Kommentar
17:50 Uhr, 04.09.2007

Suncor Energy: Die dreifache Ölversicherung

„Geht uns das Öl aus?“ Die Frage drängt sich auf, wenn man einen Blick auf die Statistiken wirft. Während die Nachfrage laufend steigt, vor allem wegen dem Wirtschaftswachstum in China, Indien und anderen aufbrechenden Volkswirtschaften, geht die Produktion vieler Lagerstätten allmählich zu Neige. Gefragt sind daher Unternehmen, die Alternativen zu den konventionellen Ölquellen erschließen. Dazu zählt Suncor Energy Inc. (WKN: 865161 ISIN: CA8672291066).

Kanada - die Antwort auf Saudi Arabien

Der in Calgary im westkanadischen Bundesstaat Alberta ansässige Konzern gewinnt den begehrten Rohstoff aus Sandgestein, dem sogenannten Ölsand (Kasten: Stille Reserve). Die im Sandgestein schlummernden Ölvorkommen, aus Kostengründen bislang vernachlässigt, gelten als die stille Reserve der Welt-Energieversorgung. Experten schätzen, dass die im kanadischen Gestein schlummernden Ölvorhaben etwa den Ölreserven Saudi Arabiens, dem mit Abstand ölreichsten Staat, entsprechen. Mittlerweile gibt es zwar mehrere Unternehmen, die in der kanadischen Schatzkammer das Öl aus dem Boden buddeln. Suncor ist aber schon seit rund 40 Jahren im Ölsandgeschäft und damit der Pionier und der Branchengrößte bei der Ölsand-Erschließung.
Die Suncor-Aktie ist an der Heimatbörse und an der New York Stock Exchange amtlich notiert. Mit einer Börsenkapitalisierung von gut 40 Milliarden Dollar gehören die Kanadier bereits heute schon zu den Großen der Energiebranche.

Der Schatz von Fort McMurray

Suncor ist ein integrierter Konzern, das bedeutet, dass das Unternehmen den Rohstoff aus dem Boden holt, in seinen Raffinerien verarbeitet und dann die Endprodukte selbst an Unternehmen und private Kunden verkauft. Das Öl gewinnt der Konzern aus Sandvorkommen in der Nähe von Fort McMurray im Bundesstaat Alberta.
Außerdem fördert Suncor etwas Erdgas in Westkanada, das der Konzern aber selbst wieder verbraucht. Zum Konzern gehört die Tochtergesellschaft Sunocom, die im kanadischen Ontario operiert. In den US-Bundesstaaten Colorado und Wyoming betreiben die Kanadier weitere Pipelines und Raffinerien.

Plan B: Alternative Energiequellen

Suncor hat die Zeichen der Zeit erkannt und surft auch noch auf der politischen Umweltschutzwelle. Der Energiekonzern investiert daher nicht nur in Öl, sondern auch in alternative Energiequellen. Bis Ende des Jahres sollen 4 Projekte mit Windkraftanlagen laufen. Damit wollen die Kanadier einen Beitrag zur Verringerung der Produktion des Umweltgases Co2 leisten. Außerdem produziert Suncor auch etwas Ethanol, also Treibstoff, der aus landwirtschaftlichen Produkten hergestellt wird. Der Konzern mischt dann dieses Ethanol dem Benzin bei, das er unter seinem Markennamen Sunoco verkauft.

Geopolitische Absicherung

Die Tatsache, dass Suncor das Öl in Kanada gewinnt, bedeutet einen weiteren sehr wichtigen Vorteil des Konzerns. Kanada ist ein politisch sehr stabiles und demokratisches Land und daher eine sehr verlässliche Quelle der Energie, die für die Weltwirtschaft und den Wohlstand aller lebenswichtig ist. Die anderen Ölquellen befinden sich vorwiegend in sehr unstabilen und problematischen Gebieten. Der Iran, einer der wichtigsten Förderländer, verfolgt eine Weltanschauung, die dem Westen - und damit der Weltwirtschaft - feindlich gegenüber gestellt ist. Der Iran fordert mit seiner Politik der Atomanreicherung, die zum Besitz atomarer Waffen führt, bewusst den Westen heraus und droht offen das Öl als Waffe einzusetzen. Ähnliches gilt für Venezuela, ebenfalls einer wichtige Ölquelle. Das Land wird von dem Revolutionär und Sozialisten Hugo Chavez beherrscht. Der unzurechenbare Diktator fährt zunehmend einen antiwestlichen Kurs. Nigeria, ebenfalls ein bedeutender Öllieferant, leidet unter einem Bürgerkrieg. Häufig werden Ölförderanlagen von Militanten überfallen, die die Produktion unterbrechen und Mitarbeiter internationaler Energiekonzerne entführen. Russland, das ebenfalls über große Öl- und Erdgasvorkommen verfügt, träumt unter der Regie von Staatschef Wladimir Putin von der weltpolitischen Dominanz der glorreichen Sowjetunion. Saudi Arabien, der größte Öllieferant, wird von streng islamischen Fürsten beherrscht, deren Herrschaft im eigenen Lande in Frage gestellt wird. Lediglich die Öllieferanten USA und Norwegen sind stabil und verlässlich. Dort gehen aber die Reserven allmählich zur Neige.

Gegengewicht zur OPEC

Davon abgesehen ist Kanada kein Mitglied der OPEC, ein Kartell das die wichtigsten Ölproduzenten zusammen schließt und dessen Willkür die Ölversorgung stark beeinflusst. Das Kartell hatte bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Ölpreis durch eine drastische Produktionsdrosselung hochgetrieben und damit eine weltweite Rezession verursacht. Daher kann eine zusätzliche wichtige Energiequelle wie Kanada, wenn sie eines Tages stärker ausgebaut ist, das Risiko von Wiederholungen derartiger Ölschocks zumindest dämpfen.

Umweltbelastung erzeugt politische Widerstände

Der Nachteil der Ölgewinnung aus dem Sandstein ist allerdings die damit verbundene hohe Umweltbelastung. Um den Rohstoff aus dem Boden zu lösen und in marktfähiges Öl umzuwandeln, muss man enorme Menge heißen Wassers verbrauchen. Um das Wasser zu erhitzen verwendet Suncor das Erdgas, das der Konzern selbst fördert. Die hochgiftigen Abwässer werden mit hohen Kosten entsorgt. Daher stößt der Ausbau der Ölförderung auf starke politische Widerstände. Außerdem muss der Konzern viel Geld aufwenden, um das Abwasser umweltverträglich zu entsorgen und die Landschaft im betroffenen Abbaugebiet wiederherzustellen.
Die Produktion ist daher sehr kapitalintensiv. Da Sunoco viel Geld braucht, um seine Anlagen auszubauen und laufend zu modernisieren, ist der Konzern stark von den Launen der Finanzmärkte abhängig.

Schwierige Pionierzeit

Weil Sunoco quasi noch in der Aufbruchphase steckt und noch viel Geld investieren muss, entwickeln sich Umsatz und Gewinn vorerst noch sehr volatil. Im ersten Quartal 2007 gab es beispielsweise einen Gewinneinbruch. Investoren müssen sich auch künftig auf unangenehme Überraschungen einstellen. Beispielsweise legte ein Feuer im Januar dieses Jahres die Produktion still und führte damit zu einem vorübergehenden Umsatzeinbruch. Das ist nicht das erste mal. Bereits 1995 gab es einen Brand. Natürlich reagierten die Versicherungen auf die Schadensfälle und erhöhen ihre Versicherungsprämien. Dadurch wird die auch die laufende Gewinnentwicklung wiederum geschmälert.
Der Konsens der Analysten geht davon aus, dass Suncor seinen Umsatz im laufenden Gesamtjahr trotz der Schwierigkeiten um 1,5% auf 14,7 Milliarden Dollar steigert. Pro Aktie sollte der Gewinn auf 4,55 Dollar klettern (Vorjahr: 4,37 Dollar). Da der Konzern noch umgebaut wird und sich für künftige Aufgaben rüstet, stellen die Analysten für 2008 einen Umsatzrückgang um 20,2% auf 11,31 Milliarden Dollar in Aussicht. Der Gewinn je Aktie sollte sich dagegen auf 5,31 Dollar verbessern. Die Analysten unterstellen also, dass die Kosten im kommenden Jahr schneller sinken als die Einnahmen.

Großes Potential

Abgesehen von den kurzfristigen Turbulenzen sehen die langfristigen Perspektiven des Ölsandauswerters günstig aus. Suncor baut seine Kapazitäten laufen aus, um die Produktion zu steigern. Derzeit holen die Kanadier rund 250.000 Fass Öl aus dem Boden, im kommenden Jahr soll die Produktion auf 300.000 Barrel (das internationale Fassmaß für Öl) pro Tag gesteigert werden. Bis zum Jahr 2012 streben die Kanadier eine Tagesproduktion von 500.000 Barrell an . Auf das Jahr hochgerechnet holen die Nordamerikaner dann etwa 180 Millionen Fass aus dem Boden.
Das Potential ist sehr groß. Experrten schätzen, dass die Ölreserven im kanadischen Sandgestein insgesamt auf rund 1,7 Billionen Fass Öl belaufen. Angesichts der hohen Reserven im Boden stellen die Analysten der Deutschen Bank für Suncor ein ungebrochenes Wachstum über 50 Jahre in Aussicht.
Viele Experten leiten aus dem Potential des Ölsands hohe künftige Gewinne ab. In den Medien wird häufig ein Gewinnungspreis von 30 Dollar pro Barrell genannt. Da der Marktpreis für Crude derzeit bei 70 Dollar pendelt, müsste die Gewinnspanne mehr als 50% betragen. Danach müsste also mehr als die Hälfte des Umsatzes, 2006 waren es 13,9 Milliarden Dollar, als Gewinn übrig geblieben sein. Tatsächlich wurden (vor Steuern) 3,8 Milliarden Dollar verdient, das ergibt eine Marge von 27%. Das liegt teilweise daran, dass Suncor auch andere Geschäftszweige betreibt, etwa Windkraft. Der Hauptgrund ist aber, dass in der Schätzung der 30 Dollar Kosten je Barrell ein Teil der Kosten außer acht gelassen wurde, vor allem die hohen Kosten, die mit der Entsorgung des eingesetzten Wassers und der Wiederherstellung der Landschaft verbunden sind. Man kann aber davon ausgehen, dass auch Suncor - wie die restliche Welt - vom technischen Fortschritt profitiert. Man kann also davon ausgehen, dass der technische Fortschritt - beispielsweise durch den Einsatz effizienterer Produktionsmethoden - die Kosten laufend drückt. Bekommen die Pessimisten recht, und der Crude-Preis steigt wegen der Verknappung weiter in die Höhe, könnte Suncor in einer paar Jahren eine Gewinnexplosion erleben. In der Aktie steckt also viel Fantasie. Suncor ist daher gerade für Investoren mit Geduld und langem Atem sehr attraktiv.

Seit 1994 hat sich der Börsenwert von Suncor allerdings bereits schon mehr als verdreißigfacht. Der US-Broker Raymond James bleibt optimistisch und stuft das Papier mit dem Urteil „Outperformance“ ein Sein Kursziel beträgt 105 Dollar. Die Credit Suisse hat das gleiche Anlageurteil und kommt auf 110 Dollar. Die Deutsche Bank rät „Kaufen“ mit einem Kursziel von 100 Euro. Der Broker Lehman Brothers begnügt sich dagegen mit er Empfehlung „Gleichgewichten“ . Die Kursziele reichten sich allerdings an kurzfristig orientierte Investoren und berücksichtigen das langfristige Potential nicht.

Wichtige Termine:

5. September 2007: Teilnahme an der Energy/Power Conference der Investmentbank Lehman Brothers
25. Oktober 2007: Ergebnisse 3. Quartal 2007

Zusammenfassung:

Suncor gewinnt Öl aus Sandgestein in Kanada. Dort sind die Reserven etwa so groß wie in Saud Arabien. Die kanadischen Ölsandvorkommen sind damit eine dreifache Ölversicherung: Erstens vor der baldigen Erschöpfung herkömmlicher Ölquellen. Zweitens ein Schutz vor antiwestlichen Regierungen, etwa im Iran oder in Venzuela, die das Öl als Waffe missbrauchen wollen. Drittens bietet Kanada eine Alternative zur Willkür der OPEC. Die Förderung erfordert allerdings viel Kapital und belastet die Umwelt sehr stark. Daher gibt es politische Widerstände gegen den Ausbau. Umsatz und Gewinnentwicklung sind wegen hoher Kosen volatil. Langfristig aber großes Potential und daher für Investoren mit Geduld und langem Atem geeignet.

Kasten: Stille Reserve

Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung gibt es auf der Erde reichlich Öl. Allerdings häufig nur in einer Form, die nur schwer erschlossen werden kann. Dazu zählten Ölvorräte im Sandgestein, die man vorwiegend in Kanada und in Venezuela gefunden hat. Sancor beutet ein Vorkommen im Westen Kandas aus, das unter dem Namen Athabasca Oil Sands bekannt ist. Der Namen kommt von dem Athabasca River, der durch diese Gegend fließt. Aus dem Ölsand wird zunächst Bitumen gewonnen. Das ist eine dickflüssige Kohlenwasserstoffverbindung, ähnlich wie Teer. In Verbindung mit anderen Mineralien entsteht die Mischung Asphalt, die traditionell als Straßenbelag aufgetragen wird. Um das Bitumen zu gewinnen und in marktfähiges Öl umzuwandeln, gibt es verschiedene Methoden. Häufig wird der Rohstoff mit viel Wasser und Chemikalien aus dem porösen Sandstein (Felsen) herausgewaschen. Weil die Kosten dabei hoch sind, komm das Öl das aus Sand gewonnen wird, teurer als das Öl, das aus dem Wüstensand Arabiens gepumpt wird. Experten beziffern die Kosten bei etwa 30 Dollar je Fass. Mittlerweile pendelt aber der Ölpreis - je nach Qualität des Öls - um die 70-Dollar Marke. Viele Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg. Goldman Sachs etwa geht davon aus, dass Öl bald mehr als 100 Dollar kostet.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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