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08:43 Uhr, 09.10.2001

Top-Analysten: Von Peter Lynch bis Ed Keon I

"Ich glaube der Markt wird eher fallen als steigen können," so Milton Ezrati, Fondsverwalter bei $40 Mrd. schweren Lord Abbett & Co. "Das erfreut niemanden, erhöht aber die Unsicherheit."


Peter Lynch, eine lebende Legende der US-Börsen, der geholfen hat, Fidelity's Magellan in einen Fonds zu verwandeln, der heute mehrere Millarden Dollar schwer ist, und der das Fondssparen erst richtig beliebt machte, hat einen ganz kurzen Rat für die Anleger: Nicht aufregen. Auch schon vor den Anschlägen auf die USA haben sie große Mengen Geld aus den Fonds gezogen. Aber Lynch warnt davor, zu antizipieren, wann der Markt einen Boden finden wird. "Vergessen Sie das," so Lynch. "Regen Sie sich deswegen nicht auf. Alan Greenspan weiss es nicht, Nobelpreisträger wissen es nicht, niemand weis es." Und auch Peter Lynch weiss nicht, wann der Markt einen Bonden finden wird. "Ich würde gerne das Wall Street Journal vom nächsten Jahr haben," so Lynch. "Ich habe jetzt schon seit 30 Jahren versucht, das zu bekommen. Ich würde sogar zwei Dollar mehr dafür zahlen, aber sie liefern es einfach nicht." Lynch teilt mit, dass Investoren, die ihr Geld in den nächsten 10 oder 15 Jahren nicht benötigen, sich nicht aufregen sollten. Allerdings sollten die Anleger, die ihr Einstiegsgeld in einem Jahr oder sogar früher wieder zurück haben möchten, gar nicht im Markt sein. "Machen Sie sich keine Sorgen über die nächsten 2000 Punkte im Markt." Lynch ging mit dem Magellan Fonds in die Geschichte ein. Als er im Jahr 1997 den Fonds übernahm, war er $20 Mio. wert. Heute verwaltet der Fonds $80 Mrd. in Assets und ist damit der größte Fonds weltweit. Lynch trat allerdings vor gut einer Dekade von seinem Posten als Fondsverwalter zurück und ist seither Berater bei Fidelity Investments.


Peter Bookvar von Miller Tabak & Co. ist zufrieden, dass der Markt sich in der vergangenen Woche etwas erholen konnte. Seiner Meinung nach sollten die Investoren den Kursbewegungen dieser Woche jedoch nicht zuviel Bedeutung beimessen, da die Unsicherheit weiterhin sehr hoch sei und wahrscheinlich auch bleibe. In diesem emotionalen Marktumfeld würden zuviele "aber.." existieren, so Bookvar.

Robert Robbins, Investment Stratege von Robinson Humphrey, bleibt weiterhin bei seiner Einschätzung, den Technologiesektor trotz der Rallye klar unterzugewichten. Seine Allokation in Technologie sei momentan nur 10%, im breiten Aktienmarkt 23%. Die zurückliegende Ralley errinnert ihn nach eigener Aussage stark an sog. "Oversold-Anstiege", die nachträglich regelmässig als gute Verkaufsgelegenheiten wahrgenommen wurden.


Nachdem in der letzten Woche teilweise ansehnliche Kursgewinn erzielt werden konnten, könnte es nach Meinung einiger Marktbeobachter genauso schnell wieder in die andere Richtung gehen. Anfangs könnten die Börsen zwar positiv performen, da es sich ja um sog. Old News handelt, d.h. dass jeder Luftangriffe auf Afghanistan erwartete. Andererseits könnte sich dann der anfängliche Anstieg schnell ins Gegenteil kehren, wenn die Verunsicherung und Angst vor weiteren Anschlägen die Oberhand gewinnt, wie auch Richard A. Dickson - Technischer Analyst von Hilliard Lyons - betont. Vor allem furchteinflössende Spekulationen wie Terrorattacken mit Bio oder Chemiewaffen drücken auf die Stimmung.


Prudential`s Ed Keon ist der Meinung, dass angesuchts der historischen Erfahrungen eine anhaltende Rallye am Aktienmarkt einsetzen könnte. Als Beispiele zieht der Analyst den Angriff auf Pearl Harboir und die Invasion in Irak heran, als die Aktien anfangs an Wert verloren, sich im Anschluss jedoch erholten und die Tiefstände nicht wieder sahen. Auf Basis der historischen Daten hält er es für möglich, dass bereits am Freitag die Tiefs ausgelotet wurden. Er merkt jedoch an, dass die aktuelle Bewertung fair, aber keineswegs billig sei. Ein anhaltender Anstieg könnte somit in einer Überbewertung des Marktes enden.


Salomon Smith Barney`s Aktienstratege Levkovich hält ein Erreichen seines Jahresend-Kursziels im S&P 500 Index von 1.200 Punkten für relativ schnell erreichbar, was einem Anstieg von 13,5% entsprechen würde. Die Favoriten im aktuellen Marktumfeld sieht er im Finanzsektor und unter zyklischen Konsumentenaktien. Auch ausgewählte Technologieaktien dürften eine gute Performance aufweisen können. Im Bereich der Verteidigungswerte wäre er jedoch vorsichtig, da dort schon einiges im Aktienkurs eingepreist scheint.


Dain Rauscher`s Technik Spezialist Robert Dickey sieht weiterhin viel Unsicherheit im Markt, die trotz nachlassenden Verkaufsdrucks den Markt vor allzu grossen Sprüngen bewahren könnte. Die Mischung aus Kriegsangst, sinkenden Gewinnen und schwacher Wirtschaft dürfte zu einer eher schwächeren Kursentwicklung in der kommenden Zeit beitragen. Ein dadurch entstehender längerer Bodenbildungsprozess wäre auf lange Sicht jedoch vorteilhaft, da in der Folge ein Anstieg dauerhafter und bedeutsamer wäre. Innerhalb der Bodenbildungsphase sollten Qualitätsaktien gekauft werden und dann für Monate oder gar Jahre gehalten werden, so Dickey. Das schwierigste Börsenumfeld sei oft die optimale Zeit für Aktienkäufe - und nun habe man das denkbar schwierigste Umfeld der letzten Jahre.

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