Kommentar
10:40 Uhr, 10.03.2023

SVB / Bankenkrise: Was unsere beiden Saschas dazu sagen

Großes Thema aktuell: Droht eine neue Bankenkrise ? Die Silicon Valley Bank SVB schockte die Anleger mit Notverkäufen aus ihrem Anleihenportfolio. Was droht nun ? Zwei Beiträge aus dem stock 3 Terminal, von Sascha Huber und Sascha Gebhard

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Sacha Huber: Warum zuletzt einige (kleinere) Banken "in trouble" geraten sind...

Da ja im Zuge der Covid-19-Pandemie viele Anleger neu an die Börse gekommen sind, möchte ich ein wenig die Zusammenhänge erläutern warum zuletzt einige (bisher noch kleinere) Banken "in trouble" geraten sind. Egal ob nun Silvergate Capital oder gestern die SVB Financial Group, das Prinzip ist das gleiche. Als allererstes muss man als Anleger allerdings den Rentenmarkt (Anleihemarkt) verstehen. Steigende Renditen bedeuten hier nämlich fallende (Anleihe)Kurse und sinkende Renditen steigende (Anleihe)Kurse. Das ist zum Verständnis der Situation sehr wichtig!

Denn die Banken haben Gelder eingesammelt, Silvergate in erster Linie von Kryptorianern. Diese Gelder haben sie dann in US-Staatsanleihen, die als absolut ausfallsicher gelten (und es auch sind, weil die Fed dem Staat im Zweifel immer so viel Geld bereitstellen, sprich: drucken, wird,wie er benötigt, um Zinsen und auslaufende Anleihen zu bedienen), angelegt. Für diese US-Staatsanleihen gab es zwar nur wenig Zinsen (etwa 1 % p.a.), aber es gab Zinsen. Zudem sind 1 %, wenn man - wie zum Beispiel Silvergate Capital - 15 Milliarden US-Dollar dort anlegt, auch nicht ganz so schlecht (150 Millionen US-Dollar an sicheren Zinsen, pro Jahr!).

Nun hat die Fed aber in den letzten Monaten ihre Leitzinsen zur Bekämpfung der (zu) hohen Inflation in den USA stark angehoben. Dementsprechend stiegen auch die Renditen an den Anleihemärkten natürlich. Anstatt 1 % p.a. bekommt man heute zum Teil über 4 % p.a. (kommt auch auf die Laufzeit an). Wie eingangs explizit erwähnt, bedeuten steigende Renditen jedoch fallende Anleihekurse. Das kann der Bank, die in US-Staatsanleihen drin ist, aber erst einmal egal sein. Klar, es wäre schöner 4 % p.a. zu kriegen als 1 % p.a. Aber das 1 % p.a. kriegt man und am Ende der Laufzeit gibt es auch das ursprünglich investierte Geld zurück.

Genau da aber ist nun der Haken. Denn wenn Anleger das Vertrauen in eine Bank verlieren und ihr Geld dort massenhaft abziehen, ist die Bank gezwungen, sich Liquidität zu besorgen. Was muss sie also tun? Richtig, vorzeitig aus den Anleihen aussteigen, in dem sie diese verkauft. Allerdings sind ja gerade die Renditen hoch und dementsprechend die Anleihekurse tief. Der aufkommende Verkaufsdruck verstärkt das dann noch. Denn wenn die Masse der Anleger weiß, dass die Bank XY in Liquiditätsproblemen steckt und daher ihre Assets (Anleihen) verkaufen muss, wird man für solche Notverkäufe keine Höchstpreise bieten.

Ergo müssen die in Not geratenen Banken ihre Anleihen quasi verramschen. Damit aber realisieren sie hohe Kursverluste, die sie natürlich in ihrer Bilanz ausweisen müssen. Es entsteht hier also ein Teufelskreis. Denn anfangs mögen nur einige ängstliche Anleger ihr Geld abziehen, mit der sich dadurch zusehends verschlechternden Situation aber tun das immer mehr Anleger. Am Ende implodiert somit die Bank.

Wie wären solche Probleme zu lösen? Nun, es bräuchte einen "lender of last resort", der quasi die Einlagen bei der entsprechenden Bank garantiert. So wie es der deutsche Staat im Zuge der Finanzkrise tat. Wichtig ist dabei in erster Linie das Vertrauen. Denn das damalige Versprechen von Merkel/Steinbrück, die Einlagen der deutschen Sparer staatlich zu garantieren, hätte wohl im Ernstfall nie eingelöst werden können. Es sei denn, die EZB bzw. Bundesbank (als Teil der EZB) hätte dem Staat im Zweifel das Geld gedruckt.

Bei Silvergate Capital hätte es also einen Investor gebraucht, der kurzfristig 15 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt hätte. Dann hätte die Bank überlebt. So wird sie (geordnet) abgewickelt. Bei der SVB Financial Group sind es nach aktuellen Erkenntnissen wohl 21 Milliarden US-Dollar, die im Feuer stehen. Generell sind das aber beides noch kleine Banken, das Finanzsystem und dessen Stabilität gefährden sie noch nicht.

Das Problem ist aber, dass Bankenkrisen in der Regel immer bei kleineren Banken beginnen. Im Zuge der Finanzkrise implodierte Lehman Brothers auch erst an deren Ende. Mit als Erstes kippte damals Bear Stearns, was man gar nicht so richtig mitbekam. Denn die Fed fädelte damals einen Deal mit JPMorgan ein, so dass JPMorgan Bear Stearns übernahm (die Fed garantierte JPMorgan dabei quasi, für die faulen Kredite von Bear Stearns einzustehen).

Genau das ist nun die Angst der Anleger. Mit Silvergate und SVB Financial Group hat es erst einmal zwei kleinere Banken getroffen, was prinzipiell noch unproblematisch ist. Aber was, wenn zum Beispiel die Bank of America oder andere in Schieflage geraten? Angeblich sollen bei der Bank of America die noch nicht realisierten Verluste des Anlageportfolios, das bei allen Banken immer in erster Linie aus Staatsanleihen besteht (weil die ja sicher sind!) , schon bei über 100 Milliarden US-Dollar liegen. Dann wird es Ernst.

Wie könnte man die Situation retten? Zum einen könnte es natürlich die Fed, in dem sie wieder eine lockere Geldpolitik fährt. Eine Zinssenkung beispielsweise würde an den Anleihemärkten zu sinkenden Renditen und damit eben steigenden Anleihekursen führen. Dann hat es sich aber mit dem Kampf gegen die Inflation erst einmal ausgekämpft.

Oder aber der Staat, also die USA, springen ein und geben staatliche Garantien für die Banken. Dann stellt sich die Frage, ob man dem hoch verschuldeten Staat als Anleger vertraut (wahrscheinlich schon). Aber im Zweifel könnte das auch getestet werden - und dann müsste die Fed dem Staat das notwendige Geld bereitstellen, sprich: drucken. Letzten Endes läuft es also immer darauf hinaus, dass die Fed den "lender of last resort" geben muss.

PS: Natürlich führt die Bankenrettung dann aber wieder zum berühmten "moral hazard". Wenn sich eine Bank, wenn sie halt nur groß genug ist, darauf verlassen kann, dass Staat und/oder Notenbank sie im Zweifel rettet, kann sie auch hohe Risiken eingehen. Andererseits ist die Bankenrettung von Großbanken letztlich aber alternativlos. Denn kippt eine Großbank, kommt es zum Domino-Effekt und am Ende kippen alle - das gesamte Finanzsystem implodiert. Ein weiterer Teufelskreis also...

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Sascha Gebhard: SVB für Dummies erklärt

Das Kernproblem bei SVB scheint ja wirklich die altbekannte Fristenkongruenz zu sein. Man hat von den Kunden kurzfristige Sichteinlagen, die täglich fällig sind, bekommen und hat dieses Geld in lang laufende Bonds und Immobilienanleihen gesteckt. Da diese Anleihen erhebliche Verluste eingefahren haben, die Kurse sind gefallen wegen der gestiegenen Zinsen, klafft jetzt eine riesige Lücke in der Bilanz.

Beispiel:

Für 10 Mrd. USD gekaufte Staatsanleihen sind nach 20 % Kursverlust aktuell dann nur noch 8 Mrd. USD wert. Also fehlen plötzlich 2 Mrd. USD. Die müssen jetzt irgendwie gedeckt werden.

Je mehr Anleger jetzt ihr Geld abziehen, desto mehr von diesen langlaufenden Anleihen muss die SVB mit Verlust verkaufen und umso größer wird das Finanzloch, das gedeckt werden muss. Daher verkündete der CEO gestern auch, dass er die Leute bittet, nicht in Panik zu geraten.

Das sorgt natürlich gleich für noch mehr Panik.

Die Bank hat einen entscheidenden handwerklichen Fehler gemacht. Das ist 100 % selbstverschuldet. Lernt man in der Bankausbildung spätestens im zweiten Jahr.

Der Spuk könnte beendet werden, wenn die FED sagt, wir garantieren die Einlagen der Bank. Das Geld ist ja nicht weg, das Finanzloch schließt sich wieder im Laufe der Jahre, wenn die Bonds fällig werden. Die Kursverluste sind nur temporär. Aber jetzt sind sie eben sichtbar und müssen realisiert werden.

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  • Aus meiner Sicht
    Aus meiner Sicht

    Die SVB betreut etwa die Hälfte aller wagnisfinanzierten US-Tech- und Biowissenschafts-unternehmen. Das macht mir Sorge!

    18:08 Uhr, 10.03.2023

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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