SVR: Kräftige Konjunkturerholung lässt weiter auf sich warten
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) rechnet für dieses Jahr nur mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent. Im nächsten Jahr dürfte die deutsche Volkswirtschaft nach der Prognose der fünf Wirtschaftsweisen um 0,9 Prozent wachsen, wie der SVR in seinem ersten Frühjahrsgutachten laut einer Mitteilung vorhersagte. Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft werde von einer schwachen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage geprägt. Eine kräftige Konjunkturerholung lasse weiter auf sich warten.
"Die privaten Haushalte konsumieren aktuell noch zurückhaltend, die Industrie und die Baubranche verzeichnen nur geringfügig neue Aufträge", erklärte SVR-Mitglied Martin Werding. "Wir erwarten allerdings, dass die deutsche Wirtschaft im Verlauf des Jahres 2024 etwas an Fahrt gewinnt." Der private Konsum beginne voraussichtlich im Jahresverlauf die Konjunktur zu stützen, da die Realeinkommen deutlich steigen dürften.
Die Teuerung in Deutschland wird sich nach der Prognose weiter verlangsamen. Der Sachverständigenrat rechnet in den Jahren 2024 und 2025 mit einer Inflationsrate von 2,4 Prozent respektive 2,1 Prozent. Die steigenden Arbeitskosten und das geringe Produktivitätswachstum verlangsamten den weiteren Rückgang der Inflation. "Wir gehen davon aus, dass die EZB noch in diesem Sommer die Leitzinsen senken wird. Die damit verbesserten Finanzierungsbedingungen für Unternehmen werden die privaten Investitionen ankurbeln", sagte SVR-Mitglied Ulrike Malmendier. Die Zinssenkung dürfte jedoch frühestens im Jahr 2025 die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stützen.
Im Jahresverlauf dürften Welthandel und globale Industrieproduktion zunehmen. "Im laufenden und im kommenden Jahr werden die deutschen Exporte vom steigenden Welthandel profitieren. Allerdings sehen sich die exportorientierten Unternehmen mit einem scharfen Wettbewerb, steigenden Arbeitskosten und weiterhin erhöhten Energiepreisen konfrontiert", sagte SVR-Mitglied Veronika Grimm. Der SVR betonte, die geopolitische Unsicherheit stelle aber ein erhebliches Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung und die Inflation dar. Unsicherheitsfaktoren seien insbesondere der andauernde Krieg in der Ukraine und der Krieg in Gaza. Eine Ausweitung des Nahostkonflikts könnte die Energiepreise erneut ansteigen lassen.
Finanzpolitik restriktiv ausgerichtet
Die finanzpolitischen Spielräume sind nach Einschätzung der fünf Weisen im laufenden und im kommenden Jahr geringer als in den Vorjahren. "Die Fiskalpolitik ist restriktiv ausgerichtet. Die zukünftige Ausgestaltung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik ist unsicher, weil der Konsolidierungskurs der Bundesregierung für das Jahr 2025 bislang noch ungeklärt ist", sagte SVR-Mitglied Achim Truger. Offen sei insbesondere die Frage, ob zusätzliche Sparanstrengungen zur Einhaltung der Schuldenbremse notwendig sein würden.
Die strukturellen Bedingungen am deutschen Arbeitsmarkt hätten sich verschlechtert, da der demografische Wandel fortschreite und die durchschnittlichen Arbeitszeiten zurückgingen, erklärten die Wirtschaftsweisen weiter. Die Wachstumsaussichten der deutschen Volkswirtschaft bleiben nach ihrer Prognose gemessen am Produktionspotenzial bis zum Ende des Jahrzehnts schwach. Vor allem der demografische Wandel und das damit zurückgehende Arbeitsangebot belasteten mittelfristig den Wachstumsausblick. Der SVR schätze das Potenzialwachstum im Jahr 2024 auf 0,5 Prozent und im Jahr 2025 auf 0,4 Prozent. Es dürfte bis zum Jahr 2029 auf diesem niedrigen Niveau verharren.
In einer Analyse der Herausforderungen des Güterverkehrs in Deutschland pochte der SVR ferner darauf, dass "der Aufbau einer Ladeinfrastruktur im Fokus staatlichen Handelns stehen" sollte, um den Güterverkehr schneller zu dekarbonisieren. Die Einsatzmöglichkeiten von batterieelektrischen Lkw hätten sich in den vergangenen Jahren aufgrund der technologischen Entwicklungssprünge bei der Batterie- und Ladetechnologie deutlich erweitert. "Batterieelektrische Lkw können bereits heute dazu beitragen, die Emissionen im Straßengüterverkehr zu reduzieren. Andere emissionsarme Antriebe haben nicht dieselbe Marktreife", sagte die SVR-Vorsitzende Monika Schnitzer. "Angesichts knapper öffentlicher Mittel und Planungskapazitäten sollte der Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Lkw priorisiert werden", forderte die Ökonomin.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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