Städte und Gemeinden fordern nachhaltige Verbesserung ihrer Finanzen
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat Bund und Länder aufgefordert, die finanzielle Ausstattung der Kommunen nachhaltig zu verbessern, und zugleich ein allgemeines Umsteuern in der Finanzpolitik verlangt. "Wir haben insbesondere im Bereich der kommunalen Ebene mittlerweile festzustellen, dass viele Aufgaben, die uns über Bundes- und Landesgesetzgebung vorgegeben werden, nicht mehr erfüllen können, weil die Finanzmittel und vor allen Dingen auch die personellen Ressourcen fehlen", sagte Verbandspräsident Uwe Brandl bei einer Pressekonferenz.
Die Finanzsituation der Kommunen sei prekär. "Wir prognostizieren für das Jahr 2024 alleine für die kommunale Ebene ein finanzielles Defizit von 10 Milliarden Euro", sagte Brandl. Zugleich bestehe ein Sanierungsstau in einer Größenordnung von 166 Milliarden Euro.
"Wir sind der festen Überzeugung, dass ein 'Weiter so' dieses Land in eine schwierige Richtung führen würde", warnte Brandl. "Wir müssen die Dinge neu denken." Es gelte, Finanzierungen in einer gemeinsamen Anstrengung über Bundes-, Landes- und kommunale Ebene sicherstellen. Der Städte- und Gemeindebund schlage deshalb vor, das Grundgesetz mit Blick auf Gemeinschaftsaufgaben zu ändern, damit "diese wirklich gesamtgesellschaftliche Herausforderung auch gemeinsam mit fairen finanziellen Ansätzen angegangen werden kann".
Angesichts der anstehenden klima- und energiepolitischen Maßnahmen gelte es, dringend umzusteuern und mehr Geld in Investitionen zu lenken. Dazu seien auch ein Moratorium bei neuen Sozialleistungsversprechen und eine Neuausrichtung der Förderprogramme des Bundes nötig.
Die Städte und Gemeinden gäben mittlerweile mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr für soziale Leistungen aus. Damit hätten sich diese Ausgaben seit dem Jahr 2005 verdoppelt, und es sei zu erwarten, dass sie weiter steigen. "In Zeiten knapper Kassen müssen diese steigenden Kosten mit dem Verzicht auf Investitionen teuer erkauft werden. Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen. Es muss gelingen, den dringend notwendigen Investitionen Vorrang einzuräumen", mahnten Brandl und Hauptgeschäftsführer Andre Berghegger.
Die Kommunen forderten daher, das Konnexitätsprinzip nach dem Grundsatz "Wer bestellt, bezahlt" im Grundgesetz zu verankern. "Das wäre ein klares Stoppschild für neue und höhere soziale Leistungen ohne ausreichende Gegenfinanzierung."
Berghegger forderte zudem, Migration zu ordnen, zu steuern und zu begrenzen. Städte und Gemeinden seien bei der Unterbringung, Versorgung und Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen an ihrer Belastungsgrenze angelangt und würden auch in den kommenden Jahren enorm gefordert sein. Brandl und Berghegger betonten, es sei deutlich geworden, dass nicht unbegrenzt Menschen in Deutschland aufgenommen werden könnten. "Wir brauchen daher sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene ein Umsteuern in der Migrationspolitik", forderten sie.
Notwendig sei zudem eine neue Finanzierungsgrundlage, um die Kommunen dauerhaft von den Flüchtlingskosten zu entlasten. Berghegger sagte, vom Bund zugesagte 7.500 Euro pro Person und Jahr seien "gut und richtig", Bund und Länder müssten aber den Kommunen "alle durch die Unterbringung, Versorgung und Integration entstehenden flüchtlingsbedingten Kosten" erstatten.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/hab
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