Analyse
16:00 Uhr, 11.08.2007

Stabilisierungsphase dürfte weiter andauern

Externe Quelle : UniCredit

Stabilisierungsphase dürfte weiter andauern

Das in den letzten Tagen feststellbare Abebben des negativen Newsflows hat an den Aktienmärkten zu einer weiteren Stabilisierung in der Nähe der Bewertungsniveaus geführt, die im Selloff vom Februar/März diesen Jahres den Tiefpunkt markiert haben. Zwar sehen wir durchaus die Gefahr, dass sich die Abwärtsbewegung in den nächsten Wochen fortsetzt und erst auf noch tieferen Bewertungsniveaus ein Boden gefunden werden kann. Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit einer systemischen Krise jedoch nach wie vor als gering ein und gehen daher unverändert davon aus, dass das weitere Rückschlagspotenzial auf ca. 5% unter die bisherigen Lows begrenzt bleiben dürfte. Trotz der Schwierigkeiten in einigen Bereichen des Kreditmarktes (LBO Finanzierungen, ABS-Markt) ist nicht mit einer generellen Kreditklemme für den Unternehmenssektor zu rechnen. Zwar haben sich die von den Unternehmen zu zahlenden Risikoaufschläge in den letzten Wochen deutlich erhöht, was jedoch durch rückläufige Renditen bei Staatsanleihen teilweise kompensiert wurde. Unter dem Strich bleiben die Finanzierungsbedingungen für den Unternehmenssektor somit relativ günstig. Abzüglich der Inflationsrate liegt die Rendite von Unternehmensanleihen in Euroland weiter deutlich unter den Highs der letzten Jahre. In den USA, wo eine längere Historie verfügbar ist, befinden sich die derart gemessenen realen Fremdkapitalkosten sogar unter dem Durchschnitt der letzten 15 Jahre. Die Gefahr eines Credit Crunch für den Unternehmenssektor ist daher als begrenzt einzuschätzen, selbst wenn Credit-Investoren ein noch höheres Zinsniveau einfordern sollten.

Zwar ist auf Sicht der nächsten Wochen nicht auszuschließen, dass es auf der Investorenseite zu weiteren Schieflagen kommen wird, jedoch schätzen wir dies eher als ideosynkratisches denn als systemisches Risiko ein (keine „Bankenkrise“, Hedge Fund Pleiten bleiben Einzelfälle). Die breite Streuung der betroffenen Anlageprodukte wird letztlich dazu führen, dass ein Großteil der mit der Subprime Krise einhergehenden Verluste sozialisiert werden wird.

Wie erwartet hat das jüngste FOMC-Statement die Turbulenzen an den Finanzmärkten zwar erwähnt, jedoch den Inflations- Bias weiter in den Vordergrund gestellt. Dies hat zu erneuten Diskussionen darüber geführt, ob die Fed unter Bernanke weiterhin einen Put für die Finanzmärkte darstellt. Zwar lässt die derzeitige Fokussierung auf Inflationsgefahren vermuten, dass ein über mehrere Quartale unter Potenzial liegendes Wachstum von Seiten der Fed durchaus erwünscht ist. Solange die Abwärtsrisiken jedoch insgesamt begrenzt erscheinen wäre auch Greenspan nicht bereit gewesen, Verluste von Investoren zu verhindern, zumal der 8% Selloff im S&P 500 bislang deutlich hinter den teilweise drastischen Kursrückgängen der letzten 20 Jahre zurückbleibt. Somit ist die für den Aktienmarkt wichtige Frage, inwiefern die Gefahr einer zu späten Reaktion der Notenbank im Fall massiver Wachstumsbefürchtungen (z. B. Sorgen über einen Spillover auf den Privaten Verbrauch) an den Finanzmärkten besteht, noch unbeantwortet. An den Finanzmärkten besteht allerdings bereits seit 12 Monaten die Erwartung, dass die Fed eine Zinssenkung vornehmen wird (Rendite 2-jähriger UST's lag durchgängig klar unter dem Leitzins), was durch die Entwicklung zentraler Input-Faktoren für die US-Geldpolitik auch unterstützt wird. Vor diesem Hintergrund dürfte die Unsicherheit über die Fed-Politik zunächst eher eine Dämpfung des Investorensentiments bewirken, was eine volatil bleibende Entwicklung an den Aktienmärkten erwarten lässt.

Für diese Einschätzung und somit gegen eine schnelle Wiederaufnahme des Aufwärtstrends spricht auch, dass sich bei zentralen Favoriten des Bullenmarktes eine deutliche Abschwächung in der relativen Performance abzeichnet. Während wir Mitte März die anhaltend robuste Performance des DAX und des Mid & Small Cap Segments als wichtiges Indiz für begrenzt bleibende Konjunktursorgen erachteten, liegt aktuell eine veränderte Ausgangssituation vor. Der DAX hat den Euro STOXX 50 in den letzten 4 Wochen underperformed und die seit Q2 auffällige Underperformance von Mid vs. Large Caps hat sich in dem jüngsten Selloff nochmals verstärkt. Wir sehen daher für den Gesamtmarkt durchaus die Gefahr einer zweiten Abwärtswelle in den nächsten Wochen, das weitere Rückschlagspotenzial schätzen wir jedoch unverändert als begrenzt ein.

Dieser Artikel wurde auf www.boerse-go.de veröffentlicht

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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