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14:50 Uhr, 15.05.2024

State Street findet neue EU-Fiskalregeln langfristig positiv

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die neuen EU-Fiskalregeln werden das Wachstum im Euroraum nach Meinung von State-Street-Chefvolkswirt Elliot Hentov kurzfristig belasten, langfristig aber positiv wirken. In einer Analyse verweist Hentov einerseits auf die unausweichliche Reduzierung von Haushaltsdefiziten, andererseits aber auf die wachstumsstabilisierende Wirkung der Regeln, deren Wirksamkeit allerdings gewissen Risiken unterworfen sei. "Kurzfristig ist eine Wachstumsbremse unvermeidlich, aber nicht wegen der neuen Regeln, sondern ihnen zum Trotz", schreibt der Ökonom.

Seit die EU ihre Fiskalregeln 2020 im Zuge der Covid-Krise ausgesetzt habe, hätten die Mitgliedstaaten Haushaltsdefizite verzeichnet, die weit über die in den neuen Regeln erlaubten hinausgingen. "Zu einer Haushaltsanpassung wäre es trotzdem irgendwann gekommen", meint er.

Die langfristigen Effekte des Regelwerks sind Hentov zufolge unsicherer, aber unter dem Strich positiv. "Am wichtigsten ist jedoch, dass die Reformen die Integrität des Euro und damit der EU selbst stärken", argumentiert er.

Das geschieht nach seiner Aussage auf dreierlei Weise:

1. Durch die Modernisierung der Regeln, die die aktuellen politischen Prioritäten widerspiegeln

2. Durch die Bekräftigung der politischen Verpflichtung zur fiskalischen Vorsicht

3. Es nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass in einer Krise der Ruf nach Unterstützung der Integrität des Blocks schwerer wiegt als Sorgen wegen "Moral Hazard"

"Unter sonst gleichen Bedingungen erwarten wir, dass diese Reform die regionalen Konjunkturzyklen abschwächt und die Wahrscheinlichkeit verringert, dass Länder den Euro aufgeben. Langfristig ist dies sowohl für europäische Vermögenswerte als auch für den Euro von Vorteil", argumentiert der Ökonom.

Hentov sieht aber mögliche Hindernisse dafür, dass die Regeln wirksam werden: 2027 könnte es zu einem Kliff-Effekt kommen. Hentov verweist darauf, dass die Länder ab 2028 die Zinsausgaben in ihre Berechnungen der Nettoausgaben einbeziehen müssen. Dies verschaffe den hoch verschuldeten Staaten heute noch fiskalischen Spielraum, könnte aber später zu einem fiskalischen Schock führen, insbesondere wenn die Zinsen hoch bleiben.

Außerdem: Die neuen Regeln änderten nichts an den politischen Machtverhältnissen innerhalb der EU. Größere Mitglieder würden weiterhin mit mehr Ausnahmen davonkommen können. Eine größere nationale Eigenverantwortung für die fiskalischen Pfade bedeutet Hentov zufolge auch einen größeren Einfluss der nationalen Politik. Neue Regierungen hätten wenige Anreize, die fiskalischen Verpflichtungen der Vorgängerregierung einzuhalten.

Nächstes Problem: Die mit der EU ausgehandelten fiskalischen Pfade werden vier beziehungsweise sieben Jahre lang gelten - länger als die zwei Jahre, die Regierungen in Europa im Durchschnitt an der Macht bleiben. "Das Problem könnte in Ländern mit häufigem Regierungswechsel noch größer sein", gibt der Ökonom zu bedenken.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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