Stabilitätsrat erwartet 2024 rund 1,75% gesamtstaatliches Defizit
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Der Stabilitätsrat von Bund und Ländern erwartet für das Jahr 2024 ein gesamtstaatliches Defizit von rund 1,75 Prozent und für 2025 von rund 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). "Die vom Stabilitätsrat vorgelegte Fiskalprojektion verdeutlicht, dass die öffentlichen Haushalte weiter vor großen Herausforderungen stehen", erklärte das Gremium, das in Berlin unter dem Vorsitz von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) tagte. Das strukturelle Defizit läge 2024 bei rund 1,25 BIP-Prozent und 2025 bei rund 0,75 Prozent, sagte Ahnen bei einer Pressekonferenz. In den beiden Folgejahren dürfte es leicht ansteigen und 2028 bei rund 1 Prozent liegen.
"Stabile Staatsfinanzen sind die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und ein Gebot der Generationengerechtigkeit", erklärte Lindner. Eine moderat restriktive Finanzpolitik wirke nicht nur als Inflationsbremse, sie ermögliche es auch erst, nachhaltigen Investitionsspielraum zu schaffen. Niemand werde "durch Schulden oder Wunschdenken Wachstum erarbeiten" können, Wohlstand müsse erst erarbeitet werden. "Durch Reformen und Entlastungen sollten wir jetzt Freiräume für neues wirtschaftliches Wachstum eröffnen", forderte der Bundesfinanzminister.
Lindner betonte, Details zu den künftigen Ausgabepfaden auf Grundlage des reformierten EU-Stabilitäts- und Wachstumspaktes würden erst am 21. Juni erwartet. Daher können derzeit noch keine hinreichend präzisen Aussagen zur Einhaltung der künftigen europäischen Zielgrößen für Deutschland getroffen werden, betonte der Stabilitätsrat. Das Gremium werde die Projektion für den Nettoausgabenpfad vor Abgabe des mittelfristigen strukturell-finanzpolitischen Plans beraten.
Zu den weiter großen Herausforderungen für die öffentlichen Haushalte gehören laut Stabilitätsrat insbesondere die notwendige finanzpolitische Normalisierung nach den Krisen, der Aufbau fiskalischer Puffer für zukünftige Krisen, die Stärkung der inneren und äußeren Sicherheit, die Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie die Dekarbonisierung bei gleichzeitiger Rückführung der Schuldenstandsquote.
Der Beirat des Stabilitätsrates hält die projizierten Defizitquoten unter der Annahme, dass die Regelgrenze der Schuldenbremse eingehalten wird, laut den Angaben für plausibel, sieht jedoch erheblichen haushaltspolitischen Handlungsbedarf, diese tatsächlich zu erreichen. Im EU-Vergleich würden die Staatsfinanzen auf mittlere Sicht als solide eingeschätzt. Aus Sicht des Beirats erscheine es möglich, wenn auch nicht sicher, dass die in der Projektion in Aussicht gestellten strukturellen Defizite und Ausgabenpfade kompatibel mit den neuen Vorgaben der europäischen Haushaltsüberwachung seien.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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