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17:03 Uhr, 29.01.2024

Stahlbranche fordert vom Staat Stärkung des Standorts Deutschland

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Die Stahlbranche hat vom Staat Schritte zur Stärkung des Standorts Deutschland gefordert. Nach dem Treffen von Vertretern der Stahlallianz in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) forderte die Branche, dass geeignete Rahmenbedingungen zur Transformation der deutschen Stahlindustrie hin zu wettbewerbsfähigen und klimafreundlichen Produktionsweisen gesetzt würden. Eine Verlagerung von Wertschöpfung und Beschäftigung in Drittstaaten mit niedrigeren Standards müsse zuverlässig vermieden werden. Die Branche leidet unter den vergleichsweise hohen Energiepreisen in Deutschland. Auch Habeck sprach sich für staatliche Unterstützung aus und bedankte sich, dass sich die Branche trotz der Probleme zum Industriestandort Deutschland bekenne.

"Die gegenwärtig schwierige Entwicklung der Rohstahlproduktion in Deutschland und insbesondere der schrottbasierten und stromintensiven Elektrostahlroute gibt Anlass zu großer Sorge. Die Stahlallianz ruft die Bundesregierung dringend zum Handeln auf, um den Stahlstandort Deutschland zu sichern, zu stärken und Investitionsperspektiven zu schaffen", heißt es in einer gemeinsamen Resolution der Allianz der Stahlländer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Notwendig sei neben einem beschleunigten und bedarfsgerechten Ausbau der erneuerbaren Energien und Energiespeicherkapazitäten auch ein leistungsstarkes Stromnetz sowie der rasche Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und -infrastruktur, so die Allianz.

   Habeck hält staatliche Förderung für Dekarbonisierung für wichtig 

Habeck erklärte, dass eine staatliche Förderung der Transformation notwendig sei. "Die Förderung der Dekarbonisierung der Stahlindustrie ist einmal wichtig für die Wirtschaftssicherheit Deutschlands, für die Arbeitsplätze in der Regionen, (...) aber auch für den ingesamt Hochlauf der industriellen Produktion in Deutschland. Es schafft grüne Leitmärkte", sagte Habeck auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Wirtschaftsministern aus Nordrhein-Westfalen und dem Saarland.

Laut Habeck geht es nicht nur um eine Beschäftigungs- und Wertschöpfungsperspektive direkt für die Stahlindustrie, sondern deren Auswirkungen reichten weiter. Der für die Transformation benötigte Wasserstoff müsse auch produziert und der Infrastrukturausbau vorgenommen werden. Zudem müssten erneuerbare Energien verfügbar sein.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei in Deutschland "richtig in Schwung" gekommen und damit könne Deutschland auch Importabhängigkeit von Energien reduzieren. Im Moment bekomme Deutschland 70 Prozent seiner der Energie aus Ausland. Nach der Dekarbonisierung würden diese Importe nur noch 30 Prozent sein und wohl meistens aus grünem Wasserstoff besehen, so der Minister.

Damit sei klar, dass perspektivisch "die Gelder für die Energien dann im Land verbleiben", so Habeck.

   Saarlands Minister will Änderung an der Schuldenbremse 

Saarlands Wirtschaftsminister Jürgen Barke forderte, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse angesichts der anstehenden Transformation geändert werden müsse. "Wir müssen sie modernisieren, damit wir im Wettbewerb international auch wettbewerbsfähig bleiben. Das heißt: wir dürfen die Schuldenbremse nicht wie eine Monstranz vor uns hertragen und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland zu Grabe", sagte Barke.

Bei dem Treffen der Stahlallianz ging es um den klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie. Auch Vertreter der Wirtschaftsvereinigung Stahl und der Gewerkschaft IG Metall warnen vor Ort. Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds hat die Bundesregierung einen geringeren Spielraum für staatliche Subventionen. Denn das Gericht hatte geurteilt, dass Kreditermächtigungen aus den Jahren der Corona-Pandemie nicht in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) umgewidmet werden dürfen. Damit stehen im KTF, der zentrale Projekte der Transformation hin zur Klimaneutralität finanzieren soll, 60 Milliarden Euro weniger zur Verfügung.

Im Jahr 2022 produzierte die deutsche Stahlindustrie mit rund 90.000 Beschäftigten knapp 37 Millionen Tonnen Rohstahl und erwirtschaftete Umsätze in Höhe von über 55 Milliarden Euro.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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