Starker Euro: Fluch oder Segen?
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Seit Anfang 2002 kennt der Euro gegenüber dem US-Dollar nur eine Richtung: Nach Oben. Angesichts der starken Aufwertung stellt sich zwangsläufig die Frage nach den Auswirkungen für Konjunktur und Märkte. Fluch oder Segen?
Gegenüber dem US-Dollar hat der Euro seit Januar 2002 gut 32 % an Wert gewonnen. Dies spiegelt jedoch lediglich die bilaterale Wechselkursentwicklung wider und gibt kein akkurates Bild vom Euro-Außenwert. Genauer ist da der nominale effektive Wechselkurs des Euro, der aus den handelsgewichteten Euro- Kursen gegenüber den wichtigsten Handelspartnern berechnet wird. Dieser ist seit Anfang 2002 zwar auch gestiegen, aber "nur" um 18 %. Was bedeutet dieser Anstieg für Konjunktur und Märkte?
- Die Exporte tragen rund ein Drittel zum BIP in Deutschland bei. Mit einem Anteil von gut 10 % sind die USA nach Frankreich der zweitwichtigste Absatzmarkt deutscher Produkte. Hier wirkt der starke Euro natürlich bremsend, da Produkte "Made in Germany" in US-Dollar teurer werden.
- Es gilt aber zu beachten, dass die Ausfuhren neben dem Wechselkurs auch von der Nachfrage beeinflusst werden. Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Auslandsnachfrage für die Exporte quantitativ bedeutsamer ist als die Entwicklung des Wechselkurses. So hat eine reale Aufwertung des Euro ggü. dem US-Dollar auf lange Sicht - d.h. nach erfolgten Anpassungsprozessen auf den Gütermärkten - eine Verringerung der deutschen Exporte in die USA um ebenfalls ein Prozent zur Folge. Dagegen führt eine Erhöhung der Industrieproduktion in den USA um ein Prozent zu einer Nachfrageausweitung nach deutschen Produkten um 1,7 %. Die gute US-Industrieproduktion dürfte also den Wechselkurseffekt zumindest kompensieren. - Der niedrigere US-Dollar verbilligt die Importe in Euro und stärkt somit die Kaufkraft der privaten Haushalte.
- Dies zeigt sich deutlich an der Entwicklung des Ölpreises: In USDollar kostete ein Barrel Nordseeöl Brent mit 30 US$ Anfang 2004 genauso viel wie im Vorjahreszeitpunkt. In Euro dagegen fiel er um fast 5 Euro.
- Die konjunkturellen Risiken vor allem in heftigen, abrupten Kursschwankungen und weniger in graduellen Veränderungen, auf die sich die Akteuren einstellen können.
- Aus dem Blickwinkel der Finanzmärkte sind die Auswirkungen ebenfalls vielschichtiger Natur und kaum pauschal zu beurteilen. Der Kursverlauf des Dax und der des handelsgewichteten Euro jedenfalls zeigt für die letzten elf Jahre keine Parallelität. Kein Wunder, schließlich sind die einzelnen Werte unterschiedlich von Veränderungen im Währungsgefüge getroffen.
- Entscheidend ist, in welcher Währung Umsätze und Kosten anfallen bzw. Verbindlichkeiten bestehen. Z.B. profitieren Firmen, die kaum Umsätze im US-Dollarraum haben, deren Kosten (Materialbeschaffung) aber primär in US-Dollar anfallen. Nutznießer sind auch Unternehmen, die hohe Verbindlichkeiten in US-Dollar haben, ihre Einnahmen aber in Euro erzielen. Beim derzeitigen Stand des handelsgewichteten Euro liegt die internationale Preis- und Kostenwettbewerbsfähigkeit im Großen und Ganzen leicht unter den historischen Durchschnittswerten, d.h. sie hat sich leicht eingetrübt. Noch halten sich aber Vor- und Nachteile die Waage. Erst bei einer anhaltenden Aufwertung dürften die Nachteile überwiegen.
Quelle: dit
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