Steuerkompromiss ist kritisch zu sehen
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1. Der Kompromiss des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat hat in der vergangenen Nacht zu Ergebnissen geführt, die in der Summe in die richtige Richtung weisen, aber einige Elemente enthalten, die kritisch zu bewerten sind.
- Eindeutig positiv zu bewerten ist die Senkung des Eingangssteuersatzes von 19,9 % auf 16,0 % sowie des Spitzensteuersatzes von 48,0 % auf 45,0 %. Gegenüber dem von der Regierung vorgeschlagenen vollständigen Vorziehen der dritten Stufe der Einkommensteuerreform bleiben diese Änderungen gerade mit Blick auf die Entlastung der Personengesellschaften enttäuschend. Denn die kleinen und mittleren Unternehmen sind es, die zu 85 % die deutsche Unternehmenslandschaft und damit die Beschäftigungsdynamik bestimmen und die deshalb eine frühzeitigere Entlastung gebraucht hätten.
- Bedenklich ist, dass die Einschränkung von Steuerabzugsmöglichkeiten (Reduzierung der Entfernungspauschale von 35 auf 30 Cent pro Kilometer, Kürzung der Eigenheimzulage um 30 %) den staatlichen Haushalten dauerhaft ein Mehraufkommen aus der Einkommensteuer (in Höhe von ca. 3 ½ Mrd EUR im Jahr der vollen Wirksamkeit, im Jahre 2004 ca. ½ Mrd EUR) sichern, während das Vorziehen gegenüber den bisherigen Planungen nur eine einmalig in 2004 auftretende Belastung der Staatshaushalte in Höhe von 7,8 Mrd EUR verursacht. Zudem ist die in Aussicht genommene Änderung der Abschreibungsregeln bedenklich, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um Steuervergünstigungen handelt und dadurch eine dauerhafte zusätzliche Belastung der Unternehmen droht. In der Summe stellen diese drei Maßnahmen für die Privaten gegenüber dem bisherigen Stand (Steuerreformgesetz 2000) für die Jahre nach 2004 eine Verschlechterung dar.
- Die Verwendung von einmaligen Privatisierungserlösen in Höhe von 5,3 Mrd. EUR für eine einmalige Belastung des Staatshaushaltes ist grundsätzlich legitim. Zu bedenken ist aber, dass die Höhe der Privatisierungserlöse derzeit nur einen Hoffnungswert darstellt. Kritisch erschiene es, wenn es überwiegend zu Scheinprivatisierungen käme, wie die geübte Praxis der letzten Jahre zeigt (Parken von Vermögensansprüchen bei der KfW). Anders als bei einer Kürzung von Staatsausgaben oder Steuersubventionen führt die Verwendung von Privatisierungserlösen nicht zwingend für sich genommen zu kontraktiven Effekten auf den volkswirtschaftlichen Einkommenskreislauf.
2. Die Erwartung, durch eine Steuersenkung die Konjunkturerholung zu stärken, war mit Blick auf den privaten Konsum nie gut begründet. Wie die Erfahrung der Neunzigerjahre lehrt, kann bei einem spürbaren Beschäftigungsrisiko über steuerliche Maßnahmen allenfalls ein Strohfeuer inszeniert werden. Aufgrund dieser Überlegung ist die Verknüpfung von Steuerentlastung und Deregulierung am Arbeitsmarkt sinnvoll. Die dafür erreichten Ergebnisse (Einengung des Kündigungsschutzes auf Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten, Verschärfte Zumutbarkeitsregelung für Langzeitarbeitslose) die dafür erreichten Ergebnisse bleiben aber weit hinter dem Notwendigen zurück. Vor allem eine Dezentralisierung der Lohnfindung bleibt ein Desiderat der Reformbemühungen. Der Appell an die Tarifvertragsparteien hat etwas von einer rührenden Naivität an sich.
3. Unsere Prognose für die deutsche Konjunktur 2004 wird durch den erzielten Kompromiss nicht geändert, wir hatten einen ähnlichen Mix unseren Überlegungen zugrundegelegt. So bleibt es dabei: Wir rechnen mit einem jahresdurchschnittlichen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2004 von knapp 1,9 %. Das mag manchem als optimistisch erscheinen, angesichts der Lage am Arbeitsmarkt und der sich mit dieser Prognose verbindenden negativen Erwartung für mehr Beschäftigung bleibt es ein im Grunde pessimistisches Bild. Deutschland darf nun keineswegs in eine erneute Reformlethargie verfallen. Wir brauchen dringend eine Agenda 2004 für den Arbeitsmarkt. Dies ist auch deshalb dringend notwendig, weil das diese Nacht geschnürte Paket für die Zukunft in jedem Fall höhere Steuerlasten beinhaltet, aber nur vage Entlastungen für die Investoren.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 122 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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