrebende Länder

Heute wird kein Mensch im Westen mehr auf die Idee kommen, seine Kinder nicht zur Schule gehen zu lassen, weil sie Wasser vom viele Kilometer entfernten Brunnen holen müssen. Kein Kind wird heute in den Industrieländern sterben, weil es kein Trinkwasser zur Verfügung hat. Infektionskrankheiten, die durch verschmutztes Wasser hervorgehoben werden, sind eher eine Angelegenheit für Geschichtsbücher, als für Krankenhäuser oder Arztpraxen. Die Unterschiede zu den armen Ländern der Erde sind extrem. Weltweit sollen 1,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu ausreichenden Mengen sauberen Wassers haben, 2,6 Milliarden Menschen – das ist die Hälfte der Bevölkerung der Entwicklungsländer - haben keinen Zugang zu sanitären Anlagen. Die UN definieren die Mindestanforderung, ab der ein Mensch Zugang zu ausreichenden Mengen sauberen Wassers hat, mit 20 Litern pro Tag. In Europa liegt der Durchschnittsverbrauch bei Wasser bei 200 Litern pro Tag – in den USA sind es gar 400 Liter. Wenn ein Europäer oder Amerikaner also die Toilette spült oder duscht, verbraucht er mehr Wasser, als einen ganzen Tag für einen Menschen in den Entwicklungsländern zu Verfügung ist.

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Über den Experten

Harald Weygand
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Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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