Kommentar
14:14 Uhr, 03.03.2007

Starke Turbulenzen an den US Börsen hinterlassen Spuren

Viele hatten förmlich lange darum gebettelt, diese Woche wurde sie endlich geliefert: Die Korrektur. Nach monatelangem Schmusekurs der Aktienmärkte erhob die Volatilität plötzlich wieder ihr hässliches Haupt und die Aktienkurse gerieten unter Druck. Die von manchen erhoffte Panik blieb aber aus, sieht man von einigen Minuten am Dienstag ab.

Der Dow Jones verlor heute 0,98% auf einen Schlußstand von 12.114, der S&P 500 sank um 1,14% auf 1.387 und der Nasdaq Composite Index rutschte um 1,51% auf 2.368.

Im Wochenvergleich fielen die Verluste deutlich schmerzhafter aus:
- Der Dow verlor 4,3%, der größte Wochenverlust seit März 2003
- der S&P 500 gab um 4,4% nach
- der Nasdaq Composite Index büßte sogar 5,8% ein.

Für die massiven Verkäufe dieser Woche gab es gleich fünf Ausreden:

1. Ex-Notenbankchef Alan Greenspan hatte am Montag in einer Rede von der Möglichkeit einer Rezession bis zum Jahresende gesprochen. Am Donnerstag relativierte der Ex-Geldpolitiker seine Aussagen zwar: Eine Rezession sei möglich, aber nicht wahrscheinlich. Aber der Schaden war schon angerichtet.

2. Am Dienstag in der Frühe brachen die Kurse in Shanghai um rund 9% ein. Nach der steilen Rallye der China-Aktien vom vergangenen Jahr hatten viele vor dem China-Crash gewarnt. Jetzt war er endlich gekommen, bislang aber glimpflich verlaufen, zumal die Kurse sich teilweise wieder erholten.

3. Die Auftragseingänge für langfristige Güter in den USA fielen am Dienstag schlecht aus, noch schlechter aus als von den ohnehin schon bangen Erwartungen angekündigt

4 Wieder einmal wurden Presseberichte aufgewärmt, dass Hypothekenbanken vermeintlich auf vielen faulen Krediten sitzen. Angeblich sind zahlreiche kleine Kreditnehmer wegen der Krise des US-Hausmarktes bankrott.

5 Der Yen zeigt plötzlich Muskeln. Seit Anfang der Woche stieg die japanische Währungen jäh um 3,5% gegenüber dem Greenback.

Die abrupe Verteuerung des Yens verstörte die Investoren. Es kam die Angst auf, dass der bislang gut funktionierende Yen-Carry-Trade unterbunden wird.

Der Yen-Carry-Trade gilt als der Golfstrom der internationalen Finanzmärkte. Fonds nehmen Yen-Kredite zu sehr niedrigen Zinsen auf und investieren das Geld wieder zu deutlich höheren Zinsen im Dollar-Bereich oder in anderen Währungen an. Damit werden die Börsen in Amerika und Europa reichlich mit billiger Liquidität versorgt. Das war bislang ein sehr gutes Geschäft für die Fonds, die bei der Tilgung ihrer Kreditschulden wegen fallender Yen-Kurse außerdem weniger zurückzahlen mussten.

Da der Yen aber plötzlich kräftig steigt, kam die Furcht auf, dass der Yen-Carry-Trade zu Ende geht und damit die bislang günstige Liquiditätsversorgung der internationalen Finanzmärkte unterbunden wird.

Heute früh versuchte St. Louis Fed Präsident Poole die Märkte zu beruhigen. Der US-Geldpolitiker erklärte vor Börsenbeginn, er sehe keine Anzeichen dafür, dass der Yen-Carry-Trade - und damit die Liquiditätsversorgung - abrupt abbricht.

Zusätzlichen Trost spendete US-Finanzminister Henry Paulson zum heutigen Börsenschluss. In einem Radio-Interview verkündete der Politiker, die US-Wirtschaft sei weiterhin stark, trotz Schwäche der Industrie und des Hausmarktes. Volatilität gehöre nun mal zum Marktgeschehen, die Turbulenzen dieser Woche bedeuteten nicht zwangsläufig fundamentale Probleme.

Von den 30 Dow-Titeln retteten sich heute aber nur zwei Papiere ins Grün: Der Pillenkonzern Merck (+ 0,5%) und die American International Group, Inc.. Der Versicherungskonzern hatte bereits gestern gute Gewinnzahlen gemeldet und ein Aktienrückkaufsprogramm angekündigt. Dafür gab es heute ein Plus von 3,2%.

An der Nasdaq gewann Dell 0,7%, obwohl die gestern vorgelegen Zahlen bei den Analysten auf wenig Begeisterung stießen.
- Der PC-Infrastrukturkonzern Sun Microsystems gewann ohne auffällige Nachrichten 0,3%.
- SanDisk Corporation, Erzeuger elektronischer Speichermedien, verbesserte sich um 2,2%.
- Palm sprang sogar um 11%. Dort hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Hersteller mobiler Kommunikationsgeräte möglicherweise von Nokia oder von Motorola übernommen wird.

Auch die Edelmetalle folgten dem Abwärtstrend der Aktienmärkte. Der Goldpreis sank heute um 20 Dollar und schloss auf 644,10 Dollar. Das ist der tiefste Stand seit 6 Wochen. Gegenüber der Vorwoche verlor das gelbe Metall 42,60 Dollar, also 6,2%.
- Silber fiel allein heute um 70 Cent oder 5% auf 12,96 Dollar. Das ist ein Wochenverlust von 12%.
- Platin rutschte um 30 Dollar und beendete die Woche auf 1.215 Dollar.

Nicht einmal das in den letzten Tage noch gefragte Öl blieb gegen den allgemeinen Blues immun.
- Light Crude Oil verlor 36 Cent und schloss auf 61,64 Dollar. Damit bleibt aber noch ein Wochengewinn von 0,8%.
- Erdgas ging um 4,5 Cent zurück und schloss auf 7,24 Dollar. Gegenüber der Vorwoche bedeutet das ein Minus von 7,2%.

Zwischen 1998 und 2002 gab es acht Tage an denen der Dow Jones eine Schwankungsbreite von mehr als 400 Punkten aufwies. An 56 Tagen betrug die Schwankungsbreite immerhin noch 250 Punkte. Daher sollten Investoren nach Ansicht von Sy Harding, einem US-Experten für Saisonalität und Marktzyklen aktuell nicht zu erstaunt sein. Viel erstaunlicher war in den vergangenen Jahren das Ausbleiben von hoher Volatilität. Sy Harding ist Herausgeber des US-Börsenbriefs „Street Smart Report“ und er setzt die Kursverluste dieser Woche in einen größeren Zusammenhang:

Das Ausbleiben von Volatilität hat die Investoren in den vergangenen Monaten in trügerischer Sicherheit gewogen. Immerhin hat es seit dem Beginn des Bullenmarktes vor fast fünf Jahren noch nicht einmal eine normale Korrektur von 10% gegeben. Historisch betrachtet gibt es eine solche Korrektur aber alle 1,4 Jahre, egal ob nun im Bullen- oder im Bärenmarkt.

Selbst im kräftigen Bullenmarkt Ende der 90er Jahre gab es eine Korrektur von 15% im Durchschnitt alle 2,2 Jahre. Eine Korrektur von mehr als 20% fand im Durchschnitt alle 3,8 Jahre statt. In den vergangenen fünf Jahren blieben diese heftigen Korrekturen aber völlig aus. Genau dies war so ungewöhnlich, dass die Medien sich schon darauf eingeschossen hatten eine Tagesbewegung im Dow Jones von 100 Punkten zum Anlass für große Schlagzeilen nahmen: Bei einem Anstieg um 100 Punkte war es eine Rallye und bei einem Verlust von 100 Punkten stand der nächste Crash schon vor der Tür.

Und die Marktdaten stützen auch diese Ansicht: Immerhin hat der Dow innerhalb der vergangenen drei Jahre nur an 24 Tagen um mehr als 150 Punkte geschwankt. Im Durchschnitt war das nur 8 Mal im Jahr. Ist das ungewöhnlich? Ohne Frage, denn zwischen 1998 und 2002 gab es solche Bewegungen an 245 Tagen.

Dennoch glauben wir noch nicht, dass der Bullenmarkt, der 2002 begann, jetzt schon zu Ende ist. Auch wenn er jetzt schon einer der längsten Bullenmärkte der vergangenen 100 Jahre ist. Wir denken, dass die aktuelle Korrektur den Dow um mindestens 10% nach unten bringen wird. Bei den High-Tech Werten an der Nasdaq ist das Korrekturpotenzial mit 20% deutlich größer, bevor es wohl zu einer Fortsetzung des Aufwärtstrends kommt.

Zwischen 1998 und 2002 gab es acht Tage an denen der Dow Jones eine Schwankungsbreite von mehr als 400 Punkten aufwies. An 56 Tagen betrug die Schwankungsbreite immerhin noch 250 Punkte. Daher sollten Investoren nach Ansicht von Sy Harding, einem US-Experten für Saisonalität und Marktzyklen aktuell nicht zu erstaunt sein. Viel erstaunlicher war in den vergangenen Jahren das Ausbleiben von hoher Volatilität. Sy Harding ist Herausgeber des US-Börsenbriefs „Street Smart Report“ und er setzt die Kursverluste dieser Woche in einen größeren Zusammenhang:

Das Ausbleiben von Volatilität hat die Investoren in den vergangenen Monaten in trügerischer Sicherheit gewogen. Immerhin hat es seit dem Beginn des Bullenmarktes vor fast fünf Jahren noch nicht einmal eine normale Korrektur von 10% gegeben. Historisch betrachtet gibt es eine solche Korrektur aber alle 1,4 Jahre, egal ob nun im Bullen- oder im Bärenmarkt.

Selbst im kräftigen Bullenmarkt Ende der 90er Jahre gab es eine Korrektur von 15% im Durchschnitt alle 2,2 Jahre. Eine Korrektur von mehr als 20% fand im Durchschnitt alle 3,8 Jahre statt. In den vergangenen fünf Jahren blieben diese heftigen Korrekturen aber völlig aus. Genau dies war so ungewöhnlich, dass die Medien sich schon darauf eingeschossen hatten eine Tagesbewegung im Dow Jones von 100 Punkten zum Anlass für große Schlagzeilen nahmen: Bei einem Anstieg um 100 Punkte war es eine Rallye und bei einem Verlust von 100 Punkten stand der nächste Crash schon vor der Tür.

Und die Marktdaten stützen auch diese Ansicht: Immerhin hat der Dow innerhalb der vergangenen drei Jahre nur an 24 Tagen um mehr als 150 Punkte geschwankt. Im Durchschnitt war das nur 8 Mal im Jahr. Ist das ungewöhnlich? Ohne Frage, denn zwischen 1998 und 2002 gab es solche Bewegungen an 245 Tagen.

Dennoch glauben wir noch nicht, dass der Bullenmarkt, der 2002 begann, jetzt schon zu Ende ist. Auch wenn er jetzt schon einer der längsten Bullenmärkte der vergangenen 100 Jahre ist. Wir denken, dass die aktuelle Korrektur den Dow um mindestens 10% nach unten bringen wird. Bei den High-Tech Werten an der Nasdaq ist das Korrekturpotenzial mit 20% deutlich größer, bevor es wohl zu einer Fortsetzung des Aufwärtstrends kommt.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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