Kommentar
09:18 Uhr, 22.07.2022

Steigende Zinsen und fallende Renditen

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Die Anleger nahmen das Ende der Negativzinsen in der Eurozone mit erstaunlicher Gelassenheit hin. Die auffälligste Marktreaktion war wohl der Rückgang der 10J-Rendite. Das neue Instrument zur Eindämmung spekulativ getriebener Fragmentierung hat die Anleger noch nicht voll überzeugt. Der Blick bleibt auch heute noch auf die Eurozone und die EZB gerichtet, bevor nächste Woche das FOMC-Treffen ins Zentrum des Interesses rücken wird. An den Aktienmärkten ist die Stimmung nach einem enttäuschend aufgenommenen Quartalsbericht eines Social Media-Unternehmens leicht angeschlagen.

Nachdem Anfang der Woche Agenturmeldungen dies angedeutet hatten, hob die Europäische Zentralbank gestern dann tatsächlich ihre drei Leitzinsen um jeweils 50 Bp an. Der maßgebliche Leitzins, der Einlagesatz, stieg damit von ‑0,50 % in einem Zug auf 0,00 %. Die Zeit der Negativzinsen liegt damit nach acht Jahren hinter uns – wenngleich noch nicht ganz. Die Zinsanhebung wurde gestern zwar kommuniziert, effektiv wirksam wird sie jedoch erst in einer Woche mit Beginn der nächsten Mindestreserveperiode. Bis dahin gilt für Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB noch der Negativsatz von ‑0,50 %.

In der Pressekonferenz verwies Notenbankchefin Christine Lagarde auf anhaltende Aufwärtsrisiken für die Inflations- und fortgesetzte Abwärtsrisiken für die Konjunkturentwicklung. Die Entscheidung, entgegen der Vorab-Kommunikation einen größeren Zinsschritt zu beschließen, erfolgte, nachdem der Inflationsdruck nach Einschätzung der EZB zuletzt erneut zugenommen habe. Ursprünglich hatte die Notenbank für den gestrigen Tag eine Anhebung um 25 Bp und für September die Möglichkeit einer Anhebung um 50 Bp in Aussicht gestellt. Mit der gestrigen Leitzinsentscheidung sei der Hinweis auf eine mögliche 50 Bp-Anhebung im September hinfällig, erklärte Lagarde. Insgesamt hat sich die Notenbank vorerst von der Technik verabschiedet, die Leitzinserwartungen im Markt durch entsprechende verbale Hinweise zu steuern. Im Jargon heißt das, die Notenbank habe sich vorerst von dem Instrument der Forward Guidance verabschiedet. Die EZB werde ihre geldpolitischen Entscheidungen fortan von Ratstreffen zu Ratstreffen aufgrund der Datenlage treffen, erläuterte Lagarde. Allerdings führte sie auch aus, dass der größere Zinsschritt gestern als Beschleunigung des Zinsanhebungszyklus zu verstehen sei und kein Hinweis auf ein insgesamt größeres Ausmaß an Leitzinsanhebungen in diesem Zyklus.

Die Reaktion an den Rentenmärkten spiegelte Lagardes Ausführungen wunderbar wider: in kurzen Laufzeiten zogen die Renditen an, längere Laufzeiten handelten stabil und teilweise sogar etwas fester. Die 10J Bundrendite beendete den Tag etwa 3,5 Bp niedriger als am Mittwoch – diese Tagesbewegung ist exemplarisch für die Möglichkeit, dass langfristige Renditen durchaus während einer Zinsanhebungszyklus der Notenbank zurückgehen können. Heute fällt die 10J-Rendite um weitere 4 Bp auf 1,18 %. In ganz kurzen Laufzeiten wie dem 3M Euribor-Satz dürften wir beim heutigen Fixing einen kräftigen Sprung nach oben in den Bereich von 0,25 % sehen.

Das neue Anti-Fragmentierungs-Tool mit der (bislang nicht offiziell ins Deutsche übersetzten) Bezeichnung „Transmission Protection Instrument (TPI)“ hat die Anleger noch nicht überzeugt. Die Spreads zwischen den Staatsanleiherenditen innerhalb der Eurozone entwickelten sich gestern sehr volatil. Allerdings müssen wir berücksichtigen, dass mit der Ansetzung von Neuwahlen in Italien ein spezifischer Faktor hinzugekommen ist, der unabhängig von den Ankündigungen der EZB auch in den nächsten Wochen noch zu größeren Kursschwankungen im EGB-Universum führen dürfte.

Auch heute noch bleibt das Augenmerk der Anleger auf die Eurozone gerichtet. Die EZB veröffentlicht die Ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage unter professionellen Prognostikern (SPF), die Bundesbank ihren bringt ihren Monatsbericht heraus, Ratsmitglied Francois Villeroy De Galhau spricht um 9 Uhr und die Einkaufsmanager-Indizes (PMIs) für Juli werden einen Eindruck zu den Konjunkturrisiken vermitteln. Die Aktienmärkte tendieren etwas leichter und der EUR-USD-Wechselkurs pendelt – wie bereits vor der EZB-Entscheidung – weiterhin um die Marke von 1,02. Das nächste Top-Thema für die Anleger wird dann in der kommenden Woche die Zinsentscheidung der amerikanischen Zentralbank sein…

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Der Beitrag Steigende Zinsen und fallende Renditen erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).

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